Politik

Rente in Deutschland 2024: "Casino-Rente" und "Irrweg"? Heftige Kritik an Plänen der Bundesregierung

Christian Lindner und Hubertus Heil haben ein Rentenpaket geschnürt. Bild: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

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Die Rentenpläne der Bundesregierung haben Form angenommen. Am Dienstag (5. März) wollen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ihr Rentenpaket in Berlin vorstellen. Die Regierung will erstmals Milliarden für die Rente in den Aktienmarkt stecken. Bereits im Vorfeld hagelte es für die Reform Kritik.

Kapitalfond, Rentenniveau und Co.: Das plant die Bundesregierung

Mit ihrem Rentenpaket wollen Lindner und Heil einen neuen Kapitalstock für die Rentenversicherung schaffen. Mit den Erträgen sollen später die Beiträge stabilisiert werden. Langfristig soll dies Beitragszahler und Bundeshaushalt entlasten. Das Geld soll ausschließlich vom Bund stammen und auf dem Aktienmarkt angelegt werden.Bis Mitte der 2030er-Jahre sollen mindestens 200 Milliarden Euro aufgebaut werden. Wie die Deutsche Presse-Agentur vorab aus Regierungskreisen erfuhr, sollen aus den Erträgen dann jährlich im Schnitt zehn Milliarden als Zuschuss an die gesetzliche Rentenversicherung fließen. Mithilfe dieser Erträge soll ein allzu starker Anstieg des Rentenbeitragssatzes verhindert werden. Denn wenn nun verstärkt die sogenannten Babyboomer in Rente gehen, dürften die Beiträge deutlich steigen - zumal wenn das Rentenniveau stabil gehalten werden soll. Es handelt sich aber nicht um eine Aktienrente,, für die die FDP im Wahlkampf 2021 geworben hatte. Beitragsgelder sind nun nämlich nicht dafür vorgesehen. Damals wollte die FDP, dass zwei Prozent des Einkommens in eine kapitalgedeckte Vorsorge gesteckt werden.

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Zudem will die Bundesregierung das Rentenniveau dauerhaft auf 48 Prozent festschreiben. Derzeit liegt das Rentenniveau bei 48,2 Prozent. Es soll laut aktueller gesetzlicher Regelung bis 2025 nicht unter 48 Prozent sinken. Danach könnte es einen Abwärtstrend geben. Laut dem aktuellen Rentenversicherungsbericht könne das Niveau bis 2037 auf 45,0 Prozent sinken. Das Sicherungsniveau beschreibt, wie viel Prozent des aktuellen Durchschnittslohns jemand bekommt, der 45 Jahre für den Durchschnittslohn gearbeitet hat und Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlte.

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Rente in Deutschland 2024: Beitragssatz soll steigen

Um die Rente zu finanzieren, will die Bundesregierung auch auf höhere Beitragszahlungen und Reserven aus der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgreifen. Bis 2027 bleibt der aktuelle Beitragssatz stabil bei 18,6 Prozent, danach soll er steigen. Wenn die Politik nicht gegensteuert, erhöht sich der derzeitige Beitragssatz von 18,7 Prozent bis 2037 automatisch auf 21,1 Prozent - und das ohne Eingreifen der Politik. Bis 2025 könnte der Satz bis auf 22,3 Prozent ansteigen. Es handelt sich bei den Zahlen um Schätzungen der Regierung. Diese Werte können sich aber aufgrund von Entwicklungen noch verändern.

Heftige Kritik an Rentenplänen von Lindner und Heil

Die Pläne stoßen auf Kritik, wird doch befürchtet, dass mit der Rente spekuliert wird. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Eine Geldanlage in Aktien rentiert sich, wenn überhaupt, erst nach etwa 30 Jahren." Zur Stabilisierung des Rentensystems sei das viel zu spät. "Der Engpass entsteht jetzt, in den nächsten Jahren, wenn die Babyboomer-Generation aus dem Erwerbsleben ausscheidet", so Bentele. "Wir brauchen keine spekulativen Investitionen auf dem Aktienmarkt, für die langfristig Milliarden Euro Schulden gemacht und nachfolgende Generationen belastet werden." Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) zeigte sich wenig begeistert von dem sogenannten Generationenkapital. "Die gesetzliche Rente muss generationengerecht sein, denn sie betrifft alle", sagte SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier der dpa. "Aber ob das mit dem etwas irreführenden "Generationenkapital" gelingt, da sind wir skeptisch. Hier fürchten wir, dass dies nur der Einstieg zur Aktienrente wird. Das darf nicht passieren." Der Paritätische bezeichnete die Pläne auf der sozialen Plattform X als "Irrweg". "Die gesetzliche Rentenversicherung ist denkbar ungeeignet, um damit an der Börse zu spekulieren", zitiert die "Tagesschau" Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Der Verband plädiert für eine andere Finanzierungsform: Die Bürgerversicherung, in die jeder einzahlen sollte - also auch Beamtinnen und Beamte, Parlamentarierinnen und Parlamentarier sowie Selbstständige, sagte Engelmeier.

Sahra Wagenknecht wütet gegen Rentenpaket und fordert Volksabstimmung

Heftig ging Sahra Wagenknecht die Regierung wegen des geplanten Generationenkapitals an. "Die Aktienrente ist eine Casino-Rente. Vor lauter Planlosigkeit in der Rentenpolitik zockt die Ampel mit der Alterssicherung der Bürger", sagte Wagenknecht. "Dass Hubertus Heil mit der Aktienrente das Lieblingsprojekt der FDP umsetzt, ist ein sozialpolitischer Tiefpunkt für die SPD." Die Vorsitzende des neuen Bündnisses Sahra Wagenknecht forderte eine Volksabstimmung über die Rente in Deutschland ähnlich wie in der Schweiz, wo sich eine Mehrheit am Sonntag für eine 13. Rentenzahlung im Jahr ausgesprochen hatte.

Ökonom prognostiziert: Rente trotz Reform nicht sicher?

Der Ökonom Bernd Raffelhüschen kritisierte, dass die Reformpläne die Rente nicht nachhaltig sichern könnten. "Heil plant die Quadratur des Kreises: Das Rentenniveau bei 48 Prozent zu belassen und das Renteneintrittsalter nicht zu erhöhen ist ökonomischer Wahnsinn und wäre in Mathe eine sechs", sagte der Freiburger Professor für Finanzwissenschaft dem Nachrichtenportal "ThePioneer". Auch das Generationenkapital kritisierte der Ökonom. Ein kreditfinanziertes Besparen von Aktien könne durch die Schuldenlast keine nennenswerte Rendite erwirtschaften - "vielleicht ein Prozent und das ist bei weitem nicht genug, um das Rentensystem zu stützen".

Aktienkapital ein "Irrweg"? Heftige Diskussionen um Rentenpläne

Dass der Kapitalfond ein "Irrweg" sei, sehen andere Menschen deutlich anders. Viele warnen auch vor überzogener Kritik. "Die geplante Aktienrente ist nicht extrem riskant. Auf lange Sicht ist die Beteiligung an Unternehmen eine Beteiligung am steigenden Wohlstand. Außerdem soll nicht die komplette Rente dadurch finanziert werden, sondern nur ein geringer Teil davon", heißt es in einem Beitrag auf X. "Zu Ihren Punkten:
- Kann die umlagefinanzierte Rente nicht mehr > #Demografie
- Bringt nichts, da in gleichem Umfang die Anspruchsberechtigten zunehmen Die #Aktienrente ist die einzige Chance, den wenigen verbliebenen jungen Leuten überhaupt eine menschenwürdige Rente zu geben", schreibt der Deutsche Familienverband Sachsen e.V. "Gute, sachliche Einordnung von @CarlMuehlbach zur #Aktienrente bei
@wdr 5: Das #Generationenkapital ist weder ein Allheilmittel, noch ist es gefährlich - so sehe ich das auch und bin gespannt, wie sich das Instrument entwickelt. @fiscalfuture_de", meint ein weiterer Nutzer

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/gom/news.de/dpa

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