Politik

"2015 darf sich nicht wiederholen": Armin Laschet windet sich durch "Tagesthemen"-Interview

CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet muss sich nach seinen kontroversen Aussagen zur aktuellen Lage in Afghanistan heftige Kritik gefallen lassen. Bild: picture alliance/dpa | Danny Gohlke

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Die militant-islamistischen Taliban haben Afghanistan in rasantem Tempo unter ihre Kontrolle gebracht und faktisch die Macht in dem Land übernommen. Seit Tagen beherrschen die entsetzlichen Bilder aus Kabul die Nachrichten - Menschen in Todesangst versuchen verzweifelt, in die Evakuierungsflieger zu kommen, um ihr Leben vor den Terroristen zu retten. Angesichts der blanken Todesangst, die die Flüchtenden ausstehen, wirken die Aussagen, die mehrere Politiker in Deutschland von sich geben, wie blanker Hohn.

Afghanistan von Taliban kontrolliert - doch CDU fürchtet wiederholte Flüchtlingswelle

Eine Situation wie vor sechs Jahren, als Bundeskanzlerin Angela Merkel mehr als einer Million Geflüchteten die Einreise nach Deutschland gewährte, soll sich angesichts der aktuellen Lage in Afghanistan tunlichst nicht erneut abspielen, forderten mehrere Politiker. "2015 darf sich nicht wiederholen", verlangte beispielsweise CDU-Vize Thomas Strobl, der auch baden-württembergischer Innenminister ist. Ähnliche Warnungen formulierten CDU-Vize und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Unionskanzlerkandidat und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), der für eine Aufnahme von Flüchtlingen in der Bundesrepublik in begrenzter Zahl plädiert. Die Aufregung um derartige Aussagen, insbesondere in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs, ist immens - nun bekam Armin Laschet in einem "Tagesthemen"-Interview mit Ingo Zamperoni heftige Kritik ab.

Armin Laschet in ARD-"Tagesthemen" schonungslos kritisiert

"Habe ich das richtig verstanden? Da klammern sich verzweifelte Menschen an startende Flugzeuge und Ihre größte Sorge ist, dass sich 2015 hier bei uns nicht wiederholt?", stieg Ingo Zamperoni kritisch in das Interview mit CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet ein. Zuvor hatte der Unionspolitiker drei Vorschläge unterbreitet, wie die deutsche Regierung in Afghanistan helfend tätig werden könne. Ingo Zamperoni indes ließ sich im "Tagesthemen"-Interview nicht von Armin Laschets Ausflüchten beeindrucken und gab dem Kanzlerkandidaten der Union weiter Kontra.

Rettung aus Afghanistan vertrödelt? Armin Laschet in TV-Interview gegrillt

"Es wirkt nur so, als sei der Blick auf das Innenpolitische wichtiger als die Rettungsaktion", warf Ingo Zamperoni dem sichtlich genervten CDU-Kanzlerkandidaten vor. Seit Wochen hätte sich die Lage in Afghanistan zugespitzt, die Bedrohung für Ortskräfte sei längst bekannt gewesen - wieso setzte die Bundesregierung nicht früher alle Hebel in Bewegung, die Menschen in Sicherheit zu bringen? Man müsse "proaktiv und humanitär" helfen, gab Laschet zu bedenken, doch "dazu ist es jetzt zu spät", warf Zamperoni ein. Letztlich räumte der CDU-Mann eine "Fehlkalkulation" seitens der Bundesregierung ein, die aufgearbeitet werden müsse.

Laschet forderte Abschiebungen nach Afghanistan, als die Taliban schon auf dem Vormarsch waren

Zudem musste sich Armin Laschet den Vorwurf gefallen lassen, er selbst habe noch vor wenigen Tagen für Abschiebungen nach Afghanistan plädiert, obwohl die Machtergreifung durch die Taliban längst absehbar gewesen sei. Seiner Ansicht nach sei es um "wenige Fälle schwerkrimineller Vergewaltiger" gegangen, versuchte sich Laschet aus der Affäre zu winden und verwies auf die aktuellen Lageberichte des Auswärtigen Amtes, nach denen Abschiebungen erfolgen.

#LaschetDarfNichtKanzlerWerden: Armin Laschet nach "Tagesthemen"-Interview in der Kritik

Die Reaktionen des "Tagesthemen"-Publikums auf die Aussagen von Armin Laschet ließen nicht lange auf sich warten. "Wenn #Laschet Bundeskanzler wird können wir uns in Zukunft ständig so ein geschwafel anhören. Bitte nicht", schrieb ein Twitter-User, ein anderer merkte an "Ihm werden mit aller Deutlichkeit Fehler der eigenen Partei und der eigenen Person vorgehalten und ihm fällt bis auf Whataboutism und Ablenkung nichts ein. Er ist die Personifikation der aktuellen Unionspolitik und noch wichtiger: #LaschetDarfNichtKanzlerWerden", gefolgt von "Was für ein Krisenclown. Man weiß es echt nicht mehr, was das soll mit seiner Kandidatur."

Zudem bekam Moderator Ingo Zamperoni für sein Interview eine Menge Applaus: "Sehr gute, ungemütliche Fragen, die sich aktuell stellen. Das muss ich echt loben" oder "Danke für dieses hervorragende Interview. Sie haben sich nicht zufrieden gegeben mit Herrn Laschets Antworten und alles auf den Punkt gebracht. Es war eine Freude das zu sehen. Meinen Respekt dafür!" sind nur ein Bruchteil der Reaktionen auf das "Tagesthemen"-Gespräch.

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/news.de/dpa

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