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Experten fürchten Kosten-Explosion: Millionen Kassenpatienten droht 2025 ein satter Beitrags-Schock

Die Kassenbeiträge für Millionen Versicherte steigen auch 2025 weiter. Bild: Adobe Stock/Stockfotos-MG

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  • Versicherten drohen höhere Kassenbeiträge 2025
  • So rechtfertigt Karl Lauterbach die Beitragserhöhung
  • Bei diesen Krankenkassen droht Beitrags-Explosion
  • Gesundheitsminister Lauterbach in der Kritik

Millionen Versicherte müssen im Bundestagswahljahr 2025 erneut mit höheren Beiträgen für die Krankenkasse und die Pflege rechnen. "Beim Beitragssatz werden wir wohl einen Anstieg sehen", sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dem "Stern".

Krankenkassenbeiträge steigen 2025: So begründet Karl Lauterbach die Beitragserhöhung

Zur Begründung wies er etwa auf die geplante Neuaufstellung der Kliniken hin: "Jetzt ist die Phase, in der wir Geld in die Hand nehmen müssen, auch das der Beitragszahler. Nur so gelingen die Strukturreformen, die langfristig die Kostenentwicklung dämpfen und das System besser machen." Die gesetzlichen Krankenkassen warfen dem Minister vor, steigenden Beiträgen tatenlos zuzusehen.

Lauterbach sagte auf die Frage, ob die Beitragszahler in den sauren Apfel beißen müssten: "Das ist so." Sie würden aber auch profitieren, weil sie dafür eine bessere Versorgung bekämen, etwa bei der Behandlung von Herzerkrankungen oder Krebs. "Ich will das System jetzt nicht kaputtsparen. Wir brauchen diese Investitionen", sagte Lauterbach. Man dürfe nicht sagen: "Lass uns lieber alles beim Alten lassen."

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Zusatzbeitrag schon gestiegen

Der Zusatzbeitrag, den die gesetzlichen Kassen jeweils für ihre Mitglieder festlegen, ist dieses Jahr schon um 0,1 Punkte auf durchschnittlich 1,7 Prozent gestiegen. Der gesamte Beitrag, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen, umfasst daneben den allgemeinen Satz von 14,6Prozent des Bruttolohns. Dabei summieren sich die Leistungsausgaben der gesetzlichen Kassen für ihre mehr als 58 Millionen Mitglieder und 16Millionen beitragsfrei Mitversicherten jährlich auf fast 300 Milliarden Euro.

Zum Jahreswechsel könnten die Beiträge um durchschnittlich 0,6 Prozentpunkte (vom Bruttolohn) steigen, berichtet etwa die "Bild"-Zeitung. Davon müssen Arbeitnehmer die Hälfte schultern. Gesundheitsökonom Prof. Günter Neubauer (83, IfG München) hält sogar Erhöhungen zum Jahreswechsel "um bis zu einem Prozentpunkt" für möglich. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass 2025 Kassen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage fusioniert werden."

Kassen fordern stärkeres Gegensteuern

Der Spitzenverband der Krankenkassen kritisierte die Äußerungen Lauterbachs. "Statt eines Maßnahmenplans, wie die Versorgung der rund 75 Millionen gesetzlich Versicherten endlich wieder auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden kann, kündigt er anscheinend gleichmütig immer weiter steigende Zusatzbeiträge an", sagte Verbandschefin Doris Pfeiffer. Der Sozialverband Deutschland monierte: "Bei allem Reformbedarf im Gesundheitswesen dürfen die Kosten nicht einseitig auf die Schultern der Beitragszahler abgewälzt werden." Zur Finanzierung müsse auch auf Steuermittel zurückgegriffen werden - in einer gerechten Lastenverteilung für alle.

Wie groß ist die Finanzlücke 2025?

Amtlich bestimmt wird der durchschnittliche Zusatzbeitrag für das nächste Jahr wie üblich Anfang November. Dies ist ein Orientierungswert, die Kassen können je nach ihrer Finanzlage auch davon abweichen. Der Spitzenverband warnte, dass Anfang 2025 rechnerisch eine Anhebung um mindestens 0,6 Punkte nötig werden dürfte. Der Grund: Die "Ausgaben treibende" Gesetzgebung der vergangenen zehn Jahre, Mehrkosten für die Krankenhausreform noch gar nicht eingerechnet. In den ersten drei Monaten 2024 verbuchten die Kassen ein Minus von 776 Millionen Euro. Gesundheitsökonom Prof. Günter Neubauer (83, IfG München) hält sogar Erhöhungen zum Jahreswechsel "um bis zu einem Prozentpunkt" für möglich. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass 2025 Kassen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage fusioniert werden." 

Diese Kassen stehen besonders schlecht da

Die KKH, die mit 1,3 Millionen Mitgliedern ohnehin schon zu den teuersten Krankenkassen gehört, steht besonders unter Druck. Gründe dafür sind unter anderem geringe Rücklagen und hohe Ausgaben, wie unter anderem die "Bild"-Zeitung erklärt. Auch andere Krankenkassen haben eine ungünstige Prognose: Die AOK Nordost, die ikk classic und die Knappschaft, die zusammen 5,8 Millionen Mitglieder zählen, schneiden ebenfalls schlecht ab. Zudem zeigten auch die Securvita, die Bergische Krankenkasse, die Pronova BKK, die mkk und die Mobil Schwächen im Finanzcheck.

Lauterbach in der Kritik - "Teuerster Gesundheitsminister aller Zeiten"

Die Pflegeversicherung erwartet für 2024 und 2025 rote Zahlen. Im nächsten Jahr würde das rechnerisch eine Beitragsanhebung von 0,2 Punkten erfordern, ermittelte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen, der auch die Pflegekassen vertritt. "Statt auf die Ausgabenbremse zu treten, damit die Sozialbeiträge nicht weiter aus dem Ruder laufen, will der Minister das Geld der Beitragszahlenden weiter mit vollen Händen ausgeben", kritisierte die Chefin des Bundesverbands der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), Carola Reimann. "Damit entwickelt sich Karl Lauterbach zum teuersten Bundesgesundheitsminister aller Zeiten."

Verschiedene Gründe für steigende Kosten 

 

Dabei entstehen Deutschland mit seiner alternden Bevölkerung zum einen höhere Ausgaben wegen des wachsenden Bedarfs an Pflege und Gesundheitsversorgung - für Medikamente und Behandlungsmethoden, Pflegekräfte oder Sachkosten wie Energie. Dazu kommt aber noch eine ganze Palette an Vorhaben, mit denen die Koalition die Versorgung verbessern will - von der Notfallbehandlung über höhere Vergütungen zum Erhalt des Netzes der Hausarztpraxen bis zu mehr Vorsorge gegen Herzinfarkte. Im Gegenzug sollen auch Einsparungen entstehen.

Zweite Pflegereform in Sicht

Wie Lauterbach schloss Kanzler Olaf Scholz (SPD) Leistungskürzungen für die Versicherten wegen der schwierigen Finanzaussichten aus. Für die Pflege ist eine nächste Stabilisierungsaktion angekündigt - nachdem die Koalition eine erste schon umgesetzt hatte. Sie brachte Entlastungen für Pflegebedürftige bei Eigenanteilen, aber auch einen höheren Beitrag: Für Menschen ohne Kinder stieg er Mitte 2023 auf 4 Prozent und für Beitragszahler mit einem Kind auf 3,4 Prozent. Familien mit mindestens zwei Kindern zahlen - bezogen auf den Arbeitnehmeranteil - nun weniger als zuvor.

 

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/news.de/dpa

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