Politik

Landtagswahlen in Bayern und Hessen: "Weiter so" nach der Wahl-Schlappe? Das wollen die Ampel-Parteien unternehmen

Die SPD und mit ihr Nancy Faeser wurden bei der Landtagswahl in Hessen abgestraft. Bild: picture alliance/dpa | Andreas Arnold

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Ein Wahlbeben ging nach den Landtagswahlen in Hessen und Bayern durch die Politik. Die Stimmen zeigten klar, der Rechtsruck verstärkte sich, alles bleibt beim Alten und die Ampel-Regierung wurde abgestraft. Es war auch ein Misstrauensvotum gegen die Parteien der Bundesregierung.Das Wahl-Debakel blieb in Berlin nicht unbemerkt. Man sei ja nicht "taub und blind", sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert schon kurz nach Schließung der Wahllokale. "In diesem Wahlergebnis liegt auch eine Botschaft für uns." Die hat sich nun gezeigt. Was wollen die Verlierer nun dagegen unternehmen?

Landtagswahlen in Bayern und Hessen: Wahl-Desaster für SPD - Verluste für Ampelregierung

Bei beiden Abstimmungen müssen die drei Parteien der Berliner Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP Verluste hinnehmen - allerdings in unterschiedlichem Maß. Auch auf Bundesebene hätte das Bündnis von Kanzler Olaf Scholz (SPD) Umfragen zufolge derzeit keine Mehrheit. Vor allem für die SPD war der Wahlabend ein Desaster. Die SPD hat in beiden Ländern ihre jeweils historisch schlechtesten Ergebnisse eingefahren. In Bayern sind die Sozialdemokraten nur noch die Nummer fünf mit gerade einmal 8,4 Prozent. In Hessen landete sie mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser an der Spitze abgeschlagen auf Platz drei - deutlich hinter CDU und AfD. Die FDP setzt ihre Niederlagenserie bei Landtagswahlen fort und fliegt in Bayern aus dem Parlament hinaus und in Hessen beinahe. Vergleichsweise glimpflich kommen trotz deutlicher Verluste noch die Grünen weg. Sie könnten in Hessen mit der CDU sogar weiterregieren.

Rechtsruck setzt sich durch: AfD fährt historisch hohe Ergebnisse ein

Während die Parteien der Ampel-Regierung Stimmen einbüßen mussten, zeigte sich eine Sache besonders deutlich: Der Trend geht bei diesen Wahlen ganz klar nach rechts - und zwar ziemlich weit nach rechts. Die AfD, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird, ist kein ostdeutsches Massenphänomen mehr. Mehr als 18 Prozent in Hessen, 16 Prozent in Bayern, jeweils zweitstärkste Kraft - das sind die höchsten Ergebnisse bisher bei Landtagswahlen in westdeutschen Bundesländern.

CDU/CSU setzen sich an Spitze

Die Union setzte sich in Bayern und Hessen an die Spitze. In Bayern kommt die CSU von Ministerpräsident Markus Söder nach dem vorläufigen Ergebnis auf 37,0 Prozent. Damit rutscht die Partei, die im Freistaat seit 65 Jahren den Regierungschef stellt, noch unter ihr desaströses Ergebnis von 2018 (37,2 Prozent). Schon damals war sie um mehr als zehn Punkte abgestürzt. Die Freien Wähler mit Spitzenkandidat Hubert Aiwanger verbessern sich deutlich auf 15,8 Prozent (2018: 11,6). In Hessen steigert sich die CDU von Ministerpräsident Boris Rhein dem vorläufigen Ergebnis zufolge auf 34,6 Prozent (Wahl 2018: 27,0).

Wahl-Desaster für FDP, SPD und Co.: Ampel-Regierung muss mit Widersprüchlichkeiten aufhören

 

Die Landtagswahlen seien auch ein Gradmesser der aktuellen Stimmung in Deutschland. Viele Bürger:innen sind mit der Bundesregierung nicht zufrieden, wie zuletzt Umfragen zeigten. Das erklärte auch sagte Heinrich Oberreuter, ehemaliger Direktor der Akademie für Politische Bildung Tutzing im Interview mit "Augsburger Allgemeine": "Die Menschen honorieren es nicht, wenn man in einer Regierung die meiste Opposition ausübt. Die Grünen spüren Gegenwind: Die Menschen mögen es nicht, wenn idealistische Politik an ihre soziale Substanz geht. Und die SPD, die sich einst als Arbeiterpartei um die kleinen Leute gekümmert entwickelt sich - übertrieben gesagt - zu einem links-intellektuellen Forum. Die Wahlen in Bayern und Hessen machen das Regieren in Berlin noch ungemütlicher." 

Man müsse laut Oberreuter Führung zeigen und Politik konsequent an die Menschen vermitteln. "Doch genau das fehlt in letzter Zeit. Wir erleben eine Führung der Widersprüchlichkeiten, keine Erklärungen und Entscheidungen, die immer wieder revidiert werden", so der Politik-Professor. Es sei nun besonders wichtig, "wenn die Parteien sich inhaltlich gut aufgestellt an die Bevölkerung wenden." Auch gegen Extremisten müssen sich die Parteien argumentativ und mit Erklärungen entgegenstellen. 

So reagierte das Netz auf die Wahlergebnisse aus Bayern und Hessen

Die Landtagswahlen wurden auch in den sozialen Medien besprochen. Viele merkten an, dass sich zum Beispiel in Bayern nichts ändern wird. "Danke an alle Bayern denen die letzten 20 Jahre scheißegal waren und die auch auf die nächsten 20 Jahre scheißen! Ihr hattet die Wahl und habt wieder den Kopf in den Dand gesteckt, in der Hoffnung das sich was ändert aber mit der CSU ändert sich nichts! #Landtagswahl", schreibt ein Nutzer auf X (vormals Twitter). "Was lernen wir aus der #Landtagswahl? Die strahlenden CDU/CSU-Wahlsieger haben real 22-27%. Grüne stabil. SPD geht in beiden Ländern der Bedeutungslosigkeit entgegen, die FDP dem Aus. Die AfD ist so stark wie vorher nur im Osten. Und im politischen Raum spielen alle: 'Weiter so'", heißt es in einem weiteren Tweet. Journalist Michael Stifter von "Augsburger Allgemeine" fasst zusammen, was auch zu den hohen Wahlergebnissen der AfD führte. "Ignorieren, imitieren, attackieren? Egal, was die anderen Parteien in diesem Wahlkampf versucht haben, um die AfD zu bremsen: Es hat wenig geholfen. Eine von sieben Lehren aus der #Landtagswahl in Bayern."

Einige zeigten sich auch entsetzt über die hohen Ergebnisse für die AfD. Zudem gab es auch Kritik am Agieren von markus Söder vor der Wahl. "Markus Söder hat mit seinem Populismus-Wahlkampf in Bayern einen unglaublichen Schaden angerichtet", findet ein User.

Nach wahl-Schlappe für Ampel-Parteien: Was wollen SPD und Co. unternehmen?

Nun müssen Taten folgen. In der SPD wächst der Unmut über das Image der Ampel als zerstrittener Haufen, der zu wenig zustande bringt. "Da muss jetzt mehr Tempo und ein anderer Stil rein", sagte SPD-Chef Lars Klingbeil am Sonntagabend. Grünen-Chefin Ricarda Lang hat nach den Einbußen der Ampel-Parteien bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen ein Ende offener Streitigkeiten in der Koalition im Bund angemahnt. Es gehe jetzt darum, wieder mehr Vertrauen zu gewinnen, sagte Lang am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Man müsse zeigen, dass man die Kompetenz habe, die Alltagsprobleme der Menschen zu lösen. Dabei gehe es nicht um eine Sichtweise, wer in der Koalition gewinne oder verliere. "Das schaffen wir nicht gegeneinander, das schaffen wir nur zusammen." Ein Kritikpunkt zuletzt war die Migrationspolitik. Die Debatte entzweite die Parteien. Kurz vor dem Beschluss der EU zum Migrationsgesetzt, sprach Bundeskanzler Olaf Scholz ein Machtwort. Es wird sich in den nächsten Monaten zeigen, was die Ampel-Regierung unternimmt und sich vor allem dem Rechtsruck deutlicher entgegenstellt. Denn die aktuellen Zahlen zeigen, dass rechte Parteien weiter nach vorne streben. 

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/news.de/dpa

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