News-Update zum Ukraine-Krieg an Tag 312: Selenskyj wünscht Ukraine "Jahr des Sieges" - Weiter schwere Kämpfe bei Bachmut
Erstellt von Claudia Löwe
01.01.2023 22.02
Nach den jüngsten russischen Raketenangriffen auf ukrainische Städte mit weiteren Zerstörungen hat sich Staatschef Wolodymyr Selenskyj direkt an das russische Volk gewandt. "Einem terroristischen Staat wird nicht vergeben", sagte er am 31. Dezember 2022 in seiner Videobotschaft. "Und denen, die solche Angriffe befehlen, und denen, die sie ausführen, wird nicht verziehen, um es milde auszudrücken." Kurz vor und auch nach dem Jahreswechsel griffen russische "Kamikaze-Drohnen" an, im Süden und Osten der Ukraine sowie in Kiew wurde Luftalarm ausgelöst. In der Hauptstadt gab es mehrere Explosionen. Größere Schäden oder Opfer wurden zunächst nicht bekannt.
Ukraine-Krieg im News-Ticker - Alle aktuellen Entwicklungen am 01.01.2023 im Überblick
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+++ Neuer russischer Drohnenangriff in der Ukraine +++
Das russische Militär hat am Sonntagabend neue Angriffe mit sogenannten Kamikaze-Drohnen gegen Ziele in der Ukraine gestartet. Bei Mykolajiw in der südlichen Ukraine seien zwei Gruppen Schahed-Drohnen aus iranischer Produktion gesichtet worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Ukrinform. "Luftalarm, zwei Gruppen von Mopeds", schrieb der regionale Militärverwaltungschef Vitali Kim auf Telegram. Wegen ihres Motorgeräuschs werden die Drohnen in der ukrainischen Bevölkerung inzwischen "Mopeds" genannt. Im gesamten Süden des Landes wurde Luftalarm ausgelöst.
Erst in der Neujahrsnacht hatte das russische Militär Dutzende von Kamikaze-Drohnen, die mit ihrer Sprengladung am Ziel senkrecht herabstürzen, gegen Ziele in der Ukraine gestartet. Nach ukrainischer Darstellung wurden alle 45 Drohnen abgeschossen.
+++ Selenskyj spricht nach Angriffen von "erbärmlichen" Terroristen +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die jüngsten russischen Drohnenangriffe auf Städte seines Landes in der Neujahrsnacht mit scharfen Worten verurteilt. "Die russischen Terroristen waren bereits erbärmlich, und sind auch so ins neue Jahr gestartet", sagte Selenskyj am Sonntag in seiner täglichen Videoansprache. Diese Angriffe könnten den Ukrainern nichts anhaben. "Unser Zusammengehörigkeitsgefühl, unsere Authentizität, das Leben selbst - all das steht so sehr im Kontrast zu der Angst, die in Russland vorherrscht."
Das russische Militär habe spürbar Angst, behauptete Selenskyj. "Und sie haben zu Recht Angst, denn sie werden verlieren." Selbst mit Drohnen und Raketen kämen die russischen Militärs nicht weit. "Weil wir zusammenhalten." Die russische Seite dagegen werde nur von Angst zusammengehalten, argumentierte er.
Das russische Militär hatte in der Neujahrsnacht eine Welle sogenannter Kamikazedrohnen in Richtung ukrainischer Städte gestartet. Die unter anderem auf die Hauptstadt Kiew und die ostukrainische Großstadt Charkiw gerichteten Schahed-Drohnen aus iranischer Produktion wurden nach Angaben aus Kiew von der ukrainischen Flugabwehr noch vor Erreichen ihrer Ziele abgeschossen. Insgesamt seien 45 Drohnen zerstört worden, teilte Selenskyj mit.
Russland greift seit Wochen mit Marschflugkörpern, Raketen und Drohnen gezielt das ukrainische Energienetz an. Die bisher angerichteten schweren Schäden haben zu massiven Ausfällen in der Wasser- und Stromversorgung geführt. Russland will mit dieser Taktik die Zivilbevölkerung der Ukraine im Winter unter Druck setzen.
+++ Kiew: Russland führt jetzt "Krieg des Tötens wegen" +++
Mit den massiven Luftangriffen gegen eine Reihe von ukrainischen Städten in der Neujahrsnacht ist Russland nach Meinung des ukrainischen Präsidentenberaters Mychajlo Podoljak zu einer neuen Strategie übergegangen. "Russland hat keine militärischen Ziele mehr", twitterte Podoljak am Sonntag. "Es (Russland) versucht, so viele Zivilisten wie möglich zu töten und so viele zivile Objekte wie möglich zu zerstören. Ein Krieg des Tötens wegen."
Das russische Militär hatte in der Neujahrsnacht eine Welle von sogenannten Kamikazedrohnen gegen mehrere ukrainische Städte gestartet. Die aus iranischer Produktion stammenden Drohnen vom Typ Schahed wurden nach Angaben der ukrainischen Militärführung alle vor Erreichen ihrer Ziele abgeschossen. Die Drohnen waren unter anderem gegen Kiew und die ostukrainische Großstadt Charkiw gerichtet.
+++ Weiter schwere Kämpfe bei ostukrainischer Stadt Bachmut +++
Im Verlauf schwerer Kämpfe um die ostukrainische Frontstadt Bachmut haben russische Truppen nach ukrainischer Darstellung schwere Verluste erlitten. Wie der Sprecher der ukrainischen Heeresgruppe Ost, Serhij Tscherewatyj, am Sonntag mitteilte, seien allein am Vortag rund 170 russische Soldaten getötet worden. Weitere 200 Russen seien bei Versuchen, die Stadt anzugreifen, verwundet worden. Tscherewatyj sprach von einem "Fließband des Todes" für die Angreifer. Die Angaben zu den Opferzahlen konnten zunächst nicht unabhängig geprüft werden.
Bachmut gilt als sogenannter Eckpfeiler der ukrainischen Frontlinien im Osten des Landes. Für die russischen Streitkräfte ist die Stadt ein Prestigeobjekt, das sie um jeden Preis erobern wollen. Die russischen Angriffe werden von Angehörigen der berüchtigten Söldnertruppe Wagner angeführt. Auch die russische Seite berichtet regelmäßig von hohen Opferzahlen in den Reihen der ukrainischen Gegner.
+++ Klitschko: Müssen jederzeit mit neuem Angriff auf Kiew rechnen +++
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko geht von weiteren russischen Angriffen auf die ukrainische Hauptstadt aus. "Russland mobilisiert weitere Kräfte, wir rechnen damit, dass bis zu 300.000 Soldaten einen erneuten Angriff auf unser Land starten", schrieb er in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag". "Kiew war und bleibt ein Ziel." Man müsse jederzeit damit rechnen, dass Russlands Präsident Wladimir Putin einen neuen Angriff auf Kiew befehle. Klitschko erneuerte seine Forderung, dass Deutschland Kampfpanzer des Typs Leopard 2 an die Ukraine liefern müsse.
Russland hatte zu Beginn des Angriffskriegs versucht, die ukrainische Hauptstadt einzunehmen, war aber gescheitert. Seitdem konzentrieren sich die Kämpfe vor allem auf den Osten und Süden des Landes. Doch auch Kiew steht weiter im Visier der russischen Truppen und ist immer wieder Ziel von Luftangriffen. Bei Angriffen kurz vor den Neujahrsfeierlichkeiten waren in Kiew am Samstag rund ein halbes Dutzend Explosionen - mutmaßlich von Marschflugkörpern und Raketen - zu hören. Klitschko sprach von Zerstörungen.
+++ Putins Dekret über 137.000 zusätzliche Soldaten in Kraft getreten +++
Mehr als zehn Monate nach Beginn von Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine erhöht sich mit Beginn des neuen Jahres in Russland die Zahl der Militärs um 137.000 Soldaten. Ein entsprechendes Dekret über die bereits im August von Kremlchef Wladimir Putin angeordnete Erhöhung auf rund 1,15 Millionen Vertragssoldaten und Wehrdienstleistende trat am Sonntag offiziell in Kraft. Demnach soll die Armeestärke insgesamt mehr als zwei Millionen Menschen umfassen. Bei den restlichen Militärangehörigen handelt es sich um ziviles Personal, darunter etwa Verwaltungsangestellte.
Im September hatte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu gesagt, dass neue Einheiten entstünden. Der Minister warf den westlichen Staaten mit den USA an der Spitze vor, einen Kurs gegen Russland und seine Verbündeten zu fahren; damit begründete er den Anstieg bei der Zahl der Soldaten. "Der Block der Nato bewegt sich weiter auf die russischen Grenzen zu", hatte Schoigu gesagt.
Seit Beginn des am 24. Februar von Putin befohlenen Krieges gegen die Ukraine hat die russische Armee immer wieder mit großen Personalproblemen zu kämpfen. Die Erhöhung der Zahl der Militärs soll nun Abhilfe schaffen. Zudem hatte Putin - begleitet von Protesten in der Bevölkerung und von einer massenhaften Flucht von Männern ins Ausland - bei einer Teilmobilmachung rund 300 000 Reservisten einberufen lassen. Die Menschen in Russland befürchten, dass Putin weitere Mobilmachungen beschließen könnte, um seinen von vielen Niederlagen überschatteten Krieg in der Ukraine noch zu gewinnen.
+++ Ukraine: 45 Kampfdrohnen in der Nacht zu Neujahr zerstört +++
Russland hat die Ukraine in der Nacht zu Neujahr nach Angaben der Flugabwehr in Kiew mit insgesamt 45 Drohnen angegriffen. Alle Kamikaze-Kampfdrohnen vom iranischen Typ Schahed-136 seien von der ukrainischen Luftverteidigung zerstört worden, teilten die Streitkräfte am Neujahrstag in Kiew mit. "Es ist nicht gelungen, den Ukrainern das Fest zu verderben", hieß es in der Mitteilung. Russland setzt die Drohnen unter dem eigenen Namen Geran - zu Deutsch: Geranie - ein, um eine iranische Beteiligung zu verschleiern. Russland und der Iran arbeiten seit langem militärisch zusammen.
"Die Soldaten der ukrainischen Luftstreitkräfte gratulieren ihrer unbezwingbaren Nation zum neuen Jahr 2023! Gemeinsam zum Sieg!", hieß es in der Mitteilung vom Sonntag weiter. Am Silvestertag hatte Russland Militärangaben aus Kiew zufolge auch 20 Raketen auf die Ukraine abgefeuert, von denen die meisten zerstört worden seien. Betroffen waren die Hauptstadt Kiew und andere Städte des Landes.
Der Iran hatte zahlreichen Berichten zufolge bereits im August Drohnen nach Russland geschickt, die zum Beispiel für Angriffe auf militärische Objekte wie Radaranlagen und Artillerie sowie Energieinfrastruktur benutzt werden können. Wenige Wochen später attackierten Russlands Streitkräfte Ziele in der Ukraine mehrfach mit iranischen Kamikaze-Drohnen vom Typ Schahed 136, die große Schäden anrichteten. Die EU verhängte daraufhin zusätzliche Sanktionen gegen den ohnehin schon mit einer Reihe von Strafmaßnahmen belegten Iran.
+++ Selenskyj an Russland: Ukraine wird niemals vergeben +++
Auf Russisch erklärte Selenskyj in seiner Ansprache, dass das Nachbarland keinen Krieg mit der gesamten Nato führe, "wie Ihre Propagandisten lügen". Der Krieg diene auch keinen historisch bedeutsamen Zielen. "Er (der Krieg) ist für eine Person, die bis an ihr Lebensende an der Macht bleibt", sagte er in Anspielung auf Kremlchef Wladimir Putin. "Und was von Ihnen allen übrig bleibt, Bürger Russlands, geht ihn nichts an."
Putin wolle zeigen, dass er das Militär anführe und dessen Rückendeckung habe. "Aber er versteckt sich nur", sagte Selenskyj. "Er versteckt sich hinter dem Militär, hinter Raketen, hinter den Mauern seiner Residenzen und Paläste, er versteckt sich hinter euch und verbrennt euer Land und eure Zukunft." Niemand werde Russland jemals den Terror verzeihen, sagte Selenskyj. "Niemand auf der Welt wird euch das verzeihen. Die Ukraine wird euch niemals vergeben."
In einer weiteren Videobotschaft sagte Selenskyj später: "Die Ukraine hat ihre Söhne und Töchter nicht verloren - sie wurden von Mördern weggebracht." Das Land sei von Eindringlingen überfallen worden. "Die Welt hat den Frieden nicht verloren - Russland hat ihn zerstört."
Russlands Armee war am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert - unter dem Vorwand, das Nachbarland "entnazifizieren und entmilitarisieren" zu wollen. In dem Krieg, der in Russland nicht so genannt werden darf und auch nach mehr als zehn Monaten offiziell als "militärische Spezialoperation" firmiert, sind bisher Zehntausende Menschen ums Leben gekommen. Präzise Zahlen dazu gibt es von unabhängiger Seite nicht.
+++ Neue russische Drohnenangriffe gemeldet +++
Unmittelbar vor dem Jahreswechsel wurden in der Ukraine einfliegende "Kamikaze-Drohnen" aus Russland gemeldet, die dazu gedacht sind, mit hoher Geschwindigkeit auf Ziele herabzustürzen. Für die Städte Odessa und Mykolajiw im Süden sowie Dnipro im Zentrum des Landes wurde Luftalarm ausgelöst, wie die Agentur Unian berichtete. Später wurde der Alarm auch auf den Osten der Ukraine ausgeweitet. Der Militärverwalter von Mykolajiw, Vitali Kim, berichtete von zwei Formationen von Drohnen, die in seinem Gebiet gesichtet worden seien. Die Luftabwehr habe das Feuer auf die Schahed-Drohnen aus iranischer Produktion eröffnet. Auch nach dem Jahreswechsel gab es dann wieder Luftalarm.
+++ Selenskyjs Neujahrs-Glückwünsche an Ukrainer +++
In einer kurzen Silvesterbotschaft wünschte Präsident Selenskyj seinen Landsleuten ein frohes neues "Jahr unseres Sieges", wie er es nannte. "Heute Wunder wünschen? Die Ukrainer haben sie schon lange geschaffen", betonte Selenskyj. Dazu veröffentlichte er auf Instagram ein Foto von sich und seiner Frau Olena vor einem bescheiden geschmückten Weihnachtsbaum. In seiner Neujahrsbotschaft fanden sich weitere politische Untertöne. "Sich echte Freunde wünschen? Wir haben bereits mit Sicherheit herausgefunden, wer sie sind", sagte Selenskyj - und meinte damit offenkundig die Unterstützer der Ukraine im Krieg gegen Russland. Mit leichter Ironie und Hinweis auf die wiederholten Angriffe auf das ukrainische Stromnetz erklärte er: "Willst du Licht? Es ist in jedem von uns, auch wenn es keinen Strom gibt."
+++ Putin hält Neujahrsrede umgeben von Soldaten +++
Russlands Präsident Putin ließ seine Neujahrsansprache in Kriegszeiten diesmal umgeben von Soldaten aufzeichnen."Es war ein Jahr schwieriger, notwendiger Entscheidungen, wichtiger Schritte zum Erhalt der vollen Souveränität Russlands und mit einer gewaltigen Konsolidierung in unserer Gesellschaft", sagte Putin in der am Samstag ausgestrahlten Rede. Zugleich warf er dem Westen "Lügen" vor. "Die westlichen Eliten haben uns allen jahrelang heuchlerisch ihre friedlichen Absichten versichert, darunter zur Lösung des schwersten Konflikts im Donbass", sagte Putin. "Der Westen hat gelogen, was den Frieden angeht und sich auf eine Aggression vorbereitet. Und er schämt sich heute nicht einmal mehr, das offen zuzugeben."
+++ Energieversorgung der Ukraine trotz Schäden stabil +++
Das neue Jahr konnten die Ukrainer trotz der durch russische Raketenangriffe angerichteten Schäden größtenteils bei Licht begrüßen. Die Energieversorger hatten die Anweisung erhalten, Privathaushalte zum Neujahrsfest bevorzugt mit Strom zu versorgen. Am Samstag herrschte in den Supermärkten in Kiew nach dem dreistündigen Luftalarm großer Andrang. Die Bewohner der Hauptstadt deckten sich kurz vor dem Fest noch mit Leckereien und dem traditionellen Sekt ein.
Trotz des Feiertags wurde die in Kiew und den meisten Gebieten ab 23.00 Uhr Ortszeit (22.00 Uhr MEZ) geltende Sperrstunde nicht aufgehoben. In westlicheren Gebieten wie Lwiw (Lemberg), Tscherniwzi (Czernowitz), Winnyzja, Chmelnyzkyj und Riwne galt die Ausgangssperre erst ab Mitternacht. Lediglich in der westlichsten Region Transkarpatien, die an Rumänien, Ungarn, die Slowakei und Polen grenzt, gab es keine Ausgangssperre. Generell galt landesweit ein Verbot für Feuerwerkskörper.