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Ukraine-Krieg, Tag 473 im News-Ticker: Russland und die Ukraine tauschen erneut Kriegsgefangene aus

Das russische Militär will vier weitere Leopard-Panzer aus Deutschland zerstört haben. Bild: picture alliance/dpa/AP | ryna Rybakova

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich nach einem überraschenden Besuch von Kanadas Premierminister Justin Trudeau für neue Militärhilfe aus Ottawa bedankt. Wichtig sei vor allem die Lieferung von Artilleriemunition, sagte er am Samstag in seiner täglichen Videoansprache. Er lobte zudem Kanadas Einsatz für eine internationale Koalition, die der Ukraine bei der Beschaffung westlicher Kampfjets helfen soll.

Im Gegenzug sei Kiew bereit, Kanada bei der Bekämpfung der dortigen Waldbrände zu helfen, falls eine solche Unterstützung nötig sei, sagte Selenskyj. Zugleich rief er internationale Hilfsorganisationen erneut dazu auf, sich angesichts der verheerenden Überschwemmungen nach der Staudamm-Zerstörung in der Südukraine auf von Russland besetztem Gebiet zu engagieren. Am rechten, ukrainisch kontrollierten Dnipro-Ufer seien inzwischen 3000 Menschen vor den Wassermassen in Sicherheit gebracht worden. Im russisch kontrollierten Gebiet erhielten die Menschen aber keine wirkliche Hilfe aus Moskau, sagte Selenskyj.

Ukraine-Krieg im News-Ticker - alle aktuellen Geschehnisse am 11.06.2023 im Überblick

+++ Russland und die Ukraine tauschen erneut Kriegsgefangene aus +++

Die Ukraine und Russland haben bei einem neuen Gefangenenaustausch jeweils mehr als 90 Männer wieder freigelassen. Kiew habe 95 Verteidiger zurückerhalten, die unter anderem bei Kämpfen um die Städte Bachmut und Mariupol in russische Gefangenschaft geraten seien, teilte der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, in seinem Blog im Nachrichtenkanal Telegram mit. "Viele von unseren Leuten wurden verletzt in Gefangenschaft", sagte er. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau meldete die Freilassung von 94 eigenen Kämpfern aus ukrainischer Gefangenschaft.

Die freigelassenen russischen Soldaten sollen in medizinischen Einrichtungen des Ministeriums behandelt werden und eine Reha durchlaufen, hieß es in der Mitteilung der Behörde. In Kiew sagte Jermak auch, dass Präsident Wolodymyr Selenskyj es als eine der Hauptaufgaben festgelegt habe, alle Soldaten aus russischer Kriegsgefangenschaft in die Ukraine zurückzuholen. Daran werde jeden Tag 24 Stunden gearbeitet, sagte er. Russland und die Ukraine haben in dem seit 15 Monaten andauernden Krieg bereits mehrfach Gefangene ausgetauscht. Zuletzt hatte es Ende Mai einen größeren Gefangenaustausch gegeben.

+++ Ukrainer verkünden Befreiung von Dorf im Gebiet Donezk +++

Ukrainische Soldaten haben nach Militärangaben aus Kiew im größtenteils von Russland besetzten Gebiet Donezk den Ort Blahodatne befreit. Die Truppen veröffentlichten am Sonntag ein Video, auf dem das Hissen der ukrainischen Flagge auf einem halbzerstörten Gebäude zu sehen ist. Es seien auch Gefangene genommen worden, hieß es. Von russischer offizieller Seite gab es dazu zunächst keine Stellungnahme. Die russische Armee behauptet seit Tagen, sie wehre die ukrainische Offensive ab.

Allerdings meldeten auch kremlnahe russische Militärblogger, dass Blahodatne aufgegeben worden sei, weil Moskaus Kämpfer dort eine Einkesselung befürchtet hätten. Demnach wurde zudem das Dorf Neskutschne eingenommen. Auch das Dorf Lobkowe im Gebiet Saporischschja soll von russischer Besatzung befreit sein.

+++ Experten sehen bei ukrainischer Offensive lokale Erfolge für Kiew +++

Die ukrainischen Streitkräfte haben bei ihrer Offensive gegen die russische Armee im Gebiet Saporischschja im Süden des Landes nach Einschätzung westlicher Experten lokale Erfolge erzielt. Die Gewinne gebe es im Westen des Gebiets Saporischschja und dort im Südwesten und Südosten der Stadt Orichiw, teilte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington mit. Insgesamt gebe es ukrainische Offensivhandlungen an vier Abschnitten der Front, hieß es. Dagegen hatte das russische Militär mitgeteilt, die Angriffe dort und im Gebiet Donezk um die Stadt Bachmut erfolgreich abgewehrt zu haben.

Die ukrainischen Luftstreitkräfte informierten am Sonntag auch über den erneuten Abschuss von sechs Drohnen im Gebiet Charkiw und Sumy an der Grenze zu Russland. Am Samstag hatte die ukrainische Luftabwehr mitgeteilt, dass 2 Marschflugkörper und 20 Drohnen abgeschossen worden seien. Demnach hatte Russland 35 Drohnen und 8 Raketen auf Ziele in der Ukraine abgefeuert - auf militärische und wichtige Infrastruktur-Objekte. Die russischen Angriffe richteten sich demnach neben Odessa auch gegen Ziele in der Region Poltawa und in Charkiw.

Auch russische Regionen meldeten erneut Beschuss von ukrainischer Seite. In der Region Kaluga schlugen laut Behörden zwei Drohnen ein. Über Verletzte oder größere Schäden war zunächst nichts bekannt. Im an die Ukraine grenzenden Gebiet Belgorod, das seit Tagen beschossen wird, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow am Sonntag mit, dass ein Güterzug mit 15 leeren Waggons entgleist sei. Verletzte gab es demnach nicht, der regionale Zugverkehr musste vorübergehend eingestellt werden. Die Hintergründe waren zunächst unklar.

+++ London: Staudamm-Zerstörung mit Folgen für Wasserversorgung der Krim +++

Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine dürfte nach britischen Erkenntnissen Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung der russisch besetzten Krim-Halbinsel haben. Der Dammbruch habe mit ziemlicher Sicherheit schwere Beeinträchtigungen der wichtigsten Frischwasserquelle der Krim, dem Nord-Krim-Kanal, verursacht, teilte das britische Verteidigungsministerium am Sonntag mit. Das Wasser aus dem Kachowka-Reservoir werde bald aufhören, über den Kanal Richtung Krim zu fließen.

Dies werde die Verfügbarkeit von Süßwasser im Süden des Gebietes Cherson und im Norden der Krim verringern, schrieben die Briten in ihrem täglichen Geheimdienst-Update. Russland werde den unmittelbaren Wasserbedarf der Bevölkerung jedoch vermutlich unter anderem mit Hilfe von Reservoirs, Wasserrationierungen und der Lieferung von russischem Flaschenwasser auffangen.

Die Gemeinden sowohl auf der ukrainisch kontrollierten wie auf der russisch besetzten Seite des Flusses Dnipro seien gleichzeitig mit einer Sanitärkrise mit eingeschränktem Zugang zu sicherem Trinkwasser und einem erhöhten Risiko von Krankheiten konfrontiert.

+++ Kanada kündigt neue millionenschwere Militärhilfen für Kiew an +++

Mit Blick auf die Zerstörung des Kachowka-Staudamms stelle Kanada weitere zehn Millionen Kanadische Dollar (knapp sieben Millionen Euro) für humanitäre Hilfe bereit, sagte Trudeau bei seinem Besuch in Kiew. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Selenskyj bekräftigte er am Samstag die fortlaufende Unterstützung für das von Russland angegriffene Land. "Kanada steht an der Seite der Ukraine mit allem, was nötig ist und solange es nötig ist", sagte er. "Das ist ein folgenreicher Moment für die Ukraine, aber auch ein folgenreicher Moment für die Welt."

Trudeau sagte der Ukraine weitere Militärhilfen im Umfang von etwa 500 Millionen kanadischen Dollar (knapp 350 Millionen Euro) zu. Außerdem werde sich Kanada dem multinationalen Ausbildungsprogramm für ukrainische Kampfpiloten und der Wartung von Kampfpanzern des Typs Leopard anschließen. Der nordamerikanische Nato-Staat hat Kiew nach eigenen Angaben seit Beginn des russischen Angriffskriegs bereits Militärhilfen im Umfang von mehr als einer Milliarde Dollar zur Verfügung gestellt.

+++ Selenskyj: Ukrainische Gegenangriffe laufen +++

In seiner Videobotschaft ging Selenskyj nur am Rande auf die Gefechte im Süden des Landes ein, nachdem er zuvor den Beginn von ukrainischen Gegenangriffen entlang der Front bestätigt hatte. Im Rahmen der Verteidigung liefen Gegenangriffe in der Ukraine, sagte er am Samstag bei einer Pressekonferenz in Kiew. "In welchem Stadium sie sind, werde ich detailliert nicht sagen." Er ließ damit offen, ob es sich um den Beginn der seit Monaten erwarteten ukrainischen Gegenoffensive handelt.

Zugleich widersprach Selenskyj Russlands Präsident Wladimir Putin, der am Vortag erklärt hatte, die ukrainische Gegenoffensive habe begonnen, jedoch habe Kiew seine selbst gestellten Ziele dabei nicht erreicht. Er würde weder Telegram-Kanälen noch Putin glauben, die das Scheitern der Offensive erklärten, sagte Selenskyj. Er sei täglich im Gespräch mit seinen Generälen und die seien "in guter Stimmung". "Das können Sie Putin so mitteilen." Vertrauen könne man nur dem ukrainischen Militär.

Der ukrainische Generalstab hat bislang öffentlich noch nichts zum Beginn der Gegenoffensive mitgeteilt. Die Offensive wird seit März erwartet. Kiew hat von westlichen Verbündeten zahlreiche Waffensysteme bekommen, unter anderem deutsche Schützenpanzer vom Typ Leopard. Mit der Großoffensive will die ukrainische Führung von Russland besetzte Territorien zurückerobern. Zuletzt gab es Berichte über schwere Gefechte im Süden der Ukraine.

+++ Russisches Militär will vier weitere Leopard-Panzer zerstört haben +++

Das russische Militär hat nach eigenen Angaben weitere Vorstöße der Ukrainer im Gebiet Saporischschja und im südlichen Donezk abgewehrt und den Angreifern dabei hohe Verluste zugefügt. "Die Gesamtverluste der ukrainischen Streitkräfte in den genannten Gebieten innerhalb eines Tages beliefen sich auf bis zu 300 Soldaten, 9 Panzer, darunter 4 Leoparden, und 11 Kampfpanzer, darunter 5 amerikanische Bradley", sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Samstag. Auch eine französische Haubitze vom Typ Cesar sei zerstört worden. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

Angriffe habe es nahe der Stadt Orichiw und an der Grenze zwischen den Gebieten Saporischschja und Donezk südlich der Ortschaft Welyka Nowosilka gegeben, sagte Konaschenkow. "Alle Attacken des Gegners wurden zurückgeschlagen", hieß es weiter - zudem seien zwei ukrainische Marschkolonnen von der russischen Artillerie getroffen worden. Das Verteidigungsministerium präsentierte anschließend Bilder zerstörter Panzer. Angaben des Ministeriums zu Verlusten der ukrainischen Seite haben sich in der Vergangenheit oft als übertrieben herausgestellt.

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