Ukraine-Krieg im News-Ticker: Ukraine-Krieg im News-Ticker - Alle aktuellen Entwicklungen am 15.08.2022 im Überblick
17.08.2022 21.13
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+++ UN widerspricht Moskau: Experten-Mission zu AKW nicht blockiert +++
Angesichts anhaltender Vorwürfe wegen der Verzögerung einer internationalen Experten-Mission zum ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja haben die UN russischen Vorwürfen widersprochen. Die Vereinten Nationen hätten eine Operation der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA anders als von Moskau dargestellt weder verhindert noch blockiert. "Das UN-Sekretariat ist nicht befugt, Aktivitäten der IAEA zu blockieren oder abzubrechen", sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric am Montag in New York. Die IAEA handle unabhängig.
Dujarric betonte, dass die Ukraine den Schutz einer entsprechenden Mission von ukrainisch kontrolliertem Gebiet aus gewährleisten könne. "Aber es muss eine Einigung zwischen Russland und der Ukraine geben" - schließlich befinde sich das Kraftwerk derzeit auf russisch kontrolliertem Territorium. Zuletzt hatte es Unstimmigkeiten darüber gegeben, wie ein Reiseweg der IAEA-Experten aussehen könnte. Die Ukraine würde eine Mission ausschließlich durch von Russland besetztes Gebiet - etwa über die Krim oder auf anderem Wege über die russisch-ukrainische Grenze - nicht erlauben.
Die Ukraine und Russland werfen sich seit Wochen gegenseitig vor, Europas größtes Kernkraftwerk zu beschießen und damit eine atomare Katastrophe heraufzubeschwören.
+++ Ukrainisches Atomkraftwerk - Berichte über Beschuss und Explosionen +++
Um das von russischen Truppen besetzte ukrainische Atomkraftwerk (AKW) Saporischschja sind nach Behördenangaben Explosionen zu hören. Das Gebiet des Kernkraftwerks, das in der Stadt Enerhodar liegt, und Wohnviertel seien 25 Mal mit schwerer Artillerie beschossen worden, teilte der Besatzungsvertreter Wladimir Rogow am Montag in seinem Blog im Nachrichtendienst Telegram mit. Demnach schlugen dort Granaten ein. Dem aus Enerhodar geflohenen ukrainischen Bürgermeister Dmytro Orlow zufolge sind in der Kraftwerksstadt Explosionen zu hören gewesen.
Die Ukraine wirft Russland vor, mit dem Beschuss "atomaren Terror" zu betreiben. Besatzungsvertreter Rogow wiederum hatte mitgeteilt, ukrainische "Terroristen" würden die Schüsse abfeuern. Er hatte zuvor auch eine Feuerpause vorgeschlagen. Die Ukraine forderte den Abzug russischer Truppen aus dem größten europäischen Kraftwerk. Russland lehnt eine Übergabe des Kernkraftwerks ab. Kiew hat das Kraftwerksgelände eigenen Angaben nach bereits mit Kampfdrohnen angegriffen.
Die Ukraine beschuldigt die russischen Truppen, das AKW als Festung zu nutzen, um von dort auf die am anderen Ufer des Dnipro-Stausees liegenden Kleinstädte Nikopol und Marhanez zu schießen. Russland hingegen behauptet, die Ukraine beschieße die Anlage mit Drohnen, schwerer Artillerie und Raketenwerfern. In den meisten Fällen fange die russische Luftwehr die Geschosse ab, hieß es. Dennoch sei bereits Infrastruktur auch im Bereich des dortigen Atommülllagers getroffen worden. Eine erhöhte Radioaktivität wurde nach Angaben von Experten bisher nicht registriert.
+++ Ukrainisches Parlament verlängert Kriegsrecht und Mobilmachung +++
Das ukrainische Parlament hat das seit dem 24. Februar geltende Kriegsrecht und die allgemeine Mobilmachung erneut um 90 Tage verlängert. Das teilte Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk am Montag nach einer Sitzung mit. Kriegsrecht und Mobilmachung einschließlich der Ausreisesperre für Männer im wehrpflichtigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren gelten nun bis einschließlich 21. November. Es ist bereits die zweite Verlängerung seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor knapp einem halben Jahr.
Das Kriegsrecht gibt dem Militär erweiterte Rechte und schränkt bürgerliche Freiheiten wie das Demonstrationsrecht ein. Die Dauer des Kriegszustands sehen viele Experten als einen Indikator dafür, für wie lange sich Kiew derzeit noch auf mögliche Kämpfe einstellt.
+++ Russlands Militär bestätigt Angriffe in Ost- und Südukraine +++
Russlands Militär hat von Angriffen der eigenen Truppen im Osten und Süden der Ukraine berichtet. Im Charkiwer Gebiet seien in den vergangenen 24 Stunden mehr als 100 «ausländische Söldner» getötet und mehr als 50 verletzt worden, darunter auch Deutsche und Polen, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow, am Montag. Unabhängig überprüfbar waren diese Angaben nicht. Der Gouverneut von Charkiw, Oleh Synjehubow, sprach lediglich von russischen Raketenangriffen auf Industriegebäude und Infrastruktur, machte aber keine Angaben zu möglichen Opfern.
Der russische Militärsprecher Konaschenkow berichtete weiterhin von Luftangriffen auf die Gebiete Cherson im Süden und Donezk im Osten, infolge derer mehr als 420 ukrainische Soldaten getötet worden seien. Auch das ließ sich nicht verifizieren. Beschossen wurde Konaschenkows Angaben zufolge auch ein ukrainischer Kommandoposten bei der strategisch wichtigen Stadt Bachmut in der Donezker Region.
+++ Ukrainischer Generalstab: Russen greifen weiter im Donezker Gebiet an +++
Im ostukrainischen Gebiet Donezk greifen die russischen Truppen weiter Stellungen der ukrainischen Armee an. Um die Städte Bachmut und Soledar herum seien russische Vorstöße abgewehrt worden, teilte der ukrainische Generalstab am Montagvormittag mit. Auch Angriffe nördlich der Stadt Slowjansk und bei Wuhledar seien zurückgeschlagen worden. Nördlich der Großstadt Donezk seien russische Attacken bei den Dörfern Pisky und Perwomajske gescheitert.
Die Russen hätten zudem entlang der gesamten Front Positionen der ukrainischen Armee mit Artillerie beschossen, hieß es. Außerdem habe die russische Luftwaffe gut ein halbes Dutzend Luftangriffe geflogen. Unabhängig überprüfbar sind die Angaben beider Seiten zum seit fast einem halben Jahr andauernden Kriegsgeschehen oft nicht.
+++ Umkämpftes AKW in Ukraine: Russische Besatzer schlagen Feuerpause vor +++
Nach mehrfachem Beschuss des südukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja schlagen die russischen Besatzer eine Feuerpause in dem umkämpften Gebiet vor. "Die Führung der Vereinten Nationen und der Chefdiplomat der EU sollten nicht über Entmilitarisierung sprechen, sondern über die Einführung einer Feuerpause", sagte Wladimir Rogow, ein Vertreter der russischen Besatzungsbehörden, am Montag der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti.
Russland macht seit Tagen die ukrainische Seite für die Angriffe auf das AKW in der Stadt Enerhodar verantwortlich - die wiederum beschuldigt die Russen. UN-Generalsekretär António Guterres warnte in der vergangenen Woche vor einer Atomkatastrophe und forderte eine Entmilitarisierung des Gebiets.
Am Sonntag dann verlangten 42 Staaten und die EU den sofortigen Abzug der russischen Besatzungstruppen vom Gelände um Europas größtes Atomkraftwerk. "Die Stationierung von russischen Militärs und Waffen in der Atomanlage ist inakzeptabel", heißt es in der Erklärung. Russland verletze die Sicherheitsprinzipien, auf die sich alle Mitgliedsländer der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) verpflichtet hätten. Zu den Unterzeichnern der Mitteilung zählen auch die USA, Großbritannien, Norwegen, Australien und Japan.
+++ London: Moskaus Pläne für Anschluss Donezks weit fortgeschritten +++
Russlands Pläne für ein Referendum in der ukrainischen Region Donezk über den Anschluss an die Russische Föderation sind nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten wohl weit fortgeschritten. Ob in Moskau bereits abschließend entschieden ist, eine solche Volksbefragung abzuhalten, sei aber noch nicht klar, hieß es am Montag in dem täglichen Geheimdienst-Update des britischen Verteidigungsministeriums zum Ukraine-Krieg.
Dass die Region noch immer nicht vollständig unter russischer Kontrolle stehe, werde vom Kreml wahrscheinlich als Rückschlag für dessen «maximalistische Ziele in der Ukraine» betrachtet, so die Experten weiter.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zu dessen Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.
+++ Top-Kampfpilot stirbt wenige Tage nach Auszeichnung durch Selenskyj +++
Schock-Nachricht für die Ukraine: Der ukrainische Kampfjet-Pilot Anton Lystopad ist im Ukraine-Krieg gestorben. Lystopad galt als einer der besten Flieger der ukrainischen Armee. 2019 wurde er als bester Pilot der Luftwaffe ausgezeichnet. Erst vor wenigen Tagen erhielt er von Präsident Wolodymyr Selenskyj einen Orden dritten Grades für seinen Mut. In einem Facebook-Post schreibt Lystopads Ausbildungsstätte in Ivano Frankiwsk im Westen der Ukraine: "Er starb bei der Verteidigung des ukrainischen Staats."
+++ 42 Länder fordern Abzug russischer Truppen aus AKW +++
"Die Stationierung von russischen Militärs und Waffen in der Atomanlage ist inakzeptabel", hieß es in der Wiener Erklärung zu Saporischschja vom Sonntag. Sie war im Namen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsländer unterzeichnet worden, aber auch von Staaten wie den USA, Großbritannien, Norwegen, Australien, Japan oder Neuseeland. Russland verletze die Sicherheitsprinzipien, auf die sich alle Mitgliedsländer der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) verpflichtet hätten.
Die Kontrolle über das AKW müsse den befugten ukrainischen Behörden übergeben werden. Dann wiederum könnten Experten der IAEA zeitnah ihre Aufsichtspflicht über die Arbeit der Ukrainer wahrnehmen. Eine IAEA-Mission in das Kernkraftwerk ist bislang nicht zustande gekommen. Ein Streitpunkt ist angeblich, ob die Experten über ukrainisch oder russisch kontrolliertes Gebiet anreisen.
Die 42 Länder stellten sich hinter die IAEA und deren Direktor Rafael Grossi. Dieser bemühe sich um die Sicherheit der ukrainischen Atomanlagen und respektiere dabei die "volle Souveränität der Ukraine über ihr Territorium und ihre Infrastruktur". Dies lässt sich als Hinweis auf eine Anreise über ukrainisches Gebiet verstehen.
Nach Artilleriebeschuss unbekannter Herkunft auf ein Wohnviertel von Enerhodar am Sonntag berichteten die russische und die ukrainische Seite übereinstimmend von einem getöteten Zivilisten. Der Mann sei Mitarbeiter im AKW gewesen, teilte der Kraftwerksbetreiber Enerhoatom mit. Zwei weitere Bewohner der Stadt seien verletzt worden.
+++ Selenskyj an Russen: Wer schweigt, macht sich mitschuldig +++
"Wenn Sie die russische Staatsbürgerschaft haben und schweigen, bedeutet dies, dass Sie nicht kämpfen, was bedeutet, dass Sie das unterstützen", sagte Selenskyj in Kiew. Im Unterschied zu früheren Appellen an die Bevölkerung des kriegführenden Nachbarlandes sprach der Präsident sie aber nicht auf Russisch, sondern auf Ukrainisch an.
Umfragen zufolge unterstützt eine Mehrheit der Russen den Kurs von Präsident Wladimir Putin. Die Aussagekraft ist aber unsicher. Offene Kritik am Krieg wird vom russischen Machtapparat streng bestraft. In vielen EU-Ländern, vor allem im Osten, wird die Forderung lauter, Russen keine Visa mehr für Reisen in die EU zu erteilen.
+++ Russische Armee rückt im Donbass vor +++
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs hat die russische Armee Geländegewinne bei der seit Tagen angegriffenen Kleinstadt Bachmut im Donbass erzielt. Im Kiewer Lagebericht war von einem "teilweisen Erfolg" der Russen die Rede. An anderen Stellen seien Angriffe abgewehrt worden, so bei dem Ort Pisky außerhalb von Donezk. Mit starken Stellungen bei Pisky hat die ukrainische Armee seit 2014 verhindert, dass die prorussischen Separatisten von Donezk den zerstörten Flugplatz der Stadt reparieren und militärisch nutzen.
Fast alle Orte entlang der Frontlinie im Osten lagen unter russischen Feuer. Nach Einschätzung westlicher Militärbeobachter kommt der Angriff im Donbass langsamer voran als noch vor einigen Wochen.
+++ Weitere Getreideschiffe auf dem Weg +++
Der erste Getreidefrachter im Auftrag der Vereinten Nationen hat den ukrainischen Hafen Piwdennyj verlassen und ist mit Weizen für Afrika unterwegs. Das Welternährungsprogramm der UN (WFP) habe den Frachter "Brave Commander" gechartert, teilten die Behörden des Gebietes Odessa mit. Die 23 000 Tonnen Weizen sind nach UN-Angaben für Äthiopien bestimmt.
Die UN und die Türkei hatten Ende Juli Vereinbarungen vermittelt, dass die Ukraine trotz des russischen Angriffskrieges wieder Getreide über ihre Schwarzmeerhäfen ausführen kann. Seit Anfang August haben mehr als ein Dutzend Frachter ukrainisches Getreide abtransportiert. Allerdings waren die ersten Transporte kommerziell.
Die UN befürchten Lebensmittelknappheit und Hunger in armen Teilen der Welt, wenn die Ukraine als ein wichtiger Getreidelieferant ausfällt. Die Schiffe und ihre Fracht werden jeweils bei der Durchfahrt durch die türkische Meerenge Bosporus kontrolliert. Am Sonntag erhielten dort zwei Schiffe die Genehmigung zur Fahrt in die Ukraine, drei weitere sollen am Montag kontrolliert werden.
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sba/news.de/dpa