Politik

"Anne Will" vom 24.09.2023: Söder und Faeser zoffen sich im ARD-Talk wegen Obergrenze für Geflüchtete

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lehnte in der ARD-Sendung "Anne Will" den Vorschlag einer jährlichen Obergrenze für Geflüchtete in Deutschland von CSU-Chef Söder ab. Bild: picture alliance/dpa/NDR | Wolfgang Borrs

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Kaum ein Thema brennt Deutschland derzeit heißer auf den Nägeln: Kann die Bundesrepublik eine bessere Flüchtlingspolitik auf die Beine stellen, und wenn ja, wie kann dies bewerkstelligt werden, wo sich Deutschland doch bereits an der "Belastungsgrenze" wiederfindet? Dieser Frage ging ARD-Polittalkerin Anne Will in ihrer Sendung am 24. September 2023 auf den Grund und hatte sich für ihre Diskussion im Ersten hochkarätige Gäste eingeladen.

"Anne Will" am 24. September 2023 zum Thema Migration und Flüchtlings-Obergrenze für Deutschland

Neben Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Markus Söder und dem parteilosen Bürgermeister der nordrhein-westfälischen Gemeinde Niederzier, Frank Rombey, hatte Anne Will Victoria Rietig, Leiterin des Migrationsprogramms der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), sowie die Journalistin und ARD-"Weltspiegel"-ModeratorinIsabel Schayani ins Studio eingeladen.

Kommunen am Limit: Schon jetzt mehr als 200.000 Asylanträge - CSU-Chef Söder will "Integrationsgrenze"

Der Ausgangspunkt für die Diskussion könnte hitziger kaum sein: Aus vielen Ländern und Kommunen kamen zuletzt zunehmende Warnungen vor einer Überlastung. Bis Ende August 2023 registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehr als 204.000 Erstanträge auf Asyl - ein Plus von 77 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dazu kommt, dass wegen des russischen Kriegs mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine in Deutschland Schutz suchten, die keinen Asylantrag stellen müssen.Ginge es nach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, solle eine "Integrationsgrenze" her, doch seitens der SPD und Bundesinnenministerin Nancy Faeser gibt es klares Kontra.

Flüchtlingszoff bei "Anne Will" Bürgermeister aus NRW berichtet von Gemeindealltag mit 850 Geflüchteten

Bei "Anne Will" trafen Faeser (live im ARD-Studio) und Söder (aus München per Video-Schalte dabei) nun direkt aufeinander. Zudem berichtete Frank Rombey als Bürgermeister der 15.000-Seelen-Gemeinde Niederzier in Nordrhein-Westfalen, wie das Leben in der Stadt mit derzeit 850 Geflüchteten aussieht. Niederzier sei aktuell "am Limit und eigentlich auch schon darüber hinaus", obwohl die Lage "bis vor wenigen Monaten (...)  noch machbar" ausgesehen hatte, schilderte der Bürgermeister. Doch welchen Eindruck hinterließ das bei den anderen Talkgästen?

CSU-Chef Söder will Obergrenze für Geflüchtete - Innenministerin Faeser lehnt deutlich ab

Den Vorschlag einer jährlichen Obergrenze für Geflüchtete in Deutschland, wie sie von CSU-Chef Markus Söder angeregt wurde, hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im ARD-Talk klar abgelehnt. "Obergrenzen sind halt insofern nicht einzuhalten, weil wir europäisches Recht haben, internationales Recht, wir können gar nicht das Individualrecht auf Asyl alleine reduzieren", sagte Faeser bei "Anne Will" und fügte hinzu: "Wir sind an die Genfer Flüchtlingskonvention, an die Europäische Menschenrechtskonvention gebunden." Faeser sagte: "Das einzige, was wirklich helfen wird, ist eine europäische Lösung." Da müsse seitens der Europäischen Union mehr kommen an Verteilung. Die Kommunen seien an der Belastungsgrenze. 

Markus Söder fordert Deutschland-Pakt gegen unkontrollierbare Zuwanderung

Der bayerische Ministerpräsident Söder hatte eine "Integrationsgrenze" für die Aufnahme von Geflüchteten von etwa 200.000 Menschen ins Gespräch gebracht. In der Sendung "Anne Will" bekräftigte er, bei der Zahl 200.000 gehe es um eine Richtgröße, "in der Integration in unserem Land noch gelingen kann". Man benötige Grenzschutz, den Stopp von Sonderaufnahmeprogrammen, die nur Deutschland mache, es brauche Rückführung und eine Veränderung der Anreize, beispielsweise beim Bürgergeld. Söder betonte, er sei nicht für die Abschaffung des individuellen Asyls. "Wir brauchen eine Wende hin zu einer nachhaltigen Migrationspolitik." Zudem forderte Söder Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf, das Thema Migration zur Chefsache zu machen.

CSU-Chef Söder fordert Initiative von Bundeskanzler Scholz in Sachen Migration

Für einen Deutschland-Pakt gegen unkontrollierbare Zuwanderung stehe er sofort bereit, sagte Söder. Er forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, bei dem Thema Migration Führung zu zeigen. "Der Bundeskanzler, der wochenlang geschwiegen hat, der müsste jetzt mal ran an das Thema. Der Bundeskanzler muss jetzt auch hier Führung zeigen, und er muss übrigens auch die Grünen überzeugen", forderte Söder. Er wisse nicht, wer in der Regierung blockiere, er vermute die Grünen beim Thema sichere Herkunftsstaaten.

CDU-Chef Merz: Müssen schnell die Zahl der Flüchtlinge reduzieren

CDU-Chef Friedrich Merz unterstützte den Söder-Vorschlag einer Obergrenze. "Ja, das ist machbar. Aber leicht ist es nicht", sagte er der "Augsburger Allgemeinen" (25.09.2023). "Wir reden ja nicht nur über Wohnungen oder Schulen, wir reden auch über Krankenhäuser, vernünftige Ausbildung und echte Integration. Das ist eine gehörige Kraftanstrengung. Die wird uns nur gelingen, wenn diejenigen, die rechtskräftig abgewiesen worden sind, auch konsequent abgeschoben werden."

Merz forderte, die Einreise Tausender Migranten pro Monat nach Deutschland zügig zu begrenzen. "Wir müssen dieses Problem lösen, sonst wächst uns das über den Kopf", sagte er. "Wenn wir die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung und die Integrationsfähigkeit unseres Landes nicht überstrapazieren wollen, müssen wir schnell die Zahlen der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, reduzieren." In diesem Zusammenhang erneuerte er sein Angebot an Scholz, "dass wir als ersten Teil seines Deutschland-Paktes gemeinsam die Flüchtlingskrise lösen".

Droht Deutschland der Kollaps wegen ungebremster Zuwanderung?

Merz erinnerte an eine Äußerung von Ex-Bundespräsident Joachim Gauck, der von einem drohenden Kontrollverlust gesprochen habe. "Er hat gesagt, wir werden hässliche Bilder sehen. Und wenn das so ist, dann müssen wir schnell zu Lösungen kommen, sonst erleben wir diesen Kontrollverlust."

Deutschland sei zu wenig konsequent in der Zurückweisung und auch in der Abschiebung von Asylbewerbern, die keinen Anspruch haben, sagte Merz. "Die Dänen sind da sehr konsequent. Es gibt dort nur noch Sachleistungen und Sammelunterkünfte und Ausreisepflichtige werden dann auch konsequent abgeschoben. Von einer sozialdemokratischen Regierung übrigens, das sind keine Rechtsextremen."

2022 wurden nach Angaben der Bundesregierung knapp 13.000 ausreisepflichtige Personen aus Deutschland abgeschoben. Laut Ausländerzentralregister waren Ende 2022 rund 304.000 Menschen ausreisepflichtig, davon etwa 248.000 mit einer Duldung. Geduldete sind Menschen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können. Das kann etwa daran liegen, dass sie keine Ausweisdokumente haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind haben, das eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Die Duldung ist immer befristet.

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/news.de/dpa

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