Politik

EU-Asylreform auf der Kippe?: Streit um private Seenotretter! Italien stellt sich gegen Deutschland

Außenministerin Annalena Baerbock und ihr italienischer Amtskollege Antonio Tajani streiten sich wegen Deutschlands Finanzierung privater Seenotretter. Bild: picture alliance/dpa/POOL/AFP | Tobias Schwarz

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Die EU-Staaten haben sich nach wochenlanger Blockade Deutschlands auf einen Textvorschlag zur Krisenverordnung der Asyl-Reform geeinigt. Doch es gibt weiter Differenzen zwischen der Bundesregierung und Italien. Eine Abstimmung über die sogenannte Krisenverordnung ist zudem noch nicht erfolgt. Steht der Kompromiss schon wieder auf der Kippe?

EU-Asylreform: Bundesregierung gab Widerstand bei Krisenverordnung auf

Die Bundesregierung hatte nach wochenlanger Blockade ihren Widerstand gegen ein Kernelement der geplanten EU-Asylreform aufgegeben. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte am Donnerstag bei einem EU-Treffen in Brüssel an, dass die Koalition aus SPD, Grünen und FDP einem neuen Textvorschlag zur sogenannten Krisenverordnung zustimme. "Obwohl wir noch weiteren Änderungsbedarf hätten und auch darüber hinaus, werden wir heute unserer Verantwortung gerecht", erklärte sie.

Zu einer formellen Einigung auf den neuen Text kam es allerdings nicht. Faeser sprach zwar im Anschluss an das Treffen von einer "politischen Einigung". Die spanische EU-Ratspräsidentschaft äußerte sich allerdings anders: Es gebe einige Details, die noch ausgearbeitet werden müssten, sagte Fernando Grande-Marlaska. Man hoffe auf eine Einigung in den nächsten Tagen.

Verschärfung bei Asylverfahren geplant

Kurz vor den EU-Beratungen hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch nach Angaben aus Regierungskreisen im Kabinett den Kurs ausgegeben, dass die Krisenverordnung nicht länger blockiert werden dürfe. Das Regelwerk ist ein zentrales Element der geplanten EU-Asylreform, mit der unter anderem unerwünschte Migration begrenzt werden soll. So soll etwa bei einem besonders starken Anstieg der Migration der Zeitraum verlängert werden können, in dem Menschen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden können. Zudem könnte der Kreis der Menschen vergrößert werden, der für die geplanten strengen Grenzverfahren infrage kommt.

In Brüssel hatte die Bundesregierung ihre Ablehnung des Vorschlags für die Verordnung wochenlang damit erklärt, dass dieses Regelwerk EU-Staaten ermöglichen könnte, Schutzstandards für Migranten inakzeptabel zu senken. In Deutschland äußerten Außenministerin Annalena Baerbock und andere Politiker der Grünen zuletzt zudem die Befürchtung, dass die Krisenregeln "Anreize für eine Weiterleitung großer Zahlen unregistrierter Flüchtlinge nach Deutschland" setzen könnte.

Annalena Baerbock streitet sich mit Italien über deutsche Finanzierung der Seenotretter

Es gibt außerdem weiterhin Unstimmigkeiten in der EU, da Deutschland private Seenotretter im Mittelmeer finanziert - laut eines Bundestagsbeschlusses sind dafür in diesem Jahr zwei Millionen Euro vorgesehen. Das stößt vor allem Italien sauer auf. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni schrieb daraufhin einen Brief an Kanzler Olaf Scholz, in dem sie kritisierte: "Ich habe mit Erstaunen erfahren, dass Ihre Regierung, ohne sich mit der italienischen Regierung abzustimmen, beschlossen hat, erhebliche Mittel für Nichtregierungsorganisationen bereitzustellen, die an der Aufnahme von irregulären Migranten auf italienischem Gebiet und in der Rettung im Mittelmeer arbeiten." Außenministerin Annalena Baerbock verteidigte die Seenotretter hingegen, sie würden "eine lebensrettende Aufgabe im Mittelmeer" übernehmen. Das Thema war auch Gesprächsstoff beim Treffen von Baerbock und dem italienischen Außenminister Antonio Tajani am Donnerstag. Medienberichten zufolge steht im Zusammenhang mit dem Streit über die Finanzierung der Seenotretter nun auch Asyl-Reform wieder auf der Kippe. Laut Tajani habe sich Innenminister Matteo Piantedosi "Zeit erbeten, um die Inhalte dieses Vorschlags näher zu prüfen, auch in rechtlicher Hinsicht". Dieser soll vorzeitig das Treffen in Brüssel verlassen haben.

Pro Asyl kritisiert Regierung wegen Missachtung der Menschenrechte

Die Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisation Pro Asyl bezeichnete die Entscheidung der Bundesregierung zur EU-Asylreform derweil als "dramatisches Signal, dass Menschenrechte keine Rolle mehr spielen". "Während die Ampel-Regierung sich im Koalitionsvertrag noch vorgenommen hatte, rechtswidrige Pushbacks und das Leid an den Außengrenzen zu beenden, stimmt sie nun einer Verordnung zu, die genau dies massiv verschärfen würde", teilte die Organisation mit.

Zeit für EU-Asylreform drängt

Die geplante Asylreform soll möglichst rasch über die Bühne gehen. Denn die Zeit drängt: Im Juni nächsten Jahres ist Europawahl. Projekte, die bis dahin nicht mit den Regierungen der Mitgliedstaaten ausgehandelt sind, könnten anschließend wieder infrage gestellt werden und sich lange verzögern. Im Fall der geplanten Reform des Asylsystems wäre dies ein besonders großer Rückschlag. An dem Projekt wird bereits seit Jahren gearbeitet. Vor allem rechte Parteien wie die AfD werfen der EU seit langem Versagen im Kampf gegen illegale Migration vor.

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/fka/news.de/dpa

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