Politik

Annalena Baerbock: Völkerrechts-Experten weisen Außenministerin zurecht

Annalena Baerbock ist gegen einen Vergeltungsschlag Israels an den Iran. Für ihre Aussagen wird sie von Völkerrechtlern kritisiert. Bild: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

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Nach dem Drohnen- und Raketenangriff durch den Iran ist Außenministerin Annalena Baerbock (43, Grüne) nach Israel gereist. Ihr gehe es unter anderem darum, "einen regionalen Flächenbrand zu verhindern", wie es in einer Erklärung des Ministeriums heißt. Die Sorgen wachsen, dass es zu einem solchen kommen könnte, sollte es einen harten israelischen Gegenangriff geben. Dazu sagte Baerbock zuletzt: "Das Recht auf Selbstverteidigung bedeutet die Abwehr eines Angriffes. Vergeltung ist keine Kategorie im Völkerrecht." Von Experten bekommt sie für diese Sätze nun Widerspruch.

Annalena Baerbock erhält Widerspruch nach Aussagen zu möglichem israelischen Gegenschlag auf den Iran

Professor Wolff Heintschel von Heinegg von der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder) sagt gegenüber der "Bild"-Zeitung: "Die Ministerin hat insoweit recht, als das Völkerrecht Kategorien wie Vergeltung, Rache oder gar Bestrafung nicht anerkennt. Allerdings wäre es zu kurz gegriffen, Israel eine Selbstverteidigung gegen den jüngsten iranischen Angriff mit dem Hinweis darauf zu versagen, der iranische Angriff sei beendet." Um weitere iranische Attacken vorab zu verhindern, dürfte Israel militärische Gewalt anwenden. Dieser Sichtweise stimmt auch Professor Matthias Herdegen von der Universität Bonn zu. Er sagte der "Bild": "Selbstverteidigung greift so lange, wie ein Staat noch mit Angriffen rechnen muss. Der Angreifer muss die plausible Sorge vor weiterer Bedrohung verlässlich ausräumen."

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Annalena Baerbock äußerte sich derweil auf X (vormals Twitter) zu dem Großangriff des Irans am vergangenen Wochenende wie folgt: "Iran spielt mit dem Schicksal aller Menschen im Nahen & Mittleren Osten und hat eine ganze Region an den Abgrund geführt. Es geht jetzt darum, Iran Einhalt zu gebieten, ohne dass es zu einer weiteren Eskalation kommt. Irans Kalkül, weitere Gewalt zu säen, darf nicht aufgehen." Die deutsche Außenministerin fuhr fort: "Israel hat unsere volle Solidarität und kann sich auf uns verlassen. Wir vergessen auch die vielen Dutzend israelischen Geiseln nicht, die weiter in den Tunneln der Hamas gefangen gehalten werden. Sie müssen endlich freikommen." Außerdem würde weiterhin an die notleidenden Menschen in Gaza gedacht und daran gearbeitet, dass diese mehr Hilfsgüter bekommen. Dort führt Israel Krieg gegen die Terrororganisation Hamas, die am 7. Oktober 2023 ein Massaker in dem jüdischen Staat anrichtete.

Annalena Baerbock wird bei Israel-Besuch auch über Lage in Gaza reden

Am Mittwoch ist Annalena Baerbock in Jerusalem mit Israels StaatspräsidentenIzchak Herzog zusammengetroffen.Bei der Unterredung war nach Angaben des Auswärtigen Amtes auch der britische Außenminister David Cameron dabei. Im Anschluss wollte Baerbock auch ihren israelischen Amtskollegen Israel Katz treffen. Neben dem möglichen israelischen Gegenschlag dürfte die Grünen-Politikerin auch die humanitäre Lage der notleidenden Zivilbevölkerung im Gazastreifen zur Sprache bringen. Bereits in der vergangenen Woche hatte sie Israel wiederholt aufgefordert, mehr Hilfslieferungen nach Gaza zuzulassen.

Israel-Präsident Benjamin Netanjahu überlegt zu weiterem Vorgehen gegen den Iran

Neben Katz wollte die Bundesaußenministerin auch mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und mit Benny Gantz sprechen, der Mitglied des israelischen Kriegskabinetts ist. Netanjahu hatte am Dienstag nach Angaben des israelischen Kan-Senders bei einem Treffen mit Ministern seiner Likud-Partei gesagt: "Wir werden auf den Iran reagieren, aber man muss es klug anstellen und nicht aus dem Bauch heraus. Sie müssen nervös sein, so wie sie uns nervös gemacht haben."

Irans Präsident Ebrahim Raisi hatte Israel dagegen erneut vor einem militärischen Gegenangriff gewarnt. "Die kleinste Aktion (Israels) gegen die nationalen Interessen des Irans wird umfangreiche und schmerzhafte Konsequenzen haben", sagte er in einem Telefonat mit Katars Emir Hamad Al Thani laut dem Webportal seines Präsidialamts.

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/sba/news.de/dpa

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