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Olaf Scholz in Russland: Scholz widerspricht Putin - kein Völkermord in der Ostukraine

Auf nach Moskau: Bundeskanzler Olaf Scholz stehen langwierige Gespräche mit Wladimir Putin bevor. Bild: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

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Nach seinem Kurzbesuch in Kiew setzt Bundeskanzler Olaf Scholz seine Bemühungen um eine Entschärfung der Ukraine-Krise am Dienstag (15.02.2022) in Moskau fort. Im Kreml trifft er Russlands Präsident Wladimir Putin erstmals zu einem langen Vier-Augen-Gespräch, für das mehrere Stunden angesetzt sind. Formal handelt es sich um einen Antrittsbesuch des Kanzlers in einer Zeit, in der die deutsch-russischen Beziehungen auf dem Tiefpunkt sind. Die Ukraine-Krise dürfte bei dem Gespräch aber alle bilateralen Konflikte zwischen Berlin und Moskau überlagern.

Olaf Putin zu Antrittsbesuch in Moskau: Alle News im Ticker-Überblick

+++ Scholz widerspricht Putin: Kein Völkermord in der Ostukraine +++

Bundeskanzler Olaf Scholz hat der Darstellung des russischen Präsidenten Wladimir Putin widersprochen, dass in der Ostukraine ein Völkermord stattfinde. «Das ist ein heftiges Wort, (...) Es ist aber falsch", sagte Scholz am Dienstag in Moskau vor Journalisten.

Die Äußerung Putins geht auf einen Schlagabtausch mit Scholz in der gemeinsamen Pressekonferenz nach ihrem Treffen im Kreml zurück. Putin hatte gesagt, die Nato habe Belgrad Ende der 90er Jahre ohne ein Mandat des UN-Sicherheitsrates bombardiert. Scholz reagierte darauf und betonte, dass damals ein Völkermord verhindert worden sei. Putin wiederum entgegnete, dass es heute auch in der Ostukraine einen «Völkermord» gebe. Darauf hatte Scholz dann zunächst nicht mehr geantwortet.

Russland sieht sich als Schutzmacht der russischsprachigen Bevölkerung in der Ostukraine. Nach UN-Schätzungen starben im Konflikt in der Ostukraine bisher mehr als 14 000 Menschen, die meisten in dem Gebiet, das von prorussischen Separatisten kontrolliert wird.

+++ Scholz lehnt russischen PCR-Test ab - In Moskau gelandet +++

Bundeskanzler Olaf Scholz hat es abgelehnt, sich vor seinem Treffen mit Präsident Wladimir Putin von russischer Seite auf Corona testen zu lassen. Stattdessen entschied sich der SPD-Politiker dafür, den für den Zutritt zum Kreml erforderlichen PCR-Test am Dienstag nach seiner Landung in Moskau von einer Ärztin der deutschen Botschaft vornehmen zu lassen. Die russischen Gesundheitsbehörden seien eingeladen worden, bei dem Test dabei zu sein, hieß es aus dem Umfeld des Kanzlers. Ein Testgerät sei aus Deutschland mitgeführt worden.

Scholz selbst, seine gesamte Delegation und die mitreisenden Journalisten - zusammen mehr als 50 Personen - mussten schon vor der Abreise aus Deutschland insgesamt drei negative PCR-Tests vorlegen. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron hatte bei seinem Besuch in Moskau vor wenigen Tagen einen russischen PCR-Test abgelehnt. Die Folge waren drastische Abstandsregeln bei dem Gespräch im Kreml: Putin und Macron nahmen an den Enden eines sechs Meter langen, weißen Tisches Platz. Auch bei der Pressekonferenz standen die Rednerpulte mehrere Meter voneinander entfernt.

Scholz landete am Vormittag in Moskau, wo ein langes Gespräch mit Putin über mehrere Stunden unter vier Augen vorgesehen ist. Im Mittelpunkt wird die sich immer weiter zuspitzende Ukraine-Krise stehen. Die USA haben in den vergangenen Tagen mehrfach vor einem möglicherweise unmittelbar bevorstehenden russischen Angriff auf die Ukraine gewarnt. Russland wies dies als "Panikmache" zurück.

Olaf Scholz trifft Putin in Moskau: Gelingt die Entschärfung der Ukraine-Krise?

Scholz hatte bereits bei seinem Besuch am Montag in Kiew erklärt, dass er bei Putin für eine Deeskalation in der Krise werben wolle. Der Aufmarsch von Zehntausenden russischen Soldaten entlang der ukrainischen Grenze sei "nicht nachvollziehbar", meinte der SPD-Politiker. Zugleich warnte er Russland erneut vor einem Überfall auf die Ukraine und betonte, dass die EU und die USA für diesen Fall harte Reaktionen vorbereitet hätten.

US-Präsident Joe Biden hatte beim Antrittsbesuch des Kanzlers in Washington erklärt, dass das Aus für die Ostseepipeline Nord Stream2 dazu gehören würde. Scholz nennt die Gasleitung dagegen nicht ausdrücklich als Sanktionsinstrument und spricht lediglich davon, dass "alle Optionen auf dem Tisch" seien. Den Pipeline-Namen Nord Stream 2 hat er seit Mitte Dezember öffentlich nicht mehr in den Mund genommen.

Putin-Angriff noch diese Woche? USA verlegen Botschaft von Kiew nach Lemberg

Die Reise findet vor dem Hintergrund von Spekulationen aus den USA über einen russischen Angriff auf die Ukraine möglicherweise noch in dieser Woche statt. Die Amerikaner kündigten am Montag an, angesichts der extrem angespannten Lage ihre Botschaftsgeschäfte von der ukrainischen Hauptstadt Kiew in die Stadt Lwiw (Lemberg) nahe der Grenze zu Polen zu verlegen. Es handele sich um eine vorübergehende Vorsichtsmaßnahme, teilte US-Außenminister Antony Blinken mit.

Deutschland hat wie die USA seine Staatsbürger zum Verlassen der Ukraine aufgerufen. Scholz sprach schon vor seiner Kiew-Reise von einer "sehr, sehr ernsten Bedrohung des Friedens in Europa". Russland hingegen betont immer wieder, keinen Angriff auf die Ukraine zu planen - und wirft den USA "antirussische Propaganda und Panikmache" vor. Moskau hatte zuletzt deutlich gemacht, weiter an Verhandlungen mit dem Westen interessiert zu sein, um die Krise zu lösen.

Putin will eine Debatte über eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa anstoßen. In einem Forderungskatalog an die Nato und an die USA verlangt er, dass der Westen juristisch verbindliche Garantien für Russlands Sicherheit ausstellt. Das heißt konkret unter anderem ein Verzicht auf Aufnahme der Ukraine in die Nato und ein Verzicht auf die Stationierung von Waffensystemen, darunter eine US-Raketenabwehr vor Russlands Grenzen.

Nato-Beitritt der Ukraine "nicht auf der Tagesordnung"

Die Nato lehnt einen Verzicht auf einen Nato-Beitritt der Ukraine aus prinzipiellen Gründen zwar ab. Scholz betonte in Kiew aber, dass eine Aufnahme der Ukraine in die Nato aktuell auch nicht anstehe. Es sei "schon etwas eigenwillig zu beobachten, dass die russische Regierung etwas, das praktisch nicht auf der Tagesordnung steht, zum Gegenstand großer politischer Problematiken macht", sagte er.

Putin, dessen Heimatstadt St. Petersburg eine Partnerschaft mit Hamburg hat, kennt Scholz noch als Bürgermeister der Hansemetropole. Dort begegneten sich die beiden, als Scholz 2017 die Organisation des von Krawallen überschatteten G20-Gipfels mit zu verantworten hatte. 2018 und 2019 trafen sie sich bei den G20-Gipfeln in Buenos Aires und Osaka wieder, aber ohne sich wirklich näher kennenzulernen.

Deutsch-russische Beziehungen während Ukraine-Konflikt auf dem Tiefpunkt

Als Kanzler steht Scholz nun vor einem schwierigen Wiedersehen mit dem Kremlchef in einer Zeit, da das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland gespannt ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr - auch ohne die Ukraine-Krise. Der Anschlag mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok auf den Putin-Gegner Alexej Nawalny, der nach seiner Genesung in Deutschland in einem russischen Straflager inhaftiert wurde, vergiftet das Verhältnis beider Länder.

Als einen Schlag für die zivilgesellschaftlichen Beziehungen kritisiert die Bundesregierung auch die Schließung deutscher Nichtregierungsorganisationen in Russland. Deshalb ist auch der einst von Kanzler Gerhard Schröder und Putin ins Leben gerufene Petersburger Dialog eingefroren.

Deutsche Welle begleitet Bundeskanzler Olaf Scholz nach Moskau

Die Liste der Probleme ist so lang, dass ein Gespräch nicht ausreicht für deren Lösung. Noch einmal verschärft haben sich die Spannungen zuletzt durch das Arbeitsverbot für die Deutsche Welle in Russland. Eine Korrespondentin und ein Kameramann des Senders werden aber an der Scholz-Reise teilnehmen.

Ein besonderes Ärgernis vor allem auch der deutschen Wirtschaft, die in Russland Milliarden investiert, sind zudem die neuen medizinischen Zwangsuntersuchungen für alle Ausländer. Deutsche Manager und Investoren hatten sich entsetzt gezeigt über die erniedrigenden Medizinchecks und warnten vor einem Exodus hochqualifizierter Arbeitskräfte und einer Kapitalflucht aus Russland.

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/news.de/dpa

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