Ahli Arab Krankenhaus in Gaza bombardiert: Raketentreffer legt Klinik in Schutt und Asche - Israel legt Beweise für Hamas-Beschuss vor
Erstellt von Claudia Löwe
18.10.2023 09.24
Nach einem verheerenden Raketeneinschlag in einem Krankenhaus im Gazastreifen mit mutmaßlich Hunderten von Toten und Verletzten wächst die Sorge vor einer Eskalation des Konflikts im Nahen Osten.Die am Konflikt in Israel beteiligten Seiten gehen einstimmig von einem Raketentreffer aus, der die Ahli Arab Klinik in Schutt und Asche legte. Die von der islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde im Gazastreifen sowie mehrere arabische Staaten machen Israel verantwortlich - die israelische Armee hat dies entschieden zurückgewiesen und Luftaufnahmen veröffentlicht, die beweisen sollen, dass eine fehlgeleitete palästinensische Rakete eingeschlagen ist.
Sorge vor Eskalation im Israel-Konflikt nach Bombardierung von Gaza-Klinik
In mehreren muslimisch geprägten Ländern ist es zu spontanen Protesten gekommen. In Amman versuchten Demonstranten zur israelischen Botschaft zu gelangen, wie die jordanische Nachrichtenagentur Petra am Abend des 17. Oktober meldete. Berichte über die Stürmung des Gebäudes wiesen jordanische Sicherheitskreise den Angaben nach zurück. Die Demonstranten seien aus dem Bereich entfernt worden. Videos in den sozialen Medien zeigten, wie sie "zur Botschaft" riefen.
Wer ist für die Bombardierung des Gaza-Krankenhauses verantwortlich?
Die Explosion in einem Krankenhaus im Gazastreifen mit vielen Toten geht nach israelischen Erkenntnissen klar auf das Konto militanter Palästinenser. Israels Militär veröffentlichte am 18. Oktober Aufnahmen, die beweisen sollen, dass eine fehlgeleitete Rakete der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad für den Einschlag in der Al-Ahli-Klinik verantwortlich sei. Diese wies das zurück. Auf den Luftaufnahmen sind das Krankenhaus und ein Parkplatz zu sehen, auf dem ein Brand ausgebrochen war. Als Folge sollen Hunderte von Menschen getötet worden sein. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben war zunächst nicht möglich.
Nach der verheerenden Explosion gab es in der arabischen Welt, auch unter westlichen Verbündeten, sofort Schuldzuweisungen an Israel. In mehreren Ländern, auch in Deutschland, folgten wütende Proteste.
Das sagt die israelische Seiten nach der Explosion des Krankenhauses
In dem veröffentlichten Videozusammenschnitt werden Luftaufnahmen vor und nach dem tödlichen Vorfall verglichen. Es sei kein typischer Krater zu sehen, wie er sonst bei israelischen Luftangriffen entstehe, hieß es. Nach Angaben der Armee schlug dort stattdessen eine fehlgeleitete Rakete des Islamischem Dschihad ein. Der israelische Armeesprecher Jonathan Conricus sagte dem US-Sender CNN außerdem, das Militär habe Beweise vorliegen über ein von Israel abgehörtes Gespräch zwischen Hamas-Terroristen. Sie hätten gesagt: "Oh, da gab es offenbar eine Fehlfunktion oder eine Explosion einer Rakete, die im Gazastreifen gelandet ist." Zudem sei kurz vor dem Vorfall eine Salve von Raketen aus dem mittleren oder nördlichen Abschnitt des Gazastreifens in Richtung Israel abgefeuert worden. Diese sei auf Israels Radarsystem verzeichnet worden.
Militante Palästinenser weisen Schuld an Klinik-Bombardierung zurück
Die militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad wies die Schuldzuweisung der Israelis zurück. Das Gesundheitsministerium im Gazastreifen, das der dort herrschenden islamistischen Palästinenserorganisation Hamas untersteht, teilte mit, dass die "mehrere Hundert" Menschen bei einem israelischen Luftangriff auf das Krankenhaus getötet und verletzt worden seien. Eine genaue Zahl wurde dabei nicht genannt.
3.200 Tote und 11.000 Verletzte seit Beginn des Israel-Krieges
Seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober starben demnach rund 3.200 Menschen im Gazastreifen. Rund 11.000 weitere seien verletzt worden, erklärte das Ministerium am Mittwoch. In Israel waren bei Massakern im Auftrag der Hamas im Grenzgebiet und in den Tagen danach mehr als 1.400 Menschen getötet worden. Rund 4.400 Menschen wurden nach Angaben der israelischen Regierung verletzt.
Auch mehrere arabische Staaten geben Israel die Schuld
Saudi-Arabien verurteilte das "abscheuliche Verbrechen" aufs Schärfste - und machte Israel dafür verantwortlich, wie aus einer Erklärung des saudischen Außenministeriums hervorging. Riad verurteile die "anhaltenden Angriffe der israelischen Besatzung" auf Zivilisten. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gaben Israel die Schuld. Marokko verurteilte die "Bombardierung" der Klinik "durch israelische Streitkräfte" ebenso "aufs Schärfste". Auch Bahrain schloss sich der Kritik am "israelischen Bombenanschlag" an.
UN-Generalsekretär fordert Feuerpause in Israel
UN-Generalsekretär António Guterres forderte eine Feuerpause. "Ich rufe zu einer sofortigen Feuerpause auf, um genug Zeit und Platz bereitzustellen, damit meine beiden Aufrufe realisiert und das epische menschliche Leid gelindert werden kann", sagte er am Mittwoch in Peking. Damit meinte er seine Forderung an die Hamas, Geiseln freizulassen, und an Israel, humanitäre Hilfe in Gaza zuzulassen.
Die israelische Armee rief die Einwohner der Stadt Gaza sowie des nördlichen Gazastreifens dazu auf, ein "humanitäres Gebiet" südlich von Wadi Gaza (Flussbett) aufzusuchen. Dort solle humanitäre Hilfe zur Verfügung gestellt werden, hieß es in dem am Mittwoch veröffentlichten Aufruf. Das Gebiet befinde sich in Al-Mawasi. Die Armee empfehle auch, sich in offene Gebiete im Westen von Chan Junis, ebenfalls im Gebiet Al-Mawasi, im Süden des Gazastreifens zu begeben.
Guterres reist angesichts der Gewalteskalation nach Kairo. Dort will er sich laut UN-Angaben ab Donnerstag unter anderem mit Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi treffen, um eine Öffnung des Grenzübergangs Rafah von der Sinai-Halbinsel nach Gaza zu erwirken.
US-Präsident Joe Biden will in Israel "harte Fragen" stellen
Die Veröffentlichung der Aufnahmen zum Raketeneinschlag im Gazastreifen durch Israels Militär erfolgte kurz vor der Ankunft von US-Präsident Joe Biden in Tel Aviv. Biden reagierte bestürzt auf den Raketeneinschlag. Er sei "empört und zutiefst betrübt", hieß es. Bei seinem Besuch in Israel wolle Biden auch "harte Fragen" stellen, sagte John Kirby, Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der US-Regierung während des Fluges. Biden wolle unter anderem mehr über Israels Ziele und Pläne in den kommenden Tagen und Wochen hören. Der US-Präsident werde zudem sehr deutlich machen, dass die USA keine Ausweitung des Konflikts wollten, hieß es.
Im Anschluss an seinen Kurzbesuch in Israel wollte Biden ursprünglich nach Jordanien, um mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi und Jordaniens König Abdullah II. zusammenzukommen. Jordanien habe das Treffen in Absprache mit der US-Delegation abgesagt, so Kirby. Abbas werde wegen einer dreitägigen Trauer nach der Explosion nicht anreisen. Biden werde mit Abbas und Al-Sisi auf dem Rückflug reden. Jordaniens Außenminister Aiman al-Safadi sagte dem jordanischen TV-Sender Al-Mamlaka, das Treffen werde erst dann stattfinden, wenn es eine Einigung gebe, den Krieg zu beenden und "diese Massaker" zu stoppen.
Bundeskanzler Olaf Scholz in Ägypten angekommen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) traf bereits in der Nacht zum 18. Oktober aus Israel kommend in der ägyptischen Hauptstadt ein, nachdem sich der Abflug wegen Raketenalarms verzögert hatte. Am Morgen will Scholz Ägyptens Staatschef treffen. Am selben Tag soll sich der Weltsicherheitsrat mit dem Raketeneinschlag beschäftigen.
Olaf Scholz hat sich betroffen geäußert über die verheerenden Zerstörungen in einem Krankenhaus im Gazastreifen mit mutmaßlich Hunderten Toten und Verletzten. "Ich bin entsetzt über die Bilder, die uns von der Explosion in einem Krankenhaus in Gaza erreichen", schrieb er am Mittwoch auf der Internet-Plattform X, früher Twitter. "Unschuldige wurden verletzt und getötet. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer." Der Kanzler schloss die Forderung an: "Es ist wichtig, dass dieser Vorfall sehr genau aufgeklärt wird."
Folgen Sie News.de schon bei Facebook, Twitter, Pinterest und YouTube? Hier finden Sie brandheiße News, aktuelle Videos und den direkten Draht zur Redaktion.
loc/news.de/dpa