Rumänien: Der letzte Tag des Diktators
Von news.de-Redakteur Torben Waleczek
25.12.2009 12.41
Noch im Moment seiner Hinrichtung klammert sich Nicolae Ceausescu an die sozialistische Sache: «Lang lebe das freie Rumänien, lang lebe der Sozialismus», ruft er. Dann rattern die Kalaschnikows. Drei Mann feuern jeweils 30 Schuss auf Ceausescu und seine Ehefrau Elena. Das Paar hatte darum gebeten, gemeinsam sterben zu dürfen. Der Wunsch wird gewährt.
Es ist der 25. Dezember im Jahr 1989. Mit den tödlichen Schüssen endet an diesem Weihnachtstag eine ganze Epoche. Ceausescu ist der letzte der sozialistischen Diktatoren in Osteuropa, die im Zuge der Freiheitsbewegung von 1989 ihre Macht einbüßen – und zugleich der einzige rote Despot, der seine Terrorherrschaft mit dem Leben bezahlen muss.
Unter Ceausescu erlebt Rumänien ein fast beispielloses Gewaltregime – allenfalls vergleichbar mit der stalinistischen Sowjetunion. Der Diktator residiert in pompösen Palästen, lässt sich in einem größenwahnsinnigen Personenkult als «Conducator» (Führer) feiern. Das Volk hingegen leidet an Hunger und Kälte, Strom und Lebensmittel sind streng rationiert. Jede oppositionelle Bestrebung wird vom rumänischen Geheimdienst Securitate brutal niedergeschlagen.
Flucht in einem Schützenpanzer
Anders als in der DDR oder in der Tschecheslowakei verläuft die Revolution in Rumänien nicht friedlich, sondern gewaltsam. Im Dezember 1989 eskaliert die Situation bei Masssenprotesten in der Stadt Temeschwar. Die Armee feuert wahllos in die Menge. Wie viele Menschen bei dem Massaker sterben, ist bis heute unklar. Ceausescu bleibt von den Unruhen zunächst scheinbar unbeeindruckt, fliegt zum Staatsbesuch nach Teheran. Doch dann erreichen die Proteste auch die Hauptstadt Bukarest. Am 21. Dezember muss der Diktator mit Erstaunen erleben, wie 100.000 aufgebrachte Menschen ihn ausbuhen und niederschreien. Diktatoren-Gattin Elena verlangt vom Geheimdienst, alle Demonstranten festzunehmen und zu erschießen.
Doch die Ceausescus sind vom Glück verlassen. In Bukarest toben inzwischen Straßenkämpfe zwischen Armee und Securitate. Mit einem Schützenpanzer versuchen der Diktator und seine Frau, außer Landes zu fliehen. Nördlich der Hauptstadt werden die beiden gestellt. In der Stadt Targoviste kommt es am Weihnachtstag des Jahres 1989 zum Eilverfahren. Selbst Gegner des Gewaltherrschers räumen heute ein, dass Ceausescu in diesem Prozess keine Chance hatte. Das Urteil, das nach einer halben Stunde verkündet wird, stand von vornherein fest: Tod durch Erschießen.
Mit 90 Kugeln aus der Kalalschnikow endet wenige Minuten nach der Urteilsverkündung die kommunistische Gewaltherrschaft in Rumänien - vor einer Wand im Kasernenhof.
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