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Wladimir Putin : Kreml-Chef bald bankrott? So heftig wirken die Sanktionen wirklich

Wie schlecht steht es um die russische Wirtschaft? Bild: picture alliance/dpa/Pool Sputnik Kremlin/AP | Grigory Sysoyev

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Kurz nach dem Überfall auf die Ukraine verhängte der Westen harte Sanktionen gegen Russland. Das Ziel: Die russische Wirtschaft zu schwächen und den Druck auf das Kreml-Regime zu erhöhen. Nun konnte Russland zum ersten Mal seit 100 Jahren seine Zinsschulden am Kapitalmarkt nicht bedienen. Droht schon bald der Staatsbankrott.

Waldimir Putin kurz vorm Bankrott: Ist Russland wegen ungedeckter Schulden bald wirklich zahlungsunfähig?

Wenn ein Staat Schulden hat, werden darauf Zinsen fällig - und wenn ein Staat diese nicht zahlen kann, gilt er als zahlungsunfähig. Ein solcher Fall droht nun auch Russland.Am Wochenende lief eine 30-Tage-Periode ab, innerhalb der Russland säumige Zinszahlungen noch leisten konnte, ohne einen Zahlungsausfall auszulösen. In der Realität ist die Lage jedoch weitaus komplizierter.

Russland ist aufgrund seiner Finanzlage eigentlich kein Fall für eine Staatspleite. Das Land verfügt über erhebliche finanzielle Mittel im In- und Ausland. Haupteinnahmequelle sind die großen Mengen an Rohstoffen, die Russland über die Jahre ins Ausland verkauft hat. Im Gegenzug hat das Land Devisen erhalten, also ausländische Währungen. Außerdem ist Russland im internationalen Vergleich nicht hoch verschuldet: Mit etwa 20 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt die Schuldenquote deutlich niedriger als in vielen westlichen Industrieländern.

Wichtigster Grund sind die scharfen Finanzsanktionen, die überwiegend westliche Länder wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine verhängt haben. Die Sanktionen schließen Russland und seine Banken faktisch vom Finanzsystem aus, das von westlichen Staaten dominiert wird. Ein erheblicher Teil der im Ausland lagernden Finanzreserven Russlands ist außerdem durch Sanktionen blockiert. Und US-Banken ist es inzwischen verboten, Zahlungen des russischen Staates an ihre Kunden weiterzuleiten. Diese Beschränkungen machen es Russland nahezu unmöglich, seine Gläubiger im Ausland zu bezahlen - obwohl die finanziellen Mittel eigentlich vorhanden wären.

Russland trickst wegen Sanktionen und zahlt in Rubel

Fällige Zinsen auf Staatsanleihen zahlt Russland weiter - allerdings nicht in Dollar oder Euro, sondern in Rubel. Dafür hat das Land ein neues Verfahren über seine Zahlungsstelle NSD eingerichtet. Eigentlich sind Zinszahlungen bei Auslandsschulden in der Regel in US-Dollar oder Euro vorgesehen. Fachleute halten die Zahlung in der russischen Landeswährung daher für unzulässig. Hinzu kommt, dass die Zahlungen wegen der Sanktionen kaum an westliche Zahlungsstellen und damit an die westlichen Gläubiger weitergeleitet werden können.

Im aktuellen Fall bestreitet die russische Regierung nicht, dass Zinszahlungen nicht bei Gläubigern angekommen sind. Sie besteht aber darauf, diese geleistet zu haben und streitet einen Zahlungsausfall daher ab. Die Zahlung sei noch im Mai erfolgt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Vom russischen Finanzministerium hieß es: "Im vorliegenden Fall haben die Investoren ihr Geld nicht wegen eines Zahlungsausfalls nicht erhalten, sondern wegen Handlungen Dritter."

Starker Rubel-Kurs! Wladimir Putin lobt russische Wirtschaft

Auch Wladimir Putin behauptet, dass es der russischen Wirtschaft nicht schlecht gehe. Ein Indikator dafür sei der starke Rubel-Kurs. Doch der wird durch künstliche Maßnahmen hochgehalten. Wie die "Bild"-Zeitung schreibt, erpresst der Kreml-Chef Empfängerländer, russische Gas-Exporte in Rubel zu zahlen. Zudem wurde die russische Bevölkerung darin eingeschränkt,ausländische Devisen zu halten. So müssen Unternehmen 80 Prozent ihrer Gewinne im Ausland in Rubel umtauschen. Daher kennt niemand den wahren Rubel-Kurs, schreibt das Blatt weiter.

Rubel als Mogelpackung! Russland droht Deflation

"Es ist Russland gelungen, den Rubel zu stabilisieren", sagt Jürgen Matthes, Leiter des Kompetenzfelds internationale Wirtschaftsordnung und Konjunktur am Institut der deutschen Wirtschaft (IW), gegenüber der "Bild". "Das ist kein Grund für Jubelstürme, da der Rubel von der wahren Wirtschaftslage losgelöst ist." Der teure Rubel könnte der russischen Wirtschaft sogar zusetzen. Russland nehme derzeit mehr Geld ein, als es ausgeben kann, sagtNatalja Subarewitsch,Wirtschaftsgeografin und Professorin an der Moskauer Staatsuniversität. Dadurch drohe nun eine Deflation, ein Prozess stetiger Preissenkungen und ein Verfall des Lebensstandards.

Der hohe Export sei einer der Hauptgründe für den starken Rubel. Die Folgen für die russische Wirtschaft seien verheerend. Durch den niedrigen Import seien Unternehmen gezwungen, ihre Produktionen zurückzufahren. Die russische Industrie ist stark von Importen aus der EU und den USA abhängig. Dadurch fehlen vor allem im Maschinenbau, Verkehr und der Energiewirtschaft Komponenten und Ersatzteile.

Russische Wirtschaft am Ende? Sanktionen zwingen Putin allmählich in die Knie

Dennoch beharrt Putin auf seinem Standpunkt und behauptete, dass die Sanktionen der russischen Wirtschaft bislang nicht geschadet haben. "Das ist falsch. Selbst nach den offiziellen Prognosen wird Russland die schlimmste Rezession seit Anfang der 1990er-Jahre erleben", sagt Sergey Guriyev, russischer Ökonom und Professor für Wirtschaftswissenschaften am Institut d'études politiques in Paris, gegenüber der "Bild". Einige Branchen wie die Automobilbranche leiden bereits stark. "Es wird dieses Jahr eine tiefe Rezession und eine starke Inflation geben", warnt Jürgen Matthes. 

Während die Kreml-Propaganda die drohende Staatspleite dementiert, warnen Wirtschaftsexperten vor dramatischen Folgen. Russland sei viel härter von den Sanktionen betroffen als Deutschland, ist sich Guriyev sicher. Dem BIP in Russland drohe ein Rückgang um acht bis zehn Prozent. Auch könnten die Sanktionen dazu führen, dass Putin den Krieg in der Ukraine nicht fortsetzen könne. "Große chinesische Unternehmen und Banken fürchten sich vor amerikanischen Sekundärsanktionen und halten sich von Geschäften in Russland fern", ergänzt Guriyev gegenüber der "Bild".

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