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Ukraine-Krieg im News-Ticker: Selenskyj verkündet Rückeroberung von Ortschaft im Gebiet Donezk

Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj soll nächste Woche die USA besuchen. Bild: picture alliance/dpa/kyodo | ---

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will US-Medien zufolge nach seiner geplanten Rede vor der UN-Generalversammlung in New York auch Washington besuchen. In der kommenden Woche seien ein Treffen mit Präsident Joe Biden im Weißen Haus und Gespräche mit Mitgliedern des Kongresses im Kapitol geplant, berichteten unter anderem die "Washington Post", "Bloomberg" und "CNN". Derweil setzt die ukrainische Armee nach eigenen Angaben die russischen Truppen bei der Stadt Bachmut im Donbass weiter unter Druck.

Die US-Medien beriefen sich in ihren Berichten am Donnerstag auf Regierungsquellen, offizielle Angaben zum angeblich geplanten Besuch Selenskyjs in Washington gab es zunächst nicht. Unklar blieb auch, ob der ukrainische Staatschef wie bereits im Dezember eine Rede vor dem Kongress halten würde. Laut Quellen der Politik-Webseite "Punchbowl News" ist seine Washington-Reise für Donnerstag kommender Woche geplant.

Selenskyj dürfte in der US-Hauptstadt um anhaltende Hilfe für sein Land im Abwehrkampf gegen Russland werben. Die USA sind der wichtigste Unterstützer der Ukraine im Krieg, kein Land leistet mehr militärische und finanzielle Hilfe als die Vereinigten Staaten. Derzeit setzt sich Präsident Biden mit seinen Demokraten für zusätzliche Hilfen in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar (umgerechnet 18,6 Milliarden Euro) für militärische, wirtschaftliche und humanitäre Zwecke ein.

Im Senat erfährt die Ukraine seit Kriegsbeginn breite Unterstützung durch beide Parteien, im Repräsentantenhaus nahm zuletzt aber die Kritik an den anhaltenden Hilfszahlungen zu. Dort haben die Republikaner eine knappe Mehrheit.

Selenskyj hatte zuletzt im Dezember 2022 Washington besucht und dabei sowohl Biden getroffen als auch die Rede im Kapitol vor beiden Kammern des Kongresses gehalten. UN-Generalsekretär António Guterres will den Ukrainer bei der UN-Generalversammlung begrüßen, zu der ab Montag mehr als 140 Staats- und Regierungschefs in der Zentrale der Vereinten Nationen am New Yorker East River erwartet werden. Anschließend Selenskyjs Weg dann nach Washington führen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock rief die USA zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung gegen den russischen Angriffskrieg auf. "(Russlands Präsident Wladimir) Putin bekämpft auch Demokratien weltweit und deshalb müssen wir zusammenstehen", sagte sie dem konservativen TV-Sender Fox News. Baerbock begegnete damit auch kritischen Stimmen gerade aus den Reihen der Republikaner, die der Bundesregierung mangelndes Engagement vorwerfen. "Wir sind stärker als die brutale Aggression von Putin", ergänzte die Ministerin. An diesem Freitag setzt sie ihren Washington-Besuch mit Beratungen mit US-Außenminister Antony Blinken fort, bei denen die weitere Unterstützung der Ukraine eine wichtige Rolle spielen dürfte.

Ukraine-Krieg im News-Ticker - alle aktuellen Entwicklungen am 15.09.2023 im Überblick

+++Selenskyj verkündet Rückeroberung von Ortschaft im Gebiet Donezk +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Rückeroberung der Ortschaft Andrijiwka nahe Bachmut im Gebiet Donezk bestätigt. "Für die Ukraine ist es ein bedeutendes und dringend benötigtes Resultat", charakterisierte er die Befreiung Andrijiwkas am Freitagabend in seiner täglichen Videoansprache. Auch in den anliegenden Ortschaften Klischtschijiwka und Kurdjumowka seien die eigenen Truppen aktiv, sagte er.

Die Befreiung von Andrijiwka hatte der Generalstab bereits am Morgen gemeldet, nachdem sich ähnliche Meldungen am Vortag noch als verfrüht herausstellten. Am Freitag gab es ähnliche Verwirrung um den Ort Klischtschijiwka, den die dort kämpfenden ukrainischen Truppen erst als befreit meldeten, um die Erfolgsmeldung dann zurückzunehmen und von noch anhaltenden Kämpfen um das Dorf zu berichten.

Selenskyj ging in seiner Videobotschaft auch auf ein Telefonat mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ein. Er habe ihr für das Ende der Handelsbeschränkungen gegen ukrainisches Getreide gedankt, sagte er. "Europa gewinnt immer, wenn Verträge funktionieren und Versprechen eingehalten werden", mahnte er zugleich bei den Nachbarländern die Einhaltung der EU-Vorschriften an.

Polen und Ungarn hatten die Aufhebung der Beschränkungen kritisiert und wollen Brüssel zum Trotz weiterhin den Import von ukrainischem Getreide verbieten. Selenskyj kündigte Gegenmaßnahmen an, sollten sich die Nachbarn gegen die Ausfuhr ukrainischen Korns sperren. Solches Verhalten sei angesichts der russischen Seeblockade nicht gutnachbarlich, kritisierte Selenskyj.

+++ Weißes Haus bestätigt Selenskyj-Besuch nächste Woche +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will nach seiner geplanten Rede bei der UN-Generalversammlung in New York auch die US-Hauptstadt Washington besuchen. Für nächsten Donnerstag sei ein Treffen mit Präsident Joe Biden und Mitgliedern des Kongresses geplant, um die anhaltende Unterstützung der USA für die Ukraine zu bekräftigen, bestätigte das Weiße Haus am Freitag.

+++ Polen bleibt bei Handelsbeschränkungen für ukrainisches Getreide +++

Polen will entgegen der Entscheidung der EU-Kommission die Handelseinbeschränkungen für ukrainische Getreideprodukte beibehalten. Man wolle auch ohne die Zustimmung Brüssels daran festhalten, sagte Regierungschef Mateusz Morawiecki am Freitag. "Wir werden es tun, weil es im Interesse der polnischen Landwirte ist."

Zuvor hatte die EU-Kommission beschlossen, dass die umstrittenen Beschränkungen aufgehoben werden. Damit stellte sich die Behörde gegen Forderungen aus EU-Staaten wie Polen und Ungarn, die entsprechende Einfuhren zuvor selbst beschränkt hatten. Deutschland hatte die Maßnahmen in der Vergangenheit sehr kritisch gesehen. So hatte Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) in Brüssel immer wieder betont, dass Solidarität mit der Ukraine nicht nur versprochen, sondern auch gelebt werden müsse.

+++ Ukrainisches Getreide: EU-Kommission beendet Handelsbeschränkungen +++

Die EU-Kommission beendet umstrittene Handelseinschränkungen für ukrainische Getreideprodukte. Damit stellt sich die Behörde gegen Forderungen aus EU-Staaten wie Polen und Ungarn, die entsprechende Einfuhren zuvor selbst beschränkt hatten, wie aus Angaben der EU-Kommission von Freitagabend hervorgeht. Deutschland hatte die Maßnahmen in der Vergangenheit sehr kritisch gesehen. So hatte Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) in Brüssel immer wieder betont, dass Solidarität mit der Ukraine nicht nur versprochen, sondern auch gelebt werden müsse.

Noch am Donnerstag hatte sich der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba gegen die Beschränkungen stark gemacht. Keine Form der Aufrechterhaltung der Maßnahmen sei akzeptabel, schrieb Kuleba auf der Online-Plattform X (früher Twitter). Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine konnten zeitweise keine Getreideexporte mehr über das Schwarze Meer aus der Ukraine auf den Weltmarkt gelangen. Auch derzeit sind Lieferungen über das Schwarze Meer riskant. Mitte Juli hatte Russland ein Abkommen über Getreidelieferungen ausgesetzt, obwohl es aus Sicht der Vereinten Nationen wichtig für die sichere Versorgung der Welt mit Lebensmitteln ist.

Angesichts der Schwierigkeiten hatte die EU Handelswege etwa per Straße und Schiene zwischen der Ukraine und den Staaten der Europäischen Union ausgebaut. Landwirte aus östlichen EU-Ländern sahen sich infolgedessen jedoch großer Konkurrenz durch die stark gestiegenen Einfuhren ausgesetzt, woraufhin Länder wie Polen und Ungarn eigenständig den Import bestimmter Waren beschränkten. Die EU-Kommission hatte daraufhin eine einheitliche Regelung eingeführt und Anfang Juni beschlossen, die Einschränkungen bis zum 15. September zu verlängern.

Polen, das eigentlich als enger Verbündeter der Ukraine gilt, hatte angekündigt, die Maßnahmen eigenständig zu verlängern, sollte die EU-Kommission die EU-Beschränkungen auslaufen lassen.

+++ Medien: Russlands General Surowikin mit Militärdelegation in Algerien +++

Der nach dem Putsch der Wagner-Söldner lange verschollene russische General Sergej Surowikin soll nach Medienberichten mit einer Delegation des Verteidigungsministeriums zu Verhandlungen in Algerien sein. Die Reise zeuge davon, dass die Militärführung in Moskau der Kooperation mit dem arabischsprachigen Raum größere Bedeutung zumesse und weiter Vertrauen in Surowikin habe, zitierte die Tageszeitung "Kommersant" am Freitag einen Informanten aus dem Umkreis des Generals.

Das Blatt spekuliert, dass der General einen mit dem Nahostthema verbundenen Posten bekommen könnte. Die Zeitung veröffentlichte Fotos, die den 56-Jährigen in Algerien zeigen sollen. Auch der mit der Wagner-Gruppe verbundene Telegram-Kanal Grey Zone publizierte ähnliche Bilder.

Für Moskau war auf dem afrikanischen Kontinent lange die Söldnertruppe Wagner des Milliardärs Jewgeni Prigoschin aktiv. Prigoschins Einheiten kämpften auch in der Ukraine. Allerdings startete Prigoschin im Juni einen kurzlebigen Aufstand gegen die Militärführung um Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow. Obwohl er den Aufstand selbst beendete und vom Kreml offiziell begnadigt wurde, kam Prigoschin im August bei einem mutmaßlich absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturz ums Leben. Seither versucht das Verteidigungsministerium die Wagner-Verbindungen in Afrika zu übernehmen.

Surowikin war im Angriffskrieg gegen die Ukraine von Oktober 2022 bis Januar 2023 Oberbefehlshaber der russischen Truppen in der Ukraine. Er galt als einer der wichtigsten Verbündeten Prigoschins in der russischen Armee bei dessen Machtkampf mit Schoigu und Gerassimow. Den Aufstand von Prigoschins Wagner-Truppe Ende Juni verurteilte Surowikin zwar öffentlich, er wurde danach aber nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. Mitte August wurde er als Chef der russischen Luft- und Raumfahrttruppen Medienberichten zufolge seines Amtes enthoben. Erst Anfang September tauchte er erstmals wieder in der Öffentlichkeit auf.

+++ Auch Finnland schließt Grenze für in Russland zugelassene Autos +++

Nach den baltischen Staaten untersagt auch Finnland die Einreise mit Autos mit russischem Kennzeichen. Ab Mitternacht in der Nacht zum Samstag ist es nach finnischen Regierungsangaben untersagt, mit Fahrzeugen in das nördliche EU-Land zu kommen, die in Russland registriert sind. Damit folgt Finnland der Linie von Estland, Lettland und Litauen, die ihre Grenze für in Russland zugelassene Fahrzeuge bereits in den vergangenen Tagen dichtgemacht hatten.

Grundlage für den Schritt ist eine Klarstellung der EU-Kommission vom 8. September zur Umsetzung der Sanktionen gegen Russland, die die EU im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verhängt hat. Demnach dürfen in Russland zugelassene Fahrzeuge nicht mehr in das Gebiet der EU einfahren. Finnland ist das EU-Land mit der mit Abstand längsten Grenze zu Russland.

Es soll nur vereinzelte Ausnahmen von der Regel geben, etwa für dauerhaft in Russland lebende EU-Bürger und Diplomaten, wie am Freitag aus einer Mitteilung der finnischen Regierung hervorging. In Russland zugelassene Pkw, die sich bereits in Finnland befinden, müssen demnach bis zum 16. März 2024 außer Landes gebracht werden. An den Anforderungen für die bereits stark beschränkte Einreise von Personen aus Russland nach Finnland ändert sich nichts.

+++ Wüst: Ukraine entscheidet über Zeitpunkt für Friedensgespräche allein +++

Allein die von Russland angegriffene Ukraine entscheidet nach Worten von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, wann der Zeitpunkt für Gespräche über einen Frieden gekommen ist. "Dieser Zeitpunkt, und es tut weh, das hier in Münster zu sagen, er wird auf dem Schlachtfeld entschieden", sagte der CDU-Politiker am Freitag bei der ersten "Westfälischen Friedenskonferenz" in Münster. "Deshalb müssen wir alles tun, die Ukraine dabei zu unterstützen, diesen Krieg zu gewinnen und die russische Invasion zurückzuschlagen." Die Ukraine wehrt mit westlicher Hilfe seit Februar 2022 eine Invasion Russlands ab.

Das Ende des Krieges hänge "auch von unserer Entschlossenheit ab, die Ukraine zu unterstützen", sagte Wüst (CD) vor mehreren hundert Konferenz-Teilnehmenden, darunter auch Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko. Staaten müssten frei über ihr Schicksal entscheiden können. "Frieden ohne diese Freiheit ist Friedhofsruhe." Ähnlich hatte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bei der Tagung zuvor unterstrichen, die Ukraine entscheide selbst, wann der Zeitpunkt für Verhandlungen gekommen sei. Den ersten Schritt müsse Russlands Präsident Wladimir Putin machen und seine Truppen zurückziehen.

+++ Litauen: Gespräche über Stationierung von deutscher Brigade +++

Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis und der neue deutsche Botschafter Cornelius Zimmermann haben am Freitag die Stationierung der geplanten deutschen Brigade zum verstärkten Schutz des baltischen Nato-Partners besprochen. "Wir haben eine wichtige gemeinsame Aufgabe vor uns und sind froh, dass wir sie gemeinsam mit einem so starken und zuverlässigen Partner wie Deutschland bewältigen können", sagte Landsbergis nach dem Treffen in Vilnius.

Deutschland will rund 4000 Soldaten als eigenständig handlungsfähigen und gefechtsbereiten Verband in Litauen stationieren. Der Baltenstaat grenzt an die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad und Russlands Verbündeten Belarus. Mit der Stationierung soll dem Bedürfnis des Nato-Partners nach einer verstärkten Abschreckung Rechnung getragen werden. Die Pläne sind auch eine Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Nach Bundeswehr-Angaben sollen das Konzept für die Verlegung bis Ende des Jahres ausgearbeitet sein. Litauen will bis 2026 die notwendige Infrastruktur schaffen.

+++ Vitali Klitschko in Münster: Brauchen weiter Waffen +++

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hat Deutschland für umfassende Hilfen gedankt und erneut appelliert, bei der militärischen Unterstützung nicht nachzulassen. Erst an dem Tag, an dem es wieder Frieden in der Ukraine gebe, brauche das Land keine Waffen-Lieferungen mehr, sagte Klitschko am Freitag bei der ersten "Westfälischen Friedenskonferenz" in Münster. Die Ukraine wehrt mit westlicher Hilfe seit Februar 2022 eine russische Invasion ab. Mit den bereitgestellten Waffensystemen fühlten sich die Menschen heute in der Hauptstadt Kiew "zigmal sicherer als vor einem Jahr". Man rechne aber damit, dass es im Winter erneut verstärkte Angriffe auf die Infrastruktur geben werde.

Allein in Kiew seien seit Beginn des Angriffskriegs mehr als 180 Zivilisten getötet worden, auch Kinder, schilderte Klitschko. Über 700 Gebäude seien zerstört worden, darunter viele Wohnhäuser. Die Bürger von Kiew hätten über 800 Mal einen Luftalarm erlebt und viel Zeit unter der Erde im Bunker verbracht, berichtete der Bürgermeister in eindringlichen Worten. Fahre man durchs Land, sehe man menschenleere Dörfer und Städte, viele seien ohne Arbeit und Obdach. Der Wille, die Ukraine zu verteidigen, sei in der Bevölkerung ungebrochen.

+++ Ukraine erhält weitere 51 tote Soldaten zurück +++

Die Ukraine hat weitere 51 Soldatenleichen von der russischen Seite zurückerhalten. Insgesamt seien damit 1832 Leichen zurückgebracht worden, teilte der Koordinationsstab für Belange von Kriegsgefangenen am Freitag bei Telegram mit. Die Rückführung sei zusammen mit Generalstab und Innenministerium organisiert worden. Nicht mitgeteilt wurde, ob der Gegenseite ebenso Tote übergeben wurden.

Russland ist vor fast 19 Monaten in die Ukraine einmarschiert. Beide Seiten halten ihre Verluste geheim. US-amerikanische Schätzungen gingen zuletzt von rund 70 000 toten ukrainischen und etwa 120 000 getöteten russischen Soldaten aus.

+++ Russland kritisiert mögliche Waffenlieferungen an die Ukraine +++

kalation, einer Ignoranz gegenüber den offensichtlichen Risiken» einer solchen Entscheidung. Zugleich behauptete er allerdings auch, dass diese Waffen auf dem Schlachtfeld nichts verändern würden. Gefährlich sei, dass die Nato-Länder und andere Unterstützer der Ukraine sich am Verhalten der USA orientierten, sagte Rjabkow der Agentur Tass zufolge.

Die von Russland angegriffene Ukraine bittet die USA seit langem um die ATACMS (englisch: Army Tactical Missile System), die eine Reichweite bis zu 300 Kilometer haben. Die Kurzstreckenraketen werden von Himars-Mehrfachraketenwerfern abgefeuert, mit denen Kiew schon vergangenes Jahr ausgerüstet worden ist. Die Ukraine könnte mit den Raketen Versorgungslinien der russischen Armee tief im besetzten Gebiet treffen. Die US-Regierung unter Präsident Joe Biden lehnt eine Lieferung bislang noch ab. Doch in Washington deutet sich eine Kehrtwende an, wie am Freitag das "Wall Street Journal" berichtete.

Zu den Waffen mit Reichweiten über Hunderte Kilometer zählen auch die Marschflugkörper Storm Shadow und Scalp, die Kiew aus Großbritannien und Frankreich bekommen hat. Nach britischen Berichten wurden bei der Beschädigung zweier Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol in dieser Woche solche Storm Shadow eingesetzt.

In diese Kategorie würden auch die Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite bis zu 500 Kilometern fallen, um die Kiew Deutschland bittet. Auch in Berlin scheint eine Entscheidung näherzurücken. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat seine Zusage zur Lieferung stärkerer Waffen schon mehrfach mit ähnlichen Schritten der USA verknüpft.

+++ USA und Südkorea warnen vor Militärkooperation Moskaus mit Nordkorea +++

Die USA und ihr Verbündeter Südkorea warnen mit Nachdruck vor einer Militärkooperation zwischen Nordkorea und Russland. Jeder Waffenhandel Moskaus mit Pjöngjang würde gegen bestehende UN-Beschlüsse verstoßen, die sich gegen das Atomwaffenprogramm Nordkoreas richten, betonten Teilnehmer der gemeinsamen Strategie- und Beratungsgruppe über die erweiterte Abschreckung (EDSCG) bei ihrem vierten Treffen am Freitag in Seoul. Beide Seiten seien sich einig, dass Nordkorea und Russland in dem Fall "einen Preis" zahlen müssten, sagte der südkoreanische Vizeaußenminister Chang Ho Jin laut der Nachrichtenagentur Yonhap.

Unter erweiterter Abschreckung verstehen die USA die "volle Bandbreite" ihrer militärischen Fähigkeiten zur Verteidigung Südkoreas - einschließlich Atomwaffen. Chang rief speziell Russland dazu auf, als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats müsse es sich verantwortlich verhalten. Washington und Seoul haben sich zuletzt mehrfach angesichts der Verhandlungen Moskaus mit Pjöngjang über mögliche Rüstungsgeschäfte besorgt geäußert.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un am Mittwoch im Weltraumbahnhof Wostotschny im Fernen Osten Russlands empfangen. Ob Vereinbarungen über Waffenlieferungen getroffen wurden, wurde offiziell nicht bekannt gegeben. Die USA befürchten, dass Putin große Mengen Artilleriemunition und Raketen aus Nordkorea beziehen will, um sie im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine einzusetzen. Kim könnte im Gegenzug auf russische Technologie etwa für den Bau von Satelliten oder Atom-U-Booten hoffen.

Die EDSCG berät auf der Ebene von Vizeministern und Staatssekretären. Die Gruppe war nach längerer Unterbrechung im vergangenen Jahr wiederbelebt worden.

+++ Putin verteidigt Zusammenarbeit mit Nordkorea +++

Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Zusammenarbeit seines Landes mit der kommunistischen Diktatur Nordkorea verteidigt. "Wir stellen für niemanden eine Bedrohung dar", sagte Putin am Freitag in Sotschi, wo er sich mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko traf. Korea sei Russlands Nachbar, und die Lage auf der geteilten koreanischen Halbinsel sei besonders. Aber Moskau verletze keine internationalen Sanktionen gegen das wegen seiner Atompläne geächtete Land, sagte Putin.

Zwei Tage zuvor hatte Putin mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un eine engere Kooperation vereinbart. Dabei waren im Westen Befürchtungen laut geworden, Russland werde in Nordkorea Munition für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine kaufen. Kremlsprecher Dmitri Peskow dementierte dies. Bei dem Besuch von Kim seien keine militärtechnischen Abkommen geschlossen worden, sagte er der Agentur Interfax zufolge. Putin sagte, es sei auch Unsinn, dass Russland angeblich nordkoreanische Freiwillige in der Ukraine einsetzen wolle.

Der Kremlchef berichtete Lukaschenko über das Treffen mit Kim. Der autoritäre belarussische Machthaber regte an, über dreiseitige Projekte zwischen Russland, Nordkorea und seinem Land nachzudenken. Für Lukaschenko war die Visite in Sotschi am Schwarzen Meer das siebte Treffen mit Putin in diesem Jahr. Er verdankt seinen Machterhalt nach der mutmaßlich gefälschten Präsidentenwahl und Massenprotesten der Bevölkerung 2020 sehr wesentlich der Moskauer Unterstützung.

Belarus habe Russland wie gewünscht 60 000 Tonnen Benzin und Diesel geliefert, um den Treibstoffmarkt zu stabilisieren, sagte Lukaschenko russischen Agenturen zufolge. Angesichts der westlichen Sanktionen gegen beide Länder sagte Lukaschenko: "Ja, wir leben etwas ärmer, ein kleines bisschen." Aber im kommenden Jahr könne der Wirtschaftsaustausch zwischen Russland und Belarus wieder das Niveau der Zeit vor den Sanktionen erreichen.

+++ Über 32 000 jüdische Pilger in ukrainischer Stadt eingetroffen +++

In der ukrainischen Stadt Uman sind trotz des russischen Angriffskrieges Zehntausende Pilger zum jüdischen Neujahrsfest eingetroffen. Das ukrainische Innenministerium nannte am Freitag eine Zahl von mehr als 32 300 Chassiden - wie die Anhänger dieser jüdisch-orthodoxen Glaubensrichtung genannt werden - die schon in der Stadt seien. Allein seit Donnerstag seien mehr als 10 000 in die Ukraine eingereist. Um Uman wurden aus Sicherheitsgründen Kontrollpunkte errichtet, an denen die Pilger kontrolliert und registriert werden. Die Feiern werden bis Sonntag gehen.

Jedes Jahr pilgern Zehntausende orthodoxe Juden zum jüdischen Neujahr nach Uman zum Grab des Rabbi Nachman. Die knapp 200 Kilometer südlich der Hauptstadt Kiew gelegene Kreisstadt hatte vor dem russischen Einmarsch vom Februar 2022 dabei nur etwas über 80 000 Einwohner. Uman ist mehrfach von Angriffen russischer Raketen und Drohnen betroffen gewesen. Israel hat seine Bürger daher auch verstärkt vor Reisen in das Kriegsgebiet gewarnt.

+++ Pistorius: Ukraine entscheidet selbst über Verhandlungen +++

- Die von Russland angegriffene Ukraine entscheidet nach Worten von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) selbst, wann der Zeitpunkt für Verhandlungen gekommen ist. Den ersten Schritt aber müsse Russlands Präsident Wladimir Putin machen. "Am Ende ist Putin derjenige, der diesen Krieg beenden kann, indem er morgen seine Truppen zurückzieht", sagte Pistorius am Freitag in der Eröffnungsrede zur ersten "Westfälischen Friedenskonferenz" in Münster. Der Kremlchef lasse allerdings nicht erkennen, dass er nachlassen werde. Solange das der Fall sei, entscheide die Ukraine, wann der Zeitpunkt gekommen sei, über Frieden oder einen Waffenstillstand zu verhandeln.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert für einen Frieden mit Russland unter anderem den vollständigen Abzug russischer Truppen von ukrainischem Territorium - einschließlich der Halbinsel Krim und Reparationszahlungen.

Die Ukraine wehrt mit westlicher Hilfe seit Februar 2022 eine russische Invasion ab. Nach Einschätzung von Pistorius stellt sich Putin auf einen langen Konflikt ein. Der Kremlchef werde versuchen, Pausen zu bekommen, in denen er die Aufrüstung vorantreiben könne. "Denn sein Ziel ist nicht nur die Ukraine, davon bin ich fest überzeugt. Und darauf müssen wir uns einstellen."

Pistorius glaubt nach eigenen Worten, dass der Krieg militärisch für die Ukraine zu gewinnen sei. Aber völlig sicher sagen könne er das nicht. "Wir wissen nicht, auf was sich Putin wirklich einstellt." In seiner Rede bekräftigte Pistorius die Entschlossenheit des Westens, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf weiter zu unterstützen. "Eine gewaltsame, willkürliche Veränderung der politischen Landkarte Europas werden wir nicht hinnehmen."

+++ London: Getroffene russische Schiffe langfristig außer Gefecht +++

Die bei ukrainischen Drohnenangriffen im Krim-Hafen von Sewastopol getroffenen russischen Schiffe sind nach Einschätzung britischer Militärexperten auf lange Sicht außer Gefecht gesetzt. Das geht aus dem täglichen Geheimdienstbericht zum Krieg in der Ukraine des Verteidigungsministeriums in London am Freitag hervor.

Das Landungsschiff "Minsk" und das U-Boot "Rostow-na-Donu" hätten für Reparaturen in einem Trockendock gelegen, als sie in der Nacht zum Mittwoch getroffen wurden, hieß es in der Mitteilung. "Obwohl das russische Verteidigungsministerium die Schäden an den Schiffen herunterspielt, legen offen zugängliche Quellen nahe, dass die 'Minsk' beinahe sicher funktionell zerstört wurde und die 'Rostow' wahrscheinlich katastrophale Schäden erlitt." Jegliche Bemühungen, das U-Boot wieder in Dienst zu nehmen, dürfte demnach "viele Jahre dauern und Hunderte Millionen Dollar kosten".

Es sei auch eine realistische Möglichkeit, dass die Aufgabe, die Wracks aus den Trockendocks zu entfernen, diese monatelang unbrauchbar machen werde, hieß es weiter. Das würde für die russische Schwarzmeerflotte eine "erhebliche Herausforderung für die Wartung ihrer Schiffe darstellen". Der Verlust der "Rostow" schalte zudem eines von vier russischen U-Booten im Schwarzen Meer aus, das die Fähigkeit hatte, Marschflugkörper abzufeuern. Diese hätten eine bedeutende Rolle bei Schlägen gegen die Ukraine gespielt und seien von großer Bedeutung für Russland als militärische Macht in der Region.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.

+++ Ukrainische Flugabwehr wehrt Drohnenangriff auf Westen des Landes ab +++

Die ukrainische Flugabwehr hat nach eigenen Angaben in der Nacht zu Freitag einen Angriff russischer Kampfdrohnen auf das Gebiet Chmelnyzkyj im Westen des Landes abgewehrt. Alle 17 eingesetzten russischen Drohnen iranischer Bauart seien abgeschossen worden, teilte die Luftwaffe mit. Unabhängig überprüfbar waren die Militärangaben nicht.

Der Mitteilung zufolge waren die Drohnen an der russischen Küste des Asowschen Meeres gestartet worden und dann auf verschiedenen Routen in die Westukraine geflogen. Deshalb herrschte in vielen ukrainischen Gebieten in der Nacht Luftalarm. Angaben zu Schäden durch herabstürzende Raketenteile gab es zunächst nicht. Nahe der Stadt Starokostjantyniw im Gebiet Chmelnyzkyj ist eine wichtige Basis der ukrainischen Luftwaffe, die schon mehrfach von Russland angegriffen wurde. Die Ukraine verteidigt sich seit Februar 2022 gegen eine russische Invasion.

+++ Ukrainisches Militär meldet Eroberung von Dorf bei Bachmut +++

Die ukrainische Armee hat die Rückeroberung eines Dorfes südlich der russisch besetzten Stadt Bachmut im Osten des Landes gemeldet. Der Ort Andrijiwka etwa zehn Kilometer von Bachmut sei eingenommen worden, wobei man dem Feind schwere Verluste zugefügt habe. Das teilte der ukrainische Generalstab in seinem morgendlichen Lagebericht für Freitag mit.

Zur Lage in Andrijiwka hatte es am Vortag widersprüchliche Angaben gegeben. Vor Ort eingesetzte Truppen dementierten Informationen der Kiewer Führung, dass der Ort an einer Bahnlinie bereits unter ukrainischer Kontrolle sei. Die Lage sei sehr dynamisch gewesen und habe sich im Lauf des Tages mehrmals geändert, schrieb Vizeverteidigungsministerium Hanna Maljar am Freitag auf Telegram.

Die russische Armee und die Söldnertruppe Wagner hatten Bachmut nach monatelangen Kämpfen mit schwersten Verlusten im Mai unter Kontrolle gebracht. Die ukrainischen Truppen verteidigten die völlig zerstörte Stadt hinhaltend, damit die russische Armee sich aufreibt. In ihrer Gegenoffensive versuchen die Ukrainer nun, an den Flanken von Bachmut vorzudringen.

+++ USA verhängen Sanktionen gegen 150 weitere Unterstützer Putins +++

Die USA weiten unterdessen ihre Sanktionen gegen Unterstützer von Kremlchef Putin aus. Mehr als 150 Personen und Firmen werden mit neuen Strafmaßnahmen belegt, wie die Regierung in Washington mitteilte. Ziel sei es, "Russlands militärische Lieferketten ins Visier zu nehmen und Putin die Ausrüstung, Technologie und Dienstleistungen zu entziehen, die er für seinen barbarischen Krieg gegen die Ukraine benötigt", sagte Finanzministerin Janet Yellen.

+++ Russland weist zwei US-Diplomaten aus +++

Umgekehrt weist Russland nach offiziellen Angaben zwei Mitarbeiter der US-Botschaft aus. Der erste und zweite Sekretär der diplomatischen Vertretung seien zu unerwünschten Personen erklärt worden und müssten innerhalb von sieben Tagen ausreisen, teilte das russische Außenministerium mit. Ihnen werde Einmischung in die inneren Angelegenheiten vorgeworfen, hieß es zur Begründung.

+++ Internationaler Strafgerichtshof eröffnet Büro in Kiew +++

Zur Aufklärung mutmaßlicher russischer Kriegsverbrechen hat der Internationale Strafgerichtshof ein Büro in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eröffnet. Es handele sich um die größte Außenstelle des Gerichtshofs außerhalb seines Hauptsitzes im niederländischen Den Haag, sagte Präsident Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Die internationalen Ermittlungen trügen dazu bei, "Gerechtigkeit für die Ukraine und für unser gesamtes Volk" wiederherzustellen.

+++ Heftige Kämpfe um Dörfer bei Bachmut +++

Bei ihrer Gegenoffensive kämpft die ukrainische Armee nach eigenen Angaben hart um drei Dörfer südlich der Stadt Bachmut. Ursprüngliche Aussagen von Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar, wonach das Dorf Andrijiwka bereits befreit sei, dementierte die Armee wenig später.

In der Nacht zum Donnerstag attackierte die ukrainische Armee eigenen Angaben zufolge zwei russische Patrouillenboote unweit der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim mit Wasserdrohnen. "Es gibt einige Schäden", erklärte die Abteilung der Armee für strategische Kommunikation. Unabhängig überprüfen ließ sich das zunächst nicht. Russland hat bislang lediglich einen Angriff auf die "Sergej Kotow" eingeräumt, eines der Patrouillenboote seiner Schwarzmeerflotte - behauptet jedoch, alle fünf von der Ukraine eingesetzten Wasserdrohnen abgewehrt zu haben.

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