Politik

Europawahl: Wie Russland die Europawahl manipulieren kann

Eine riesiges Transparent mit der Aufschrift "Utilisez votre voix, use your voice, nutze Deine Stimme" wirbt am Europäischen Parlament für die Europawahlen vom 6. bis 9. Juni 2024. Bild: picture alliance/dpa/AP | Jean-Francois Badias

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Kurz vor der Europawahl wächst erneut die Sorge vor russischer Beeinflussung: Es gibt Cyberattacken auf Einrichtungen der EU-Länder, prorussische Internetplattformen sollen Propaganda in der EU verbreiten und sogar von Geldzahlungen an europäische Politiker ist die Rede. Wie groß ist die Gefahr?

Lea Frühwirth forscht beim Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) in Berlin zu dem Thema Wahlbeeinflussung. Ihr zufolge fällt Russland seit Jahren mit illegitimer Einflussnahme auf - beispielsweise durch Desinformationskampagnen mit gefälschten Medienseiten, die über Werbeanzeigen und nicht authentische Accounts verbreitet werden.

EU-Wahl als erwartbares Ziel für Einflussversuche

"Die Wahl zum Europäischen Parlament Anfang Juni ist ein erwartbares Ziel für solche Einflussversuche", sagt sie. Typische Beispiele seien die Diskreditierung von Parteien sowie Politikern und Politikerinnen oder das Säen von Misstrauen gegenüber der Legitimität des Wahlprozesses. Kampagnen könnten Wählerinnen und Wähler aber auch indirekt beeinflussen. Wer das Vertrauen in demokratische Institutionen zersetzen wolle, könne das auch tun, indem er unzureichenden Schutz der Bevölkerung suggeriert.

Nach Angaben der Expertin mischt sich Russland nicht nur bei Wahlen ein. Solche Kampagnen seien eher eine Art Grundrauschen, sagt Frühwirth. Zu bestimmten Anlässen oder um polarisierende Debatte noch einmal anzuheizen, nehme das dann noch einmal zu.

Bestes Beispiel dafür ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die East StratCom Task Force, die zum diplomatischen Dienst der EU gehört, berichtet, dass Desinformationsfälle, die die Ukraine ins Visier nehmen, mehr als 40 Prozent aller Fälle in ihrer Datenbank ausmachen.

Wer hinter Desinformationen steckt, ist oft unklar

Ein Mitte März 2024 in sozialen Medien kursierendes Video zeigt beispielsweise, wie ein Panzer mit einer blauen Flagge - die ein wenig der EU-Flagge ähnelt - durch die Landschaft fährt. Das soll angeblich in Russland nahe der ukrainischen Grenze sein. Wie Faktenchecker der dpa prüften, erinnert das Emblem auf der Fahne im Video zwar an den Sternenring des EU-Banners - gehört aber tatsächlich zur Legion "Freiheit Russlands", die aufseiten der Ukraine kämpft. Von wem genau solche Videos letztendlich stammen und wer sie verbreitet, lässt sich nicht immer eindeutig feststellen.

Den Expertinnen und Experten der East StratCom Task Force zufolge zielen Kampagnen zum Ukraine-Krieg unter anderem darauf ab, die europäische Unterstützung für die Hilfe für das angegriffene Land mit finanzieller, militärischer und humanitärer Hilfe zu untergraben.

Cyber-Angriffe auf die SPD

Doch der russische Einfluss geht über Desinformationskampagnen hinaus. Immer wieder wird dem Kreml vorgeworfen, Drahtzieher von Cyberattacken zu sein. "Es können verschiedene Ziele dahinterstecken, beispielsweise das Abgreifen von Daten, das Schwächen kritischer Infrastruktur oder eine Kommunikationswirkung", erklärt Forscherin Frühwirth. Eingriffe in kritische Infrastruktur würden konkrete Abläufe stören, sollen aber auch das betroffene Land vorführen und vermitteln, dass die Regierung nicht in der Lage sei, die Bürgerinnen und Bürger zu schützen.

Bei schon länger zurückliegenden Cyber-Angriffen auf die SPD und deutsche Unternehmen aus den Bereichen Logistik, Rüstung, Luft- und Raumfahrt und IT-Dienstleistungen benannte Außenministerin Annalena Baerbock Russland ganz klar als Täter. "Staatliche russische Hacker haben Deutschland im Cyberraum angegriffen", sagte die Grünen-Politikerin im Mai. Die Bundesregierung macht eine Einheit des russischen Militärgeheimdienstes - APT28 - verantwortlich.

Nicht nur Deutschland ist in Russlands Visier: Laut EU waren zuvor bereits andere staatliche Institutionen, Agenturen und Einrichtungen in den Mitgliedstaaten, darunter in Polen, Litauen, der Slowakei und Schweden, vom gleichen "Bedrohungsakteur" angegriffen worden.

Prorussische Plattform soll Geld an europäische Politiker gezahlt haben

Ein besonders prominentes Beispiel von möglicher russischer Einflussnahme ist die Plattform Voice of Europe - mit Sitz in Prag. Diese steht unter Verdacht, prorussische Propaganda in der EU verbreitet und Geld an europäische Politiker gezahlt zu haben. Auf dem Portal waren unter anderem Interviews mit dem AfD-Politiker Petr Bystron und seinem Parteikollegen Maximilian Krah erschienen. Die tschechische Zeitung "Denik N" hatte Anfang April berichtet, im Fall Bystron sei möglicherweise auch Geld geflossen. Der AfD-Bundestagsabgeordnete hat das mehrfach zurückgewiesen. Auch Krah bestreitet, Geld aus dem Umfeld von Voice of Europe angenommen zu haben.

Infolge dieser und anderer Berichterstattung hatte die Staatsanwaltschaft in München im Fall Bystron sogenannte Vorermittlungen eingeleitet, um zu prüfen, ob sich ein Anfangsverdacht wegen eines strafbaren Verhaltens einer Abgeordnetenbestechung ergibt. Bei den eingeleiteten Ermittlungen geht es nach dpa-Informationen um die Vorwürfe im Zusammenhang mit Voice of Europe.

EU sperrt Voice of Europe

Im Fall von Voice of Europe wurde Mitte Mai ein Sendeverbot in der EU beschlossen. Neben der Plattform wurden damit auch drei russische Medien in der gesamten EU gesperrt. Dass das Sendeverbot nun ausgekoppelt von einem geplanten 14. Sanktionspaket gegen Russland kam, hat wohl auch mit der Sorge vor der Beeinflussung vor der Europawahl zu tun.

Forscherin Frühwirth mahnt an, dass das sich Angriffe auf die Legitimität von Wahlergebnissen auch im Nachgang abspielen und nachhaltig Probleme verursachen können. "Das Ende des Wahlkampfs muss nicht das Ende von wahlbezogenen Einflussversuchen sein."

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+++ Redaktioneller Hinweis: Diese Meldung wurde basierend auf Material der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erstellt. Bei Anmerkungen oder Rückfragen wenden Sie sich bitte an hinweis@news.de. +++

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