Corona-Chaos in Sachsen: Ist der Wellenbrecher-Lockdown die letzte Rettung?
Erstellt von Claudia Löwe
18.11.2021 14.59
Sachsens Krankenhauskoordinator Michael Albrecht hat einen 14-tägigen Lockdown gefordert, um die drastisch steigenden Corona-Infektionszahlen im Freistaat in den Griff zu bekommen. "Meine persönliche Empfehlung wäre: Machen Sie jetzt einen totalen Lockdown für 14 Tage. Lassen Sie uns Luft holen, lassen Sie uns sehen, wie sich die Entwicklung der Fallzahlen dann abschwächen wird", sagte der medizinische Vorstand des Universitätsklinikums Dresden am Abend des 17. November bei einer Online-Diskussionsrunde mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU).
Sachsen rast auf Corona-Gau zu: Intensivstationen droht Kollaps
Die Prognosen gingen davon aus, dass die Zahlen der Corona-Erkrankten in den Kliniken und Intensivstationen immer weiter steigen würden - laut Prognosen auf mehr als 2.800 Patienten insgesamt in den Krankenhäusern und 550 Intensivpatienten in zwei Wochen. "Da sind wir dann schlechter als wir im Dezember letzten Jahres waren, wo wir ja wirklich in heroischen Aktionen kurz vor Weihnachten 60 intensivpflichtige Patienten aus Sachsen in andere Bundesländer ausgeflogen haben", sagte Albrecht.
Sofortiger 14-Tage-Lockdown in Sachsen könnte chaotisches Weihnachten verhindern
Abgeschwächte Maßnahmen führten dazu, dass man dem Infektionsgeschehen hinterherlaufe. Deshalb sei jetzt ein Lockdown besser, um vor Weihnachten "mit abgestuften Regelungen zum normalen Leben" zurückzufinden.
Sachsen kurz vor Total-Lockdown: Freistaat erwägt Shutdown bis 15. Dezember
Wie die "Bild" erfahren haben will, seien die Überlegungen für einen Lockdown im Freistaat Sachsen bereits konkret. Demnach werde in Erwägung gezogen, alle Einrichtungen bis zum 15. Dezember 2021 zu schließen - der Lockdown könnte nicht nur für Ungeimpfte, sondern auch für Geimpfte und Genesene gelten, schreibt die "Bild".
Kretschmer kündigt "harten und klaren Wellenbrecher" für Pandemie an
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat angesichts dramatisch steigender Corona-Infektionen weitere harte Einschnitte in seinem Bundesland angekündigt. Bei einer Regierungserklärung im Landtag sprach er am Donnerstag von einem "harten und klaren Wellenbrecher" für zwei oder drei Wochen. Das Wort Lockdown vermied er. Details sollen am Freitag vom Kabinett beschlossen werden. Es gelte auch noch die Beschlussfassung im Bundestag und im Bundesrat abzuwarten, sagte der Regierungschef. Der Bundestag wollte am Donnerstag über das neue Infektionsschutzgesetz befinden.
Kretschmer verwies auf den extrem hohen Wert der Wocheninzidenz in Sachsen, den das Robert Koch-Institut am Donnerstag mit 761,4 angab. Damit hat Sachsen bundesweit mit Abstand die höchste Infektionsrate vor Bayern (609,5) und Thüringen (565,0). Dies zeige einmal mehr, dass dringend gehandelt werden müsse, betonte Kretschmer. Die Seuche brauche vorausschauendes Handeln. Es gebe einen direkten Zusammenhang zwischen Impfquote und Inzidenz. Sachsen haben die niedrigste Impfquote, obwohl man immer wieder für das Impfen geworben habe. Es gebe nur einen Weg, die Seuche zu beenden - die Immunisierung.
Kretschmer verglich die Situation in Sachsen mit den Jahrhunderthochwassern. In der Pandemie seien die Dämme nun gebrochen. "Diese Welle bricht sich jetzt Bahn. Niemand hat die Kraft, in der jetzigen Situation, diese Dämme zu schließen. Das Wasser steigt." Bei Hochwasser beginne dann die Phase der Evakuierung. Man müsse dieses Land zur Ruhe bringen. Das könne man vor allem mit einer Kontaktreduzierung erreichen. Dafür sei ein gemeinsames Handeln und gesellschaftlichen Zusammenhalt notwendig. "Vom Ich zum Wir - das ist das Gebot der Stunde. Nur so schaffen wir es, die Pandemie zu bewältigen."
Kretschmer hielt es für "unfassbar", dass manche die Pandemie noch immer leugnen. "Wer über Monate Lügen hört, wird am Ende nicht mehr wissen, was die Wahrheit ist." Das sei ein Teil des Problems und Grund für die niedrige Impfquote sowie die Ablehnung notwendiger Maßnahmen. "Verschwörungstheorien, Desinformationen haben in einem Teil der Bevölkerung eine solche Macht gewonnen, dass die Bürgerinnen und Bürger dort nicht mehr wissen, was die Wahrheit ist." Wer die Pandemie jetzt noch leugne, mache sich schuldig, weil viele nicht mehr gerettet werden könnten, wenn man dieses Spiel weiter betreibe.
Krankenhäuser am Limit: Corona-Überlastungsstufe in Sachsen erreicht
Sachsen hat die Corona-Überlastungsstufe bei seinen Krankenhausbetten offiziell erreicht. Damit gelten ab Freitag (19.11.2021) verschärfte Regeln und Kontaktbeschränkungen. Wegen der drastisch gestiegenen Infektionszahlen will die Landesregierung zudem am Freitag vorzeitig eine neue Corona-Schutzverordnung beschließen. Diese würde dann ab Montag nächster Woche (22.11.2021) gelten. Sachsen hat mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von 742,2 den mit Abstand höchsten Wert aller Bundesländer.
Als Überlastungsstufe sind im Freistaat 1.300 mit Corona-Patienten belegte Betten auf den Normalstationen der Krankenhäuser festgelegt. Wird der Wert an drei Tagen hintereinander erreicht, treten ab dem übernächsten Tag verschärfte Vorschriften in Kraft. Am Mittwoch wurden 1.520 belegte Betten ausgewiesen, am Dienstag waren es 1.524 und am Montag 1.391.
Von Freitag an dürfen sich somit Angehörige eines Haushalts nur noch mit einer weiteren Person treffen; Geimpfte, Genesene oder Kinder bis 16 Jahre zählen nicht mit. Das 2G-Modell (geimpft oder genesen) gilt dann auch im Einzelhandel. Davon ausgenommen sind etwa Supermärkte oder Drogerien.
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loc/news.de/dpa