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News-Update zum Ukraine-Krieg an Tag 464:      Ukraine-Krieg im News-Ticker - Alle aktuellen Entwicklungen am 28.05.2023 im Überblick

Im Abwehrkampf gegen Russland hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die deutsche Bundesregierung um die Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ Taurus gebeten. Bild: picture alliance/dpa/APA Images via ZUMA Press Wire | President Of Ukraine

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Deutschland für die weitere Lieferung verschiedener Verteidigungsausrüstung und Waffen gedankt. Gestärkt würden dadurch die Flugabwehr und insgesamt die Verteidigungskraft gegen den russischen Terror, sagte Selenskyj in seiner am Samstag (27.05.2023) in Kiew verbreiteten abendlichen Videobotschaft. Details nannte er nicht. Er dankte auch Finnland für ein neues Verteidigungspaket sowie Kanada und Island. Zugleich kündigte er noch härtere Sanktionen gegen Russland an, um den Krieg des Landes gegen die Ukraine zu beenden.

+++ Selenskyj plant neue Sanktionen gegen Russland +++

"Heute ist ein weiterer Sanktionstag", sagte Selenskyj. Er habe 220 Firmen und 51 Personen auf die Liste derer gesetzt, die "für den Terror arbeiten". Die meisten seien Rüstungsbetriebe, die in Verbindung mit russischen Unternehmen stünden. "Unternehmen, die dem Krieg dienen." Nicht alle von ihnen seien auf russischem Boden tätig. "Aber alle werden den globalen Druck abbekommen", sagte er.

Die ukrainischen Behörden sammelten Daten von allen, die Russlands Krieg unterstützten und setzten sich für ihre Bestrafung auch auf internationaler Ebene ein. "Russland wird nichts gewinnen und alles verlieren. So wird es allen ergehen, die ihm in diesem Terror helfen", sagte Selenskyj. Er dankte Japan, das in dieser Woche ein neues Sanktionspaket erlassen habe. Auch die EU setzte bereits zehn Sanktionspakete gegen Russland in Kraft. Im Westen ist derweil die Sorge groß, dass Russland die Strafmaßnahmen mit Hilfe von Drittstaaten umgeht und deshalb kaum unter Druck gerät.

Russland betont trotz spürbarer Probleme und wirtschaftlicher Nachteile, dass die Sanktionen den Krieg in der Ukraine nicht stoppen könnten. Das Land besteht darauf, seine Kriegsziele zu erreichen. Durch den Verkauf von Öl und Gas etwa an China verdient die Rohstoffgroßmacht weiter Milliarden, die auch der Kriegswirtschaft des Landes helfen. Russlands Präsident Wladimir Putin meinte wiederholt, die immer neuen Sanktionen machten das Land am Ende stärker.

+++ Ukraine reagiert ablehnend auf russische Forderungen +++

Unterdessen erteilte die Ukraine russischen Forderungen für mögliche Verhandlungen zur Beendigung des Krieges erneut eine klare Absage. Die zivilisierte Welt müsse anerkennen, dass "Putin und seine Clique" keine legitimen Vertreter Russlands auf internationaler Bühne seien, sagte der Berater von Selenskyj, Mychajlo Podoljak. "Deshalb gibt es mit ihnen nichts zu besprechen", schrieb er im Nachrichtendienst Twitter. Russland müsse von allen internationalen Institutionen entfernt werden. "Wenn das Regime wechselt, werden wir mit den Nachfolgern sprechen."

Zuvor hatte der russische Vizeaußenminister Michail Galusin sieben Forderungen aufgestellt, um einen Frieden mit der Ukraine zu erreichen. Er nannte etwa das Ende der ukrainischen Kampfhandlungen und einen Stopp der westlichen Waffenlieferungen an das Land. Außerdem müsse die Ukraine auf einen Beitritt zur Nato und zur EU verzichten, sagte er der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Neu ist die Forderung, dass die Ukraine auch Russisch als eine Amtssprache zulassen soll.

Podoljak bezeichnete die Forderungen als neuen Beweis der "Unfähigkeit der russischen Führung". Er zählte wiederum bei Twitter die Forderungen Kiews für Friedensgespräche auf, darunter der Abzug aller russischen Soldaten vom Gebiet der Ukraine und die Übergabe aller "Kriegsverbrecher" und "Initiatoren des Krieges" an das Land. Auf russischem Gebiet müsse es eine entmilitarisierte Zone geben und eine Reduzierung der Angriffswaffen. Zudem müsse Russland Reparationszahlungen leisten und atomar abrüsten.

+++ Kiews Geheimdienst räumt Beteiligung am Anschlag auf Krim-Brücke ein +++

Mehr als sieben Monate nach der Explosion auf der Krim-Brücke bestätigte nun der ukrainische Geheimdienstchef Wassyl Maljuk die Beteiligung Kiews daran erstmals offiziell. "Da es sich hierbei um einen Logistik-Weg handelt, den wir dem Feind abschneiden mussten, wurden entsprechende Maßnahmen ergriffen", sagte der Chef des Inlandsgeheimdienstes SBU in einem Youtube-Interview des ukrainischen Journalisten Dmytro Komarow. Details des Einsatzes nannte er nicht. Die Bilder vom Brand auf der Brücke infolge der Explosion am 8. Oktober - in der Nacht nach dem 70. Geburtstag Putins - gingen um die Welt.

Die tagelang gesperrte, inzwischen aber reparierte Brücke, die vom russischen Festland auf die bereits 2014 von Russland annektierte Halbinsel Krim führt, gilt als wichtiger Versorgungsweg für den Krieg gegen die Ukraine. Maljuk sagte, die Ukraine habe im Einklang mit den "Traditionen der Kriegsführung" gehandelt.

Außerdem erklärte er, der Geheimdienst SBU habe zu Beginn des russischen Angriffskrieges vor mehr als 15 Monaten eine Sondereinheit gebildet für Sabotageakte auf ukrainischem Gebiet gegen den Feind und für die Abwehr solcher Angriffe des Gegners. Auch bei den Drohnenattacken im Oktober auf Kriegsschiffe der russischen Schwarzmeerflotte in der Bucht von Sewastopol habe es sich um eine SBU-Spezialoperation gemeinsam mit dem ukrainischen Streitkräften gehandelt, sagte er.

+++ Was am Sonntag, dem 28.05.2023 wichtig wird +++

Der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, lässt nach eigenen Angaben weiter seine Söldner aus der ostukrainischen Stadt Bachmut abziehen. Er bekräftigte am Samstag, dass die Stadt bis zum 1. Juni komplett in die Zuständigkeit der russischen Streitkräfte übergeben werden solle. Die Wagner-Truppen sollten sich dann erholen und für neue Kampfeinsätze rüsten. Zugleich gibt die Ukraine die Stadt weiter nicht auf. Präsident Selenskyj lobte in seiner Videoansprache den Kampfesmut der Soldaten, die Bachmut weiter befreien wollen.

+++ Selenskyj richtet Kampfansage an russische Führung +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Sturz der russischen Führung nach deren Niederlage in ihrem Angriffskrieg vorausgesagt. "Kiew und alle unsere Städte, unsere gesamte Ukraine werden den Schlusspunkt unter die Geschichte des Moskauer Despotismus setzen, der viele verschiedene Völker über sehr lange Zeit hinweg versklavt hat", sagte er am Sonntag in seiner täglichen Videoansprache. Der Staatschef war dabei nicht wie üblich in einem abgeschirmten Raum, sondern im Abendlicht auf der Straße vor dem Präsidentenbüro in Kiew zu sehen.

Der ukrainischen Flugabwehr sei es gelungen, einen der größten russischen Drohnenangriffe seit Kriegsbeginn fast völlig abzuwehren, sagte Selenskyj. Russland habe so versucht, den Kiewern den Stadtgeburtstag zu verderben. Doch Kiew habe in seiner Geschichte schon verschiedenste Gräueltaten überlebt und werde auch die Angriffe der Russen überstehen und diesen die Eroberung nicht ermöglichen, so der 45-Jährige. Seinen Worten nach können Waffen wie die Shahed-Drohnen Russlands Machthaber nicht retten. Weil es das Leben und die Kultur verachte, könne Russland den Krieg nur verlieren, prognostizierte er.

Russland begann vor mehr als 15 Monaten seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Nach einigen Erfolgen zu Beginn musste die russische Armee dabei mehrere schmerzliche Niederlagen einstecken und sich aus dem Gebiet Charkiw und Teilen des Gebiets Cherson zurückziehen. Trotzdem kontrolliert Moskau einschließlich der 2014 annektierten Krim immer noch rund ein Fünftel des ukrainischen Territoriums.

+++ Selenskyj bringt Sanktionen gegen Iran ins Parlament ein +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Sanktionen mit einer Dauer von 50 Jahren gegen den Iran eingeleitet. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Unian am Sonntag unter Verweis auf eine im ukrainischen Parlament eingegangene Gesetzesinitiative des Präsidenten. Verboten werden sollen etwa der Handel mit militärischer Ausrüstung und sogenannten Dual-Use-Gütern, die zivil und militärisch genutzt werden können.

Zudem will die Ukraine auch ihre wirtschaftlichen und finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Iran einstellen und die Ausfuhr von Kapital in die Islamische Republik unterbinden. Vorgeschlagen wird zudem ein Verbot für Technologietransfer und Investitionen im Iran. Es wird erwartet, dass das ukrainische Parlament der schon vom nationalen Sicherheitsrat abgesegneten Entscheidung zustimmt.

Hintergrund der Spannungen zwischen Kiew und Teheran sind die anhaltenden russischen Drohnenangriffe auf die Ukraine. Moskau nutzt dabei nach ukrainischen Angaben vorwiegend Drohnen des iranischen Typs Schahed. Der Iran bestreitet dies. Erst am Sonntag war bekannt geworden, dass der Iran seine Exporte nach Russland im vergangenen persischen Kalenderjahr (bis Ende März) um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf rund 744 Millionen US-Dollar (rund 693 Mio Euro) gesteigert hat.

+++ Berlin weist Moskaus Begründung für Obergrenze zurück +++

Im Streit um die von Moskau eingeführte Obergrenze für deutsche Staatsbedienstete in Russland hat die Bundesregierung einen Zusammenhang zu Ausweisungen russischer Diplomaten zurückgewiesen. Die deutsche Botschaft in Moskau erklärte am Sonntag, auf die Ausweisung russischer Diplomaten habe Russland bereits mit dem Rauswurf einer ebenso hohen Zahl deutscher Botschaftsangehöriger reagiert. "Beide Prozesse sind abgeschlossen. Eine Verknüpfung zu/einen Zusammenhang mit der nun einseitig von Russland verhängten Obergrenze weist die Bundesregierung entschieden zurück." Zuvor hatte Moskau die Regelung als Antwort auf die Ausweisungen dargestellt.

So hatte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa am Samstag der Deutschen Presse-Agentur gesagt, Russland greife nicht von sich aus zu solchen Mitteln, sondern reagiere auf entsprechende Schritte der deutschen Seite. "Es gibt eine Vielzahl von Schritten gegen Russland, russophoben Inhalts", sagte sie.

Die Obergrenze tritt Anfang Juni in Kraft und trifft neben dem diplomatischen Dienst vor allem den Kulturbereich. So müssen Stellen an der Deutschen Schule in Moskau und an den Goethe-Instituten in Russland gestrichen werden. "Der russischen Regierung war bei ihrer Entscheidung bewusst, dass davon eine beträchtliche Zahl lokal beschäftigter russischer Staatsbürger betroffen ist, die für die deutschen Auslandsvertretungen und Kultur- und Schul-Einrichtungen in Russland tätig waren und dadurch nun ihre Arbeitsplätze verlieren", teilte die Bundesregierung mit.

Die genaue Anzahl der Betroffenen hat das Auswärtige Amt nicht bekannt gegeben. Medienberichten zufolge soll es sich um eine dreistellige Zahl an Mitarbeitern handeln.

+++ Gouverneur russischer Grenzregion meldet ukrainischen Beschuss +++

Die westrussische Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine ist nach Angaben der Behörden erneut unter Beschuss geraten. Schwerpunkt der gestrigen Angriffe seien die Landkreise Schebekino und Graiworon gewesen, teilte der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, am Sonntag auf seinem Telegram-Kanal mit. In Graiworon, wo es Anfang der Woche zu schweren Kämpfen kam, seien 115 Granaten eingeschlagen, im Kreis Schebekino habe es 103 Einschläge gegeben.

Bei den Angriffen auf Schebekino ist Gladkow zufolge ein Wachmann ums Leben gekommen, drei Personen wurden verletzt, darunter zwei Minderjährige. Sie würden im Krankenhaus behandelt. Sowohl in Schebekino als auch im Kreis Graiworon sind nach seinen Angaben Wohnhäuser durch den Beschuss beschädigt worden.

Russland hat vor mehr als 15 Monaten seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Der Beschuss ukrainischer Städte gehört zum Kriegsalltag, ebenso wie getötete Zivilisten auf ukrainischer Seite. Allerdings beklagt Russland auch einen zunehmenden Beschuss der eigenen grenznahen Regionen durch Artillerie und Drohnen. Die Region Belgorod wurde Anfang der Woche von schweren Kämpfen erschüttert. Die Verantwortung für die Angriffe auf das Gebiet haben Freiwilligenkorps russischer Staatsbürger übernommen. Kiew selbst dementiert eine direkte Beteiligung an den Attacken.

+++ London: Russische Bürger werden zu Opfern für den Krieg aufgerufen +++

Bürgerinnen und Bürger in Russland werden laut britischen Geheimdienstexperten vermehrt dazu aufgerufen, aktiv Opfer für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu bringen. "Staatlich unterstützte russische Medien und Unternehmensgruppen haben das Wirtschaftsministerium ersucht, angesichts der wirtschaftlichen Anforderungen des Krieges eine Sechs-Tage-Woche für die Arbeiter zu genehmigen, anscheinend ohne zusätzliche Bezahlung", hieß es am Sonntag im täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London.

Am 21. Mai habe die führende russische Propagandistin Margarita Simonjan dafür plädiert, dass Bürger nach ihren regulären Jobs jeden Tage zwei Stunden extra in Munitionsfabriken arbeiten sollten, berichteten die Geheimdienstexperten. Der sich entwickelnde Ton in der Öffentlichkeit spiegele deutlich ein sowjetisches Gefühl des gesellschaftlichen Zwangs wider. "Er unterstreicht auch, dass die Führung sehr wahrscheinlich die wirtschaftliche Leistung als einen entscheidenden Faktor für den Sieg im Krieg ansieht", hieß es.

Das Verteidigungsministerium in London veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.

+++ Massiver nächtlicher Drohnenangriff gegen die Ukraine +++

In der Nacht hat Russland einen der schwersten Drohnenangriffe seit Monaten gegen die Ukraine durchgeführt. "Insgesamt wurde der Start von einer Rekordzahl an Kamikaze-Drohnen registriert: 54!", teilte der Pressedienst der ukrainischen Luftwaffe am Sonntagmorgen auf Telegram mit. Obwohl nach Angaben der Behörden 52 der unbemannten Fluggeräte abgeschossen werden konnten, gab es einen Toten und eine Verletzte zu beklagen.

Die Attacke galt demnach hauptsächlich der Hauptstadt Kiew. Nach Angaben der dortigen Militärverwaltung wurden über Kiew 40 Drohnen abgeschossen. Es sei bereits der 14. Angriff seit Anfang Mai, teilte Militärgouverneur Serhij Popko auf Telegram mit. Laut Bürgermeister Vitali Klitschko wurde eine 35-Jährige durch Trümmer einer herabfallenden Drohne verletzt, ein 41-Jähriger kam ums Leben. Mehrere Gebäude wurden beschädigt, es kam zu Bränden.

Schäden wurden auch aus der Gebietshauptstadt Schytomyr, rund 120 Kilometer westlich von Kiew, gemeldet. Es habe aber keine Todesopfer gegeben, teilte Bürgermeister Serhij Suchomlyn auf seiner Facebook-Seite mit.

Neben den Drohnenangriffen meldeten die ukrainischen Behörden zudem den Artilleriebeschuss der Region Sumy an der Grenze zu Russland und der Stadt Nikopol im Gebiet Dnipropetrowsk. Nikopol liegt am Nordufer des Dnipro gegenüber Enerhodar, wo sich das von Russen seit Kriegsbeginn besetzte Atomkraftwerk Saporischschja befindet. Nikopol ist daher seit Monaten immer wieder unter Beschuss.

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