Politik

Coronavirus aktuell: Spahn ausgebremst! Merkel intervenierte angeblich bei Impfstoff-Kauf

Welchen Anteil trägt Angela Merkel am schleppenden Corona-Impfstart in Deutschland? Bild: dpa

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Seit über einer Woche wird in Deutschland gegen das Coronavirus geimpft. Gesundheitsminister Jens Spahn hatte schon vor dem Start geahnt: "Es wird an der einen oder anderen Stelle auch mal ruckeln." Der CDU-Politiker sollte recht behalten. Vielen geht das Impfen zu langsam, andere Länder kommen schneller voran. Die "Bild"-Zeitung schreibt in diesem Zusammenhang von einem "Debakel" und erklärt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel den Impfprozess in Deutschland gebremst habe.

Corona-Impfungen in Deutschland: Angela Merkel "bremste" Impfstoff-Kauf aus

Den Grund sieht das Blatt in Merkels Einschreiten nachdem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zusammen "mit seinen Ressortkollegen aus Frankreich, Italien und den Niederlanden[...]eine Impfstoff-Allianz geschmiedet" hatte. Die "Bild" ist sich sicher: Als die EU-Kommission die Verantwortung für die Impfstoffkäufe übertragen bekam, förderte es das mutmaßliche "Impf-Versagen" hierzulande enorm. Angeblich wollte "Merkel damit ein Signal für ihre EU-Ratspräsidentschaft (ab 1. Juli) setzen", erklärt die "Bild".

Spahn warnte vor Verzögerung bei Lieferung von Corona-Impfstoff

Bundesgesundheitsminister Spahn habe laut "Bild"-Informationen "verärgert" auf die "Intervention des Kanzleramts reagiert" und zugleich "vor massiven Verzögerungen bei der Impfstoff-Bestellung" gewarnt. Der Deal mit Impfstoff-Hersteller AstraZeneca ging auf die EU über, einen deutschen Alleingang sollte es nicht geben. Einen EU-Vertrag mit AstraZeneca kam erst am 27. August zustande, ein zweiter Vertrag mit dem französischen Hersteller Sanofi (Fertigstellung erst 2021) folgte am 18. September, ein dritter mit Johnson & Johnson im Oktober. Erst am 11. November ist der EU-Vertrag mit Impfstoff-Lieferant Biontech in trockenen Tüchern.

Laut dpa-Informationen betont Gesundheitsminister Spahn allerdings, dass Deutschland bewusst den europäischen Weg wählte. Ein Wettrennen der 27 um den knappen Impfstoff hätte neuen Zündstoff für die EU bedeutet, und das große Deutschland wäre mit Sicherheit dafür angefeindet worden, kleine und weniger wohlhabende Staaten auszubooten. Laut Medienberichten sollen die USA für die ersten 100 Millionen Dosen Biontech-Impfstoff 19,50 Dollar pro Stück bezahlt haben, umgerechnet rund 16 Euro. In der EU waren es den belgischen Informationen zufolge 12 Euro. Insgesamt hat die EU Bezugsrechte für knapp zwei Milliarden Impfdosen, mehr als genug für die 450 Millionen Menschen in der EU. Das Problem: Bisher hat nur Biontech/Pfizer die EU-Zulassung.

Corona-Virus aktuell: Hat die EU auf die falschen Impfstoffe gesetzt?

Da lange unklar war, wer im Impfstoff-Rennen die Nase vorn haben würde, wollte die Kommission das Risiko streuen. Warum zu welchem Zeitpunkt welche Mengen bei bestimmten Firmen bestellt wurden, ist aber nicht transparent - die Verträge sind geheim. Unter der Hand ist in Brüssel zu hören: Biontech und Moderna waren für einige EU-Staaten zunächst nicht erste Wahl, wegen der neuartigen Technologie und wegen der Preise. Auch diese sind ein Geheimnis, doch gab eine belgische Staatssekretärin kürzlich auf Twitter zeitweise Einblick: So koste eine Dosis Impfstoff von Moderna umgerechnet rund 15 Euro, von Biontech/Pfizer 12 Euro, von Astrazeneca nur 1,78 Euro.

Der SPD-Politiker Karl Lauterbach kritisiert, dass Europa nur wenig von dem Moderna-Impfstoff gekauft hat, nämlich 160 Millionen Dosen. "Schon sehr früh war klar, dass der Moderna-Impfstoff sehr stark wirkt und in Hausarztpraxen verwendet werden könnte", sagte Lauterbach der "Rheinischen Post". Wegen der geringen Menge werde der Moderna-Impfstoff wohl keine große Rolle spielen. Mit AstraZeneca vereinbarte die EU-Kommission hingegen schon im August den Kauf von bis zu 400 Millionen Dosen und hoffte auf Lieferung vor Jahresende. Dann gab es in Tests Rückschläge. In Großbritannien hat der sogenannte Oxford-Impfstoff nun die Notfallzulassung geschafft. In der EU könnte das Mittel einige Wochen nach Moderna möglicherweise als nächstes auf den Markt kommen.

Kann die EU noch mehr von Biontech bekommen?

Voraussichtlich ja. Man sei "in fortgeschrittenen Diskussionen" über zusätzliche Lieferungen, sagte Biontech-Chef Ugur Sahin an Neujahr der Deutschen Presse-Agentur. Also mehr als die bestellten 300 Millionen Dosen. Man arbeite mit der EU am Ausbau der Produktionskapazitäten. Im "Spiegel" wies er auf Schwierigkeiten hin: "Aber es ist ja nicht so, als stünden überall in der Welt spezialisierte Fabriken ungenutzt herum, die von heute auf morgen Impfstoff in der nötigen Qualität herstellen könnten." Erst Ende Januar werde klar sein, ob und wie viel zusätzlich produziert werden könne.

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/sba/news.de/dpa

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