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Wladimir Putin: Nukleardrohung nur Bluff? Kremlchef ist "kein Selbstmörder"

Was ist das wahre Ziel von Wladimir Putin? Bild: picture alliance/dpa/Pool Sputnik Kremlin/AP | Gavriil Grigorov

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Noch vor ein paar Monaten musste Wladimir Putin um seine Macht fürchten, mittlerweile hat sich die Lage an der Front jedoch geändert und die russischen Truppen befinden sich im Vorteil. Russland-Expertin Catherine Belton erklärt in einem Interview, woher die Stärke des Kremlchefs stammt.

Russland-Expertin packt aus: Ist das Wladimir Putins wahres Ziel im Ukraine-Krieg?

"Putin ist im Moment sehr mächtig. Ganz anders als noch vor gut einem Jahr – damals war Putin mit einer Menge Dissens konfrontiert", sagt Belton gegenüber "t-online". "Die Hardliner forderten, dass der Krieg gegen die Ukraine noch aggressiver geführt werden müsse. Die Progressiven waren hingegen der Meinung, dass der ganze Krieg ein katastrophales Abenteuer sei und Putin einfach damit aufhören solle." Es kursierten Gerüchte, dass die russischen Eliten bereits darüber sprachen, Putin zu ersetzen. Doch die Lage hat sich mittlerweile geändert. Dafür gibt es mehrere Gründe. So habe der Tod von Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin die Eliten zur Vorsicht ermahnt, außerdem hat sich die angekündigte ukrainische Gegenoffensive als "ziemlich zahnlos" erwiesen. "Der Westen war viel zu zaghaft, die Ukraine mit den dafür notwendigen Waffen zu versorgen. [...] Nun befinden sich die russischen Streitkräfte im Vorteil – und die russische Elite steht gerne auf der Seite der Gewinner", erklärt Belton. "Wenn diese Leute den Westen betrachten, sehen sie Schwäche und Unordnung." Für die russische Elite gebe es derzeit keinen Grund, den Kremlchef zu kritisieren. Der russische Präsident hat dem "kollektiven Westen" den Krieg erklärt. "Putin glaubt, dass er die Weltordnung neu gestalten kann. Russland hat seine Bündnisse mit China, Iran und Indien, mitsamt der russischen Elite denkt Putin, dass dies ein Block ist, der den Westen ersetzen wird. Denn er sieht, wie schwach wir sind", sagt die Expertin.

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Angst vor einem Nuklearangriff müsse der Westen nicht haben. "Warum sollte uns Putin mit Atomwaffen angreifen? Die bloße Drohung damit reicht doch bereits, um die westlichen Führer derart zu erschrecken, dass sie nicht ausreichend Waffen an die ukrainische Armee liefern", ist sich Belton sicher. "Putin wird uns also nicht nuklear attackieren, das ist nichts weiter als ein Bluff. [...] Putin ist sicherlich kein Selbstmörder, aber sehr gewieft darin, unsere Ängste und Schwächen auszunutzen." Und weiter: "Die russische Elite glaubt mittlerweile, dass seine Strategie, den Westen zu zermürben, funktioniert."

"Politisches Chamäleon!" Das sind die Stärken und Schwächen des Kremlchefs

Die Russland-Expertin beschreibt Putin als "politisches Chamäleon". Demnach könne er sowohl stark und selbstbewusst als auch konziliant und unterwürfig auftreten. Doch auch Putin hat Schwächen. "Er ist sehr schlecht darin, in Zeiten extremer Krisen zu agieren", sagte Belton. "Das hat er bei unzähligen Gelegenheiten demonstriert, dann wirkt Putin wie gelähmt." Die Expertin verweist auf das Kursk-Drama. Als das U-Boot in der Barentssee sank, verschwand der Kremlchef aus der Öffentlichkeit. "Dieses Verhalten hat sich nicht geändert."

Belton ist sich sicher, dass es in Russland keinen Aufstand gegen den Kremlchef geben werde. "Der Westen muss sich endlich zusammenreißen, die Ukraine ausreichend bewaffnen und Putin so den Sieg verwehren", sagt sie im Gespräch mit "t-online". "Denn wenn Putin gewinnt, wird das seine Legitimität und sein Regime stärken. Dann beginnt der Kreml mit der Suche nach neuen Zielen, sei es im Baltikum oder anderswo. Russland braucht eine schwere Niederlage – nur so lässt sich dieses Szenario verhindern."

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