"D-Day"-Papier: Ausstiegspläne aus der Ampel skizziert - heftige Kritik an FDP
Erstellt von Sabrina Böhme
28.11.2024 21.38
- FDP skizziert in Papier Ausstiegsszenarien aus der Ampel-Koalition
- Liberale sprechen von "D-Day"-Szenarien
- Ex-Koalitionspartner von SPD und Grünen nach Veröffentlichung heftig kritisiert
Wie kam es zum Ampelbruch? Die ehemaligen Ampel-Partner geben sich gegenseitig die Schuld für das Ende der Koalition. Der FDP wird vorgeworfen, den Bruch gezielt herbeigeführt zu haben. Ein Dokument gibt Einblicke. Dabei deckt das Dokument auf: Die Liberalen skizzieren mehrere Ausbruch-Szenarien.
"D-Day"-Papier: FDP spielte Ampel-Aus durch
Die FDP-Spitze hat einen möglichen Ausstieg aus der Ampel-Koalition detailliert durchgespielt. Das macht ein Papier deutlich, das die Partei jetzt selbst veröffentlicht hat, um nach eigenen Angaben Transparenz herzustellen. Table.briefings hatte zuvor darüber berichtet. Das achtseitige Dokument - offensichtlich eine Powerpoint-Präsentation - ist überschrieben mit "D-Day Ablaufszenarien und Maßnahmen".
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FDP veröffentlicht Papier nach Koalitions-Bruch mit Scholz-Regierung
Darin ist zum Beispiel davon die Rede, dass der "ideale Zeitpunkt" und ein "avisierter Ausstieg" aus der Koalition zur Mitte der 45. Kalenderwoche zwischen dem 4. und 10. November liegen könnte. Am 6. November kam es mit der Entlassung von FDP-Chef Christian Lindner als Finanzminister durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) tatsächlich zum Bruch der Koalition.
In dem Papier wird abgewogen: Der Ausstieg zu diesem Zeitpunkt berge Risiken wegen der gleichzeitig stattfindenden US-Präsidentschaftswahl. Um sich von dem Ereignis "etwas zu entkoppeln", könne ein Ausstieg zu Beginn der 45. Kalenderwoche am 4. November erfolgen. Bei einer Verschiebung nach hinten werden andere Hindernisse angeführt: die Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses, der geplante Grünen-Parteitag und ein eigener Parteitag, der vorbereitet und zu dem eingeladen werden müsste.
Szenarien eines Regierungssturzes: Lindner-Statement vorbereitet
Festgehalten wird auch ein "Kernnarrativ" - also eine Hauptbotschaft, mit der der Ausstieg verknüpft werden könnte. Fundamentale Gegensätze in der Wirtschaftspolitik zwischen Rot-Grün und der FDP seien nicht durch Kompromisse zu überbrücken. Die Bundesregierung sei selbst zum größten Standortrisiko geworden. «Die deutsche Bevölkerung sollte in vorgezogenen Neuwahlen entscheiden, welchen Weg Deutschland zukünftig geht», heißt es weiter. Auch ein vorbereitetes Statement von Lindner ist bereits enthalten und Szenarien, wann, wo und über welche Kanäle man den Ampel-Bruch am besten verkünden könnte.
"Wir haben nichts zu verbergen": FDP äußert sich nach Veröffentlichung
Die FDP bezeichnet das Dokument als "Arbeitspapier", das vom Bundesgeschäftsführer der Partei zum ersten Mal am 24. Oktober erstellt worden sei, veröffentlicht nun in der letzten Version vom 5. November. "Dieses technische Papier ist kein Gegenstand der politischen Beratung von gewählten Mandatsträgern und Regierungsmitgliedern gewesen, sondern eine rein interne Vorbereitung für das Szenario eines Ausscheidens der FDP aus der Ampel-Koalition", heißt es.
"Wir haben nichts zu verbergen", schrieb die FDP in einem Eintrag bei X. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte: "Wir haben niemals ein Geheimnis daraus gemacht, dass ohne eine Wirtschaftswende ein Ende der Ampel ein möglicher Ausgang des von uns sogenannten Herbstes der Entscheidungen sein könnte." Er sprach von einer Skandalisierung der Vorbereitung auf Szenarien. "Wenn die gesamte deutsche Medienlandschaft zu diesem Zeitpunkt bereits über das Ende der Ampel spekulierte, dann ist es nur professionell, sich auf diese Option einzustellen."
"Drehbuchs für den Regierungssturz": Recherchen sorgen für Aufsehen
Nach dem Ampel-Aus hatte eine Recherche der "Zeit" große Diskussionen über Ursachen und Urheber des Koalitionsbruchs ausgelöst. In mehreren Treffen der engsten FDP-Führung wurden demnach seit Ende September Szenarien für ein Ende der Koalition durchgespielt. In dem Bericht war die Rede von der Existenz eines "Drehbuchs für den Regierungssturz" und Erwägungen für einen "kalkulierten Bruch" der Koalition, "SPD und Grüne so weit zu reizen, bis der Kanzler die FDP-Minister rausschmeißt".
FDP für Verwendung von "D-Day" kritisiert
Auch die Verwendung des Begriffs "D-Day" sorgte für Aufsehen. Das Wort beschreibt eine der größten Militäroperationen während des Zweiten Weltkrieges. Am 6. Juni 1944 greifen Alliierte deutsche Stellungen an, um die Nazi-Herrschaft zu beenden. Die FDP soll das Wort in seinen Besprechungen benutzt haben. Die FDP verneinte das. "Nein das stimmt nicht. Der Begriff ist nicht benutzt worden. Das ist falsch. Was medial unterstellt wird ist eine Frechheit", sagte Djir-Sarai bei "n-tv". Dabei steht das Wort aber in dem von der FDP veröffentlichten Präsentation und widerspricht somit den Aussagen. Auch die Recherchen werden von Liberalen wie Wolfgang Kubicki" in einem Podcast als Lüge bezeichnet.
Diese Aussagen und die Veröffentlichung sorgen für heftige Diskussionen auf dem sozialen Netzwerk X (früher Twitter) diskutiert. Viele werfen ihnen gezielte Lügen vor:
- "Die #FDP habe das Wort #DDay nie benutzt, so der Generalsekretär noch vor kurzem. Die veröffentlichten Papiere bestätigen die Recherche von @bertpsch.Koalitionspartner täuschen, ist das eine, aber die gesamte Öffentlichkeit belügen? Wer soll #Lindner & Co noch irgendwas glauben", schreibt die frühere Co-Vorsitzende der Linken Janine Wissler.
- "Allein für diese Militärsprache sollte sich die #FDP öffentlich entschuldigen. Wann übernimmt #Lindner endlich mal die Verantwortung für diesen Skandal und tritt zurück? #Feldschlacht", kommentiert ein Nutzer.
- "Wer Begriffe wie #DDay oder "Feldschlacht" verbindet um einen Regierungssturz zu verursachen, hat sich für jeden politischen Diskurs disqualifiziert. #FDP", meint ein User.
FDP-Politiker bestreitet: Partei-Führung wusste nichts vom Papier
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat bestritten, dass die Führung seiner Partei über ein Strategiepapier zu einem möglichen Ampel-Bruch informiert gewesen ist. "Das Papier ist auf Ebene der Mitarbeiter entstanden. Niemand aus der Führung der FDP kannte das Papier", sagte Djir-Sarai der "Welt" zum sogenannten D-Day-Papier. Einen Grund zurückzutreten, sehe er nicht.
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bos/news.de/dpa