Karl Lauterbach bei "Markus Lanz": "Weltfremd!" Cannabis-Gesetz bringt Gesundheitsminister in Erklärungsnot
Von news.de-Redakteurin Sabrina Böhme
09.02.2024 10.02
Karl Lauterbach plant zahlreiche Reformen im Gesundheitssystem. Neben der digitalen Gesundheitsakte will der Gesundheitsminister unter anderem die Krankenhausstruktur umbauen, die Notfallversorgung neu organisieren und mehr für die Medizinforschung tun. Ein straffes Programm. "Als ob das alles noch nicht genug ist, sollen jetzt auch noch alle kiffen dürfen", zählt Markus Lanz zu Beginn seiner Sendung vom 8. Februar noch einen weiteren Punkt auf. Die Cannabis-Legalisierung sollte Karl Lauterbach an dem Abend in Erklärungsnot bringen.
"Markus Lanz" vom 08.02.2024: Karl Lauterbach rechtfertigt Cannabis-Legalisierung
Gleich zu Beginn ging es um die Cannabis-Legalisierung ab dem 1. April. Karl Lauterbach sprach von einem Gespräch mit seinem Parteikollegen Sebastian Fiedler. Lanz hakte nach, worüber beide sprachen. "Es könnte, um Cannabis gegangen sein", antwortet der Gesundheitsminister. Die Pläne stießen zuletzt zum Beispiel bei der Opposition auf Widerstand. Es gebe "innenpolitisch, zum Teil auch in der SPD", Vorbehalte gegen das Gesetz, erklärte Lauterbach. "Die härtesten Widersacher kommen aus ihrer eigenen Partei", sagte daraufhin Markus Lanz und Lauterbach versuchte zu erklären, dass dem nicht so sei. "Die härtesten Widersacher würde ich jetzt nicht sagen. Die sind bei der Union und den Nicht-Demokraten." Lanz lässt die Antwort nicht stehen und will wissen, was die Regierung davon hält. Sie würden darüber diskutieren und das Gesetz sei überarbeitet. Unter anderem wurde geändert, dass nach zwei Jahren eine Kontrolle stattfinden muss.
Lesen Sie auch:
- "Ein vergiftetes Angebot!" SPD-Politiker grillt Habeck und Lindner
- Diskussion über rechts: "Ich würde die AfD nicht so sehr in Schutz nehmen"
- Habecks Strompreis-Antwort sorgt für Wirbel
Ab dem 1. April soll Cannabis für Volljährige legalisiert werden. Was darf man dann? Lauterbach erklärt die neuen Regelungen. Dann ist es erlaubt, 25 Gramm Cannabis für den Eigenbedarf zu besitzen, es in der Öffentlichkeit zu konsumieren, aber nicht in der Nähe von Kitas oder Schulen. Zum 1. Juli sollen Clubs zum gemeinsamen Anbau möglich werden. Laut dem Gesetz darf die Substanz nicht an Personen unter 18 Jahren abgegeben werden. Ab 18 Jahren und bis zum Alter von 21 Jahren sind deutlich weniger Mengen erlaubt als für höhere Altersklassen. Das Gesetz soll nun in der Woche ab dem 19. Februar im Bundestag verabschiedet werden. Mit der Einigung der Ampel-Fraktionen gilt die Zustimmung als sicher.
"Warum legalisieren Sie es ab 18?" Karl Lauterbach wegen Cannabis-Gesetz in der Kritik
Die Regierung verfolge mit der Cannabis-Legalisierung zwei Ziele."Diejenigen, die schon konsumieren, sind dann nicht mehr auf den Schwarzmarkt angewiesen, nicht mehr auf die Dealer, auf die Kriminalität, auf die Beimengungen, toxische Konzentrationen. Das heißt, wir erkennen an, dass Cannabis in der Gesellschaft konsumiert wird", erklärte Lauterbach. Des Weiteren soll mit dem Gesetz betont werden, dass der Stoff das wachsende Gehirn von Kindern und Jugendlichen schädigen kann. Indem Cannabis enttabuisiert wird, sollen Kinder besser geschützt werden. Mit dem Bann vor Bildungseinrichtungen sei der Jugendschutz aber nicht erfüllt, sagte Kinderärztin Tanja Bunnert. Deshalb sollen Kinder und Eltern durch Kampagnen informiert werden, dass das wachsende Gehirn durch Cannabiskonsum dauerhaft geschädigt wird, erklärte Lauterbach. "Warum legalisieren Sie es ab 18? Sie wissen doch als Arzt ganz genau, dass mit 18 die Hirnreife noch nicht ganz abgeschlossen ist", wollte die Kinderärztin von Lauterbach wissen. Dieses Alter sei viel zu früh, hätten auch Psychiater gesagt. Es war die Rede von einer Legalisierung erst ab 25. "Das hätte die Situation verschlechtert", antwortete Lauterbach und ging erneut auf den Schwarzmarkt ein. Über den Schwarzmarkt redete Lauterbach mehrmals. Er werde sinken und zog für seine Erklärung Studien aus Kanada und dem US-Bundesstaat Colorado heran. Die "Neue Züricher Zeitung" schrieb, dass dort aber der Konsum um fünf Prozent anstieg und auch die Abgabe zunahm.
Kritik aus der SPD: Karl Lauterbach wehrt sich in der Cannabis-Diskussion
Lanz ging noch einmal auf die Kritik von Fiedler ein. "Ein Gesetz das zu einer Entkriminalisierung von Dealern und sinnloser Mehrarbeit von Polizisten führt, kann ich nicht zustimmen. [...] Mein Berufsethos als Kriminalbeamter lässt da nichts anderes zu." Lauterbach wiegelt ab und bezeichnete Fiedler als "geschätzten Kollegen". Lanz wollte noch mehr zu der Kritik Fiedlers sagen und lässt Lauterbach nicht zu Wort kommen. "Ich möchte einen Satz korrigieren. Sebastian Fiedler ist in einem Satz falsch zitiert worden. Wir entkriminalisieren nicht den Handel. Die Weitergabe und der Handel bleiben illegal", rechtfertigte sich Lauterbach. "Wer kontrolliert das denn?", wollte Lanz wissen. Es gehe nicht um Kontrolle, betonte der Gesundheitsminister entschieden. Es wurden auch die Strafen für das Handeln verschärft, machte Lauterbach deutlich. "Der Satz ist so richtig. Sebastian Fiedler sagt, was das in der Realität bedeutet", so Lanz. Der Moderator lässt nicht locker.
Hartes Vorgehen gegen illegale Cannabis-Abgabe? Karl Lauterbach spricht von "Mega-Kontrolle"
Die Abgabe bezeichnete Lanz als "weltfremd". "Wer soll das kontrollieren?", fragte der ZDF-Moderator. Lauterbach setzte zu einer Erklärung an. Die Kontrollen laufen. "Wir fassen die Kleindealer", sagte Lauterbach, weil sie an die großen nicht herankommen würden. Es gebe 180.000 Verfahren im Jahr. "Wir haben bislang eine Mega-Kontrolle und viele Verurteilungen", erzählte Lauterbach. Das "derzeitige System" sei gescheitert. Jetzt helfe es nicht, den "Kopf in den Sand zu stecken", so Lauterbach. Er will das Problem lösen. Lanz geht noch einmal auf die im Gesetz verankerte Menge ein. Mit der Menge von 25 Gramm an Cannabis könnte jemand legal 75 Joints mit sich tragen, sagte Lanz. Zum Vergleich: In den Niederlanden sind fünf Gramm für den Eigenbedarf erlaubt. Der Gesetzgeber will gegen große Dealer und nicht kleine vorgehen. Darin liege der Fokus, betonte Lauterbach erneut.
"Bubatz wird legal" Kampagnen-Zoff bei "Markus Lanz
Lauterbach versuchte bei seinem Standpunkt zu bleiben, geriet aber immer wieder aus dem Takt. Als es um die auf Instagram geteilte Kampagne "Bubatz wird legal" ging, hagelte es erneut Kritik für ihn. Er würde sich "der Jugendsprache bedienen, um den Gesetzesentwurf unter das Volk zu bringen", sagte ihm Bunnert. Das sei eine "Werbekampagne", sagte die stellvertretende "Spiegel"- Chefredakteurin Melanie Amann. "Das darf man so nicht stehen lassen", erklärte Lauterbach, denn in der Kampagne werde vor den Gefahren von Cannabis gewarnt. Lauterbach wehrt sich weiter. "Bubatz beschädigt dein Gehirn", warnte Lauterbach. Das steht so aber nicht in dem Instagram-Beitrag, sagten Amann und Lanz. "Das ist nicht die Kampagne, die wir gemacht haben", meint Lauterbach. Das müsse geprüft werden. "Müssen Sie nicht. Haben wir schon für Sie gemacht", kontert Lanz.
Lanz nach Cannabis-Zoff mit Lauterbach erneut in der Kritik
Auf X wurde über die Lanz-Sendung ebenfalls diskutiert. "Was Lanz nicht kapieren will ist, dass Menschen trotzdem kiffen. Obs legal ist oder nicht. Wenn man es in Shops verkaufen würde, hätte man Produktion und Verkauf unter Qualitätskontrolle. Aber bis Deutschland mal was richtig macht, begibt man sich in nix Halbes und nix Ganzes", schreibt ein Nutzer. Auch Lanz muss für seine Haltung wieder Kritik einstecken. "Lanz geht zum Thema Cannabis mit Lauterbach 10 mal kritischer um, als zwei Tage zuvor mit Chrupalla. Man könnte meinen, er hält Cannabis für gefährlicher als eine rechtsradikale Partei in unserer Demokratie", heißt es in einem Kommentar. "Lanz Konzept ist SPD und Grüne fertig machen", meint ein weiterer Nutzer.
"Markus Lanz" vom 8. Februar 2024 sehen Sie als Video-on-Demand in der ZDF-Mediathek.
Folgen Sie News.de schon bei Facebook, Twitter, Pinterest und YouTube? Hier finden Sie brandheiße News, aktuelle Videos und den direkten Draht zur Redaktion.
bos/bua/news.de/dpa