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AKW-Abschaltung ab 15.04.2023: Droht eine Strompreis-Explosion? Das müssen Sie zum Atomausstieg wissen

Am 15. April werden die letzten drei Atomkraftwerke abgeschaltet. (Symbolfoto) Bild: picture alliance/dpa | Armin Weigel

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Die Bundesregierung will die Energiewende vorantreiben. Die Stromerzeugung soll nachhaltiger und klimafreundlicher werden. Deshalb beschloss die Regierung von Angela Merkel im Jahr 2011 das Aus für Atomkraftwerke. Aufgrund des Ukraine-Krieges und der Energiekrise liefen die Meiler länger, doch am 15. April 2023 ist Schluss. Die letzten Atomkraftwerke Neckarwestheim 2, Isar 2 und Emsland werden abgeschaltet. Bei vielen kam Angst auf. Sie fragen sich: Woher kommt zukünftig der Strom und kommt es zu Ausfällen? Drohen höhere Strompreise? Im folgenden Überblick klären wir die wichtigsten Fragen zum AKW-Aus.

Wie hoch ist der Stromanteil aus AKWs im Stromnetz?

Der Strom aus AKWs macht sechs Prozent der Stromversorgung und einen Prozent am Endenergieverbrauch aus, schreibt Bund.e.V.

Wie werden Versorgungslücken nach AKW-Abschaltung geschlossen?

Nach der Abschaltung sollen Versorgungslücken durch andere Quellen geschlossen werden. "Die kurzfristige Schließung von Versorgungslücken erfolgt zu großen Teilen über Kohlestrom. Aber auch Import von Atomstrom aus Frankreich ist möglich", sagte Professor André Thess von der Universität Stuttgart gegenüber der "Bild"-Zeitung.

AKW-Abschaltung ab 15.04.: Ist die Energieversorgung gesichert und drohen höhere Strompreise?

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, dass die Energieversorgung gesichert sei. "Die Energieversorgungssicherheit in Deutschland wurde in diesem schwierigen Winter gewährleistet und wird auch weiter gewährleistet sein", so der Vizekanzler. Der Grünen-Politiker erklärte weiterhin: "Wir haben die Lage im Griff durch die hohen Füllstände in den Gasspeichern und die neuen Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten und nicht zuletzt durch mehr erneuerbare Energien."

Angesichts des bevorstehenden Ausstiegs aus der Atomenergie hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) vor Versorgungsengpässen und steigenden Energiepreisen gewarnt. "Trotz gesunkener Gaspreise bleiben die Energiekosten für die meisten Betriebe in Deutschland hoch", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der "Rheinischen Post". Zugleich sei Deutschland beim Thema Versorgungssicherheit "noch nicht über den Berg". "Wir müssen deshalb weiterhin alles dafür tun, das Angebot an Energie auszuweiten und es keinesfalls weiter einzuschränken."

Experten befürchten Versorgungsengpässe nach Atom-Ausstieg

Deutschland sei auf alle verfügbaren Energieträger angewiesen, mahnte Adrian. "Nur so können wir in den kommenden Monaten Versorgungsengpässe und eine erneute massive Steigerung der Energiepreise vermeiden oder zumindest abmildern." Ausfälle oder Einschränkungen bei der Energieversorgung seien für Deutschland ein bislang unbekanntes Risiko und ein Standortnachteil, der in einem Industrieland durch nichts ausgeglichen werden könne, warnte er. "Vor diesem Hintergrund setzen weite Teile der deutschen Wirtschaft darauf, einsetzbare Kernkraftwerke bis zum Ende der Krise weiterlaufen zu lassen."

Der Vize-Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Jens Spahn (CDU), kritisierte das Festhalten am Atomausstieg und insbesondere Wirtschaftsminister Habeck. "Dieser grüne Klimaminister lässt lieber Kohlekraftwerke laufen - den Klimakiller schlechthin, CO2-Drecksschleudern - als klimaneutrale", sagte Spahn am 11. April in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv. Als Ersatz für die fehlenden vier Gigawatt Leistung aus der Kernenergie würden Kohlemeiler am Netz bleiben und Kohlendioxid ausstoßen. "Es ist ein schwarzer Tag für den Klimaschutz in Deutschland." Spahn forderte eine Laufzeitverlängerung der letzten drei AKW bis mindestens Ende 2024. "Kohlekraftwerke sollten vom Netz, Kernkraftwerke sollten laufen - denn die sind sicher und klimaneutral."

Kommt es im Winter zu einem Strommangel?

Professor Manuel Frondel vom RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung hält einen Strommangel im Winter für möglich, sagte er im Gespräch mit "Bild". An windstillen und dunklen Tagen könnten bis zu sieben Prozent des Strombedarfs fehlen. "Es könnte darauf hinauslaufen, dass Strom dann häufiger rationiert wird, beispielsweise Wärmepumpen für zwei bis drei Stunden am Tag vom Netz abgeklemmt werden." Der Strom setzt sich aus weiteren Quellen zusammen. Bei der Debatte um Engpässe handelt es sich um Vermutungen.

Was passiert bei der Abschaltung eines Meilers?

Die Leistung des Reaktors wird nach Angaben des Kraftwerksbetreibers Energie Baden-Württemberg (EnBW) kontinuierlich abgesenkt. Dies geschehe durch das schrittweise Einfahren von sogenannten Steuerstäben in den Reaktorkernen - diese dienen der Regelung und Abschaltung eines Kernreaktors. Danach wird der Generator vom Stromnetz gekommen und der Reaktor komplett abgeschaltet.

Der Abschaltvorgang funktioniere wie bei den regelmäßigen Überprüfungen, erläutert der Kraftwerksleiter des bayrischen Meilers Isar 2, Carsten Müller. Nach der Netztrennung werde der Reaktor heruntergefahren, sagt Müller. "Das dauert etwa eine Viertelstunde." Dann beginnt die eigentliche Arbeit: Die hochradioaktiven Brennelemente werden entfernt und für einige Jahre in ein Abklingbecken gebracht. Anschließend werden sie in sogenannten Castorbehältern in Zwischenlagern aufbewahrt. In Deutschland gibt es aktuell 16 Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle.

Gibt es denn kein Endlager in Deutschland?

Nein. Es wird weiterhin nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle gesucht. In den 70ern hatten die politischen Entscheidungsträger das niedersächsische Bergwerk Gorleben ohne Mitbestimmung der Bevölkerung als Endlager-Standort festgelegt - und damit große Proteste ausgelöst. 2017 wurde ein neues Verfahren dafür gestartet, um die Öffentlichkeit mit einzubeziehen. Doch es bleibt eine Mammutaufgabe - wer möchte schon Tür an Tür mit einem Lager für Atommüll wohnen?

"Dies ist auch nicht der Anspruch des Verfahrens", sagt der Präsident des Bundesamts für die Sicherheit nuklearer Entsorgung (BASE), Wolfram König. Die Entscheidung solle von den Betroffenen aber zumindest toleriert werden können. Und egal wie man "zur Atomkraft steht oder gestanden hat: Der Abfall ist nun mal da. Jetzt ist es unsere Aufgabe, kommenden Generationen dieses Problem nicht zu hinterlassen", sagt König.

Immerhin für schwach- und mittelradioaktive Abfälle scheint ein Endlager gefunden zu sein: Das ehemalige Eisenerzbergwerk in Salzgitter, Schacht Konrad, ist dem BASE zufolge das erste nach Atomrecht genehmigte Endlager für diesen Zweck. Es soll 2027 in Betrieb gehen.

Welche Mengen radioaktiver Abfälle gibt es in Deutschland?

Unterschieden wird zwischen hoch-, mittel- und schwachradioaktiven Abfällen. Bei hochradioaktiven Abfällen handelt es sich meist um verbrauchte Brennelemente aus Atomkraftwerken oder Forschungsreaktoren. Diese machen nach Angaben des BASE zwar nur 5 Prozent des gesamten Volumens der radioaktiven Abfälle aus, bringen aber 99 Prozent der Aktivität mit sich.

Doch auch die Entsorgung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen - zum Beispiel kontaminierte Teile aus dem Rückbau der Atomkraftwerke wie Teile des Generators - stellt die Verantwortlichen vor Herausforderungen. Nach Schätzungen des BASE gibt es in Deutschland etwa 620.000 Kubikmeter davon.

Umweltministerin Steffi Lemke zufolge sollen davon rund 300.000 Kubikmeter in das Endlager Schacht Konrad eingelagert werden. "Dieses Volumen entspricht ungefähr dem Inhalt von 100 olympischen Schwimmbecken", sagte die Grünen-Politikerin kürzlich. Es bräuchte also einen großen, abgesicherten Lagerraum. Die Abfälle für Schacht Konrad verteilten sich auf über 30 Zwischenlager im ganzen Land. Für die restlichen Kubikmeter der schwach- und mittelradioaktiven Abfälle müssen noch Möglichkeiten zur Endlagerung gefunden werden.Nur Endlager in tiefen geologischen Schichten gelten als dauerhaft sichere Lösung. "Beton, Stacheldraht und Wachmannschaften" könnten dies nicht ersetzen, sagt BASE-Präsident König. Tiefliegende Gesteine böten eine natürliche Barriere, die vor Strahlung schützt.

Wer bezahlt den Atomausstieg?

Der Atomausstieg wird kostspielig - so viel steht fest. Eine Kommission hat die Gesamtkosten unter anderem für Stilllegung und Rückbau der Meiler sowie die Transporte und die Lagerung der Abfälle auf 48,8 Milliarden Euro geschätzt. Daraufhin wurde ein Fonds eingerichtet, in den die Betreiber der Atomkraftwerke einzahlen mussten. Aus diesem Betrag soll die Zwischen- und Endlagerung bezahlt werden. Die Energieversorger sind auch für die Kosten von Stilllegung und Rückbau der Meiler verantwortlich. RWE zufolge schwanken die Kosten für den Nachbetrieb und Rückbau eines Kernkraftwerks je nach Größe, Alter und Betriebsstunden der Anlagen zwischen 500 Millionen und 1 Milliarde Euro.

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/loc/news.de/dpa

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