Ukraine-Krieg News aktuell: Bericht: Russen suchen Kühlräume, um Leichen ihrer Soldaten unterzubringen
Erstellt von Tobias Rüster
09.06.2022 20.32
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nennt den erbitterten Kampf um Sjewjerodonezk eine der vielleicht schwersten Schlachten des Krieges mit Russland. Nach den mehr als dreimonatigen Gefechten könnte die Einnahme der strategisch wichtigen Stadt eine Vorentscheidung bringen im Ringen um die Donbass-Region. Russland hatte das Nachbarland am 24. Februar angegriffen. Der Donnerstag ist für die Ukraine der 106. Tag des Krieges.
Während ein Sondergesandter Selenskyjs auf einen baldigen EU-Kandidatenstatus für die Ukraine setzt, kritisiert Polens Präsident Andrzej Duda die Gespräche von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Kremlchef Wladimir Putin.
Ukraine-Krieg im News-Ticker - Alle aktuellen Entwicklungen am 09.06.2022 im Überblick
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+++ Berichte aus Melitopol: Russische Besatzer suchen angeblich Kühlräume, um Leichen ihrer Soldaten unterzubringen +++
Wie das ukrainische Verteidigungsministerium am Donnerstagabend berichtet, sollen die russischen Besatzer in Melitopol nach zusätzlichen Gefrierschränken und Industriekühlschränken suchen. Demnach benötigen die Besatzer Platz, um die Leichen der russischen Soldaten zu lagern, da die in eine Leichenhalle umgewandelte lokale Fleischfabrik in Melitopol bereits voll von gefallenen Russen sein soll. "Derzeit werden die Leichen der Russen, die im Kampf an der Polohy-Huliaipole-Front im Oblast Saporischschja gestorben sind, nach Melitopol transportiert", erklärt die Pressestelle des ukrainischen Verteidigungsministeriums.
Laut Informationen der Geheimdienste soll das russische Militär Anfang der Woche ein hiesiges Unternehmen besucht und dessen Kühlkammern untersucht haben. Diese seien zum Umbau in ein Leichenschauhaus als geeignet befunden worden, damit dort die Leichen der Besatzer aufbewahrt werden können. Darüber berichten aktuell mehrere ukrainische Medien und Quellen. Die Angaben lassen sich dennoch nicht unabhängig überprüfen.
+++ Separatisten verurteilen Ausländer in ukrainischer Armee zum Tod +++
Das Oberste Gericht der separatistischen Donezker Volksrepublik (DVR) hat drei ausländische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte als Söldner zum Tode verurteilt. Die Todesstrafe werde für "alle Verbrechen zusammengenommen" verhängt, heißt es laut der russischen Nachrichtenagentur Tass in der Urteilsbegründung. Bei den Angeklagten handelt es sich um zwei Briten und einen Marokkaner. Sie können innerhalb eines Monats gegen das Urteil noch Berufung einlegen.
Russische Medien teilten zudem mit, dass die drei Männer die Möglichkeit hätten, ein Gnadengesuch an die Führung der prorussischen Separatistenrepublik zu stellen. Werde dies angenommen, könne die Todesstrafe in lebenslange Haft oder 25 Jahre Strafkolonie umgewandelt werden, hieße es.
Der Prozess gegen die drei Männer hatte am Mittwoch unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit begonnen. Ihnen werden Handlungen zur gewaltsamen Machtergreifung vorgeworfen. Laut Gericht haben die Angeklagten "ihre Schuld gestanden". Einer der Männer habe zudem "zugegeben, in Terroranschlägen geschult worden zu sein".
Die beiden Briten waren Mitte April in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol von prorussischen Kräften gefangen genommen worden. Beide hatten laut Medienberichten schon vor dem Krieg in der Ukraine gelebt und auch dort geheiratet.
Nach dem russischen Einmarsch kämpften sie auf der Seite der ukrainischen Armee. Die russische Führung hatte allerdings in der Vergangenheit mehrfach erklärt, Ausländer generell als Söldner zu betrachten. Sie würden nicht als Kombattanten gelten und auf sie würden auch nicht die internationalen Gesetze zum Schutz von Kriegsgefangenen angewendet, drohte jüngst der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. In Russland gilt ein Moratorium auf die Todesstrafe. In den Separatistenrepubliken gilt dieses Moratorium hingegen nicht. Laut Medienberichten könnte die Hinrichtung durch Erschießen vollzogen werden.
+++ Selenskyj: Sjewjerodonezk entscheidet über den Donbass +++
Präsident Selenskyj bezeichnete die Schlacht um Sjewjerodonezk als richtungsweisend für den Kampf im Osten des Landes. "Sjewjerodonezk bleibt das Epizentrum der Auseinandersetzungen im Donbass", sagte er am Mittwoch in einer Videobotschaft. Das ukrainische Militär füge dem Gegner dort spürbare Verluste zu. "Das ist eine sehr brutale und schwere Schlacht. Vielleicht eine der schwersten dieses Krieges (...) In vielem entscheidet sich dort das Schicksal unseres Donbass."
+++ Gouverneur: Russland kontrolliert Großteil von Sjewjerodonezk +++
Nach schweren Kämpfen kontrolliert die russische Armee den größten Teil von Sjewjerodonezk. Das teilte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, in seinem Telegramkanal mit. "Was das Industriegebiet (von Sjewjerodonezk) anbelangt: Dort halten sich unsere Verteidiger. Aber die Kämpfe gehen nicht nur in der Industriezone weiter - die Kämpfe finden eben in der Stadt statt." Die Lage im Industriegebiet sei jedoch nicht wie in der Stadt Mariupol, wo die Kämpfe direkt im Azovstal-Werk stattgefunden hatten. "Stand heute besteht keine Gefahr der Einkesselung", meinte Hajdaj. Über 90 Prozent des Luhansker Gebiets sei von Russland besetzt.
+++ Polens Präsident kritisiert Scholz und Macron für Gespräche mit Putin +++
Der polnische Präsident Duda kritisierte, dass Kanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron weiter mit Putin Gespräche führen. "Diese Gespräche bringen gar nichts", kritisierte Duda in einem "Bild"-Interview, das am Mittwoch bei YouTube veröffentlicht wurde. Die Situation sei ähnlich wie mit Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg. "Und hat jemand während des Zweiten Weltkrieges auf diese Weise mit Adolf Hitler gesprochen?", fragte Duda. "Sagte jemand, dass er sein Gesicht bewahren muss? Dass man es so machen müsse, dass es nicht erniedrigend ist für Adolf Hitler?" Solche Stimmen kenne er nicht.
+++ Ukraine und Russland tauschen weitere Leichen aus +++
Die Ukraine und Russland übergaben nach Behördenangaben aus Kiew der jeweils anderen Seite die Leichen von 50 Soldaten. Unter den getöteten Ukrainern seien 37 "Helden", die sich an der Verteidigung des Azovstal-Werks beteiligt hätten, teilte das ukrainische Ministerium für die Wiedereingliederung der vorübergehend besetzten Gebiete in Kiew mit. Die Kämpfer hatten im Stahlwerk Azovstal in Mariupol die Stellung gehalten, bis Kiew die Stadt im Mai aufgab. Der Austausch fand nach ukrainischen Angaben entlang der Frontlinie im Gebiet Saporischschja im Süden des Landes statt.
+++ Berichte über Tote und Verletzte bei russischen Angriffen +++
Bei Angriffen auf ukrainische Orte sind den Behörden zufolge mehrere Zivilisten getötet oder verwundet worden. Der Gouverneur des Gebiets Donezk, Pawlo Kyrylenko, machte Russland für vier Tote und fünf Verletzte in dem von Regierungstruppen kontrollierten Teil der Region im Osten des Landes verantwortlich. "Die Lage bleibt schwierig. Die Frontlinie steht unter ständigem Beschuss", teilte Kyrylenko mit. Die ukrainische Armee sprach von sieben abgewehrten russischen Angriffen im Donbass. Dabei seien 31 Kämpfer getötet und mehrere gepanzerte Fahrzeuge zerstört worden. Das russische Militär habe beim Beschuss ukrainischer Orte etwa 20 Häuser sowie zwei Schulen und eine Bahnstation zerstört. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.
++ Gesandter Selenskyjs rechnet mit EU-Kandidatenstatus für Ukraine +++
Selenskyjs Sondergesandter für eine EU-Beitrittsperspektive hat sich nach Gesprächen in Berlin zuversichtlich gezeigt, dass sein Land den Kandidatenstatus für die Europäische Union erhalten wird. Wenn die EU-Kommission in der kommenden Woche eine entsprechende Empfehlung abgebe, gehe er von einer Zustimmung der 27 Mitgliedstaaten bei ihrem Gipfeltreffen am 23. und 24. Juni in Brüssel aus, sagte der Minister für regionale Entwicklung, Oleksij Tschernyschow, der dpa. Er rechne auch mit einer Zustimmung Deutschlands. Die Bundesregierung war bisher noch zurückhaltend. Vom Kandidatenstatus bis zur EU-Mitgliedschaft dauert es in der Regel noch viele Jahre.
++ Russland isoliert im Arktischen Rat wegen Ukraine-Krieg +++
Wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine bleibt Russland im Arktischen Rat isoliert. "Wir beabsichtigen eine begrenzte Wiederaufnahme unserer Arbeit im Arktischen Rat in Projekten, die keine Beteiligung der Russischen Föderation beinhalten", teilten die restlichen Mitglieder Schweden, Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen und die USA mit. Anfang März hatten die Regierungen der Länder mitgeteilt, dass sie ihre Teilnahme an Aktivitäten des Rats aussetzen. Russland hält derzeit den Vorsitz im Arktischen Rat. Das Gremium gilt als wichtigstes Forum zur Zusammenarbeit in der Region rund um den Nordpol. Deutschland hat einen Beobachterstatus.
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rut/news.de