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Explosionen an Nord-Stream-Pipelines: Verdächtiges Schiff durchsucht! Hinweise auf Sabotage durch pro-ukrainische Gruppe

Die Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 2. Bild: picture alliance/dpa | Stefan Sauer

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Im vergangenen Jahr sorgten Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines für Lecks und großes Rätseln darüber, wer für diese verantwortlich ist. Von Sabotage ist die Rede. Spekuliert wird, ob diese von russischer oder womöglich von US-amerikanischer Seite ausgegangen sein könnten. Polizeien, Geheimdienste und Justizbehörden mehrere Länder ermitteln in dem Fall - Hinweise sollen nun in eine Richtung deuten.

Sabotage an Nord-Stream-Pipelines! US-Geheimdienst: Pro-ukrainische Gruppen für Explosionen verantwortlich

Wie die Zeitung "New York Times" schreibt, behauptet der US-Geheimdienste jetzt, pro-ukrainische Gruppen seien für die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines verantwortlich. Hinweise darauf, dass Ukraine-PräsidentWolodymyr Selenskyj oder andere ukrainische Offizielle davon gewusst hätten, gebe es nicht. In dem US-Bericht wird von "Putin-Feinden" gesprochen, die für dieExplosionen an den Pipelines verantwortlich gewesen seien. Konkreter werden die USA in ihren Vorwürfen jedoch nicht.

Verdächtiges Schiff nach Nord-Stream-Explosionen durchsucht

Nun wurde bekannt: Bei ihren Ermittlungen zu den Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 hat die Bundesanwaltschaft im Januar ein verdächtiges Schiff durchsuchen lassen. Es bestehe der Verdacht, dass es zum Transport von Sprengsätzen verwendet worden sein könnte, die am 26. September 2022 an den Pipelines explodiert waren, teilte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde am Mittwoch auf Anfrage mit.

Die Auswertung der sichergestellten Spuren und Gegenstände dauere an. "Die Identität der Täter und deren Tatmotive sind Gegenstand der laufenden Ermittlungen", hieß es weiter. "Belastbare Aussagen hierzu, insbesondere zur Frage einer staatlichen Steuerung, können derzeit nicht getroffen werden." Laut Bundesanwaltschaft fand die Durchsuchung vom 18. bis 20. Januar "im Zusammenhang mit einer verdächtigen Schiffsanmietung" statt. Im Rahmen der weiteren Ermittlungen werde sämtlichen Hinweisen zur Aufklärung des Sachverhalts nachgegangen. Ein Tatverdacht gegen Mitarbeiter des deutschen Unternehmens, welches das Schiff vermietet habe, bestehe nicht. Weitere Auskünfte könnten derzeit nicht erteilt werden.

Berichte: Spekulationen über Täter der Nord-Stream-Explosion

Auch die "Zeit" berichtete am Dienstagabend, dass die Spuren offenbar in Richtung Ukraine laut Recherchen von ARD, SWR und der "Zeit" führen. An den Ermittlungen seien Behörden in Deutschland, Schweden, Dänemark, den Niederlanden und USA beteiligt gewesen. "Der Generalbundesanwalt (GBA) ermittelt seit Anfang Oktober 2022 in der Sache", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. "Zuletzt vor wenigen Tagen haben Schweden, Dänemark und Deutschland den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen darüber informiert, dass die Untersuchungen laufen und es noch kein Ergebnis gebe", erklärte er. Der GBA wollte sich am Dienstagabend laut einer Sprecherin nicht äußern.

Von US-Seite verwies der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der US-Regierung, John Kirby, auf die laufenden Ermittlungen in Deutschland und Skandinavien. "Wir glauben, dass es ein Sabotageakt war", betonte er. Zunächst müssten die Ermittlungen beendet werden. Erst dann lasse sich über das weitere Vorgehen sprechen. Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson sagte auf einer Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, er habe keine weiteren Kommentare dazu. Stoltenberg erklärte, man wisse, dass es ein Angriff, eine Sabotage war. Es wäre falsch, vor Abschluss der Untersuchungen darüber zu spekulieren, wer dahinterstecke.

Nord-Stream-Täter sollen gefälschte Pässe verwendet haben

Den Medienberichten zufolge fanden die Ermittler bislang keine Beweise dafür, wer die Zerstörung in Auftrag gab. Unter Berufung auf geheimdienstliche Hinweise hieß es aber, eine pro-ukrainische Gruppe könnte verantwortlich sein. Die Ermittler hätten eine fragliche Jacht identifiziert, die von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet worden sei, welche "offenbar zwei Ukrainern gehört", wie es hieß. Zudem habe ein Team, bestehend aus einem Kapitän, zwei Tauchern, zwei Tauchassistenten und einer Ärztin, den Sprengstoff zu den Tatorten gebracht. Welchen Nationalitäten sie angehörten, sei unklar. Sie hätten offenbar gefälschte Pässe verwendet.

Sabotage-Vorwürfe gegenüber der USA wegen Nord-Stream-Lecks

Zuvor hatte US-Journalist und Ex-"New York Times"-Autor Seymour Hersh in einem Artikel behauptet, die USA seien für die Nord-Stream-Explosionen verantwortlich: "Im vergangenen Juni platzierten Taucher der Marine (...) den ferngezündeten Sprengstoff, der drei Monate später drei der vier Nord-Stream-Pipelines zerstörte, so eine Quelle mit direkter Kenntnis der operativen Planung", schrieb er. Der Sprengstoff sei im Rahmen der "Baltops 2022"-Übung angebracht worden. Laut Hersh hätte die Planung der Sabotage-Aktion bereits im Dezember 2021 begonnen. Seine einzige Quelle nennt der Journalist laut "t-online" jedoch nicht. Hersh ist ein bekannter Enthüllungsjournalist, der unter anderem Kriegsverbrechen der USA im Vietnam aufgedeckt hatte. Wegen anonymer Quellen und somit nicht prüfbarer Behauptungen wurde er jedoch bereits in der Vergangenheit häufig kritisiert.

Gegenüber "t-online" reagierte der ehemalige CIA-Mitarbeiter und Ex-Leiter des Moskauer Büros, John Sipher, empört auf Hershs Behauptung, die USA sei für die Nord-Stream-Lecks verantwortlich: "Das ist einfach traurig. Ich werde nicht einmal meine Zeit damit verschwenden, das zu lesen." Seymour Hersh beschäftige sich "zunehmend mit Verschwörungen und Unsinn". Auch eine Regierungssprecherin des Weißen Hauses habe Hershs Vorwürfe laut "t-online" dementiert: "Das ist falsch und vollständig erfunden."

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rad/news.de/dpa

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