Panorama

Massenpanik in Südkorea: Polizei gesteht Fehler ein! Mindestens 156 Tote bei Halloween-Feiern

Bei Halloween-Feierlichkeiten in Südkorea sind mindestens 151 Menschen gestorben. Bild: picture alliance/dpa/Yonhap/AP | Lee Ji-Eun

  • Artikel teilen:

Die Halloween-Feiern in einem beliebten Ausgehviertel der südkoreanischen Millionenmetropole Seoul sind in einer beispiellosen Katastrophe gemündet. Bei einem Massengedränge kamen Samstagnacht (Ortszeit) mindestens 156 vorwiegend junge Menschen ums Leben, wie das innenministerium mitteilte.Zwei Personen erlagen demnach seit Montagnacht ihren Verletzungen. Nach den aktualisierten Zahlen wurden 151 Verletzte erfasst. Von ihnen befänden sich 29 in einem kritischen Zustand. Unter den Todesopfer waren auch 26 Ausländer aus verschiedenen Ländern. Itaewon zieht wegen seiner Clubszene und zahlreichen Kneipen besonders an den Wochenenden viele Menschen an.Die Zahl der Todesopfer könne weiter steigen. Präsident Yoon Suk Yeol ordnete am Sonntagmorgen eine gründliche Untersuchung sowie eine Staatstrauer an.

Mindestens 151 Tote nach Massenpanik bei Halloween-Fest in Südkorea

Das Massenunglück ereignete sich Augenzeugenberichten zufolge, als es am Vorabend von Halloween in einer engen, leicht absteigenden Gasse in dem viel besuchten Viertel Itaewon zu einem extremen Gedränge kam. Für die Besucher wurde demnach das nicht einmal 100 Meter lange Gässchen, an dem sich zu beiden Seiten Bars und Restaurants reihen, zur Falle: Zahlreiche Besucher seien zu Boden gestürzt, während andere nachgerückt seien. Hinten hätten sich die Mengen gestaut.

Viele der Opfer seien erstickt, erdrückt oder niedergetrampelt worden. "Da es viele Menschen auf dem Hügel gab, drückten Menschen die anderen von oben", zitierte der öffentlich-rechtliche Sender KBS einen Zeugen. Sie alle seien wegen der Last gestürzt und dabei erdrückt worden.

Umstände für Massenpanik bislang unklar! Polizei ermittelt

Die genauen Umstände des Desasters sind noch unklar, die Polizei teilte mit, es werde auch überprüft, ob Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften vorlägen. Die ersten Berichte über das Unglück gingen den Berichten zufolge um etwa 22.15 Uhr Ortszeit bei Feuerwehr und Polizei ein.

Augenzeugenberichten zufolge waren die Gassen rund um das Unglücksareal derart voll, dass sich die Rettungskräfte nur schwer ihren Weg durch die Menschenmassen bahnen und zu den Opfern vordringen konnten.

Videos zeigen schreckliche Szenen nach Halloween-Fest in Seoul

Online-Videos, die in sozialen Medien kursierten, zeigten Dutzende Personen, die am Straßenrand liegend mit blauen Plastikplanen bedeckt waren. Insgesamt hätten die Einsatzkräfte versucht, mehr als 50 Menschen wiederzubeleben, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap. Demnach waren mehr als 140 Rettungsfahrzeuge im Einsatz. Das Gebiet wurde weitläufig abgesperrt. Die Leichname wurden in den Morgenstunden in eine Sporthalle transportiert, wo sie von Angehörigen identifiziert werden sollten.

Das alljährliche Halloween-Fest ist eine der größten öffentlichen Feiern in der Hauptstadt. Dieses Jahr fanden die Veranstaltungen statt, nachdem die Corona-Maßnahmen weitgehend gelockert wurden. Zehntausende Menschen zog es laut den Berichten ins Itaewon-Viertel, viele von ihnen in Halloween-Kostümen verkleidet.

"In Itaewon ist es jedes Jahr extrem voll, aber dieses Jahr war es einfach nur verrückt", schrieb eine Frau auf ihrem Instagram-Account. Den Berichten zufolge machten Gerüchte die Runde, dass ein prominenter YouTuber auf dem Weg zu einem Club in der betroffenen Straße oder dort schon angekommen sei. Das habe noch einmal sehr viele Menschen angezogen.

Präsident Yoon leitete in der Nacht zum Sonntag eine Notfallsitzung. Zuvor ordnete er an, weiteres Notfallpersonal in das Areal zu entsenden und Krankenhausbetten vorzubereiten. Seouls Bürgermeister Oh Se Hoon sagte den Berichten zufolge während eines Besuchs in Europa sämtliche Termine ab und war auf dem Weg zurück in die Hauptstadt. Die Stadt richtete eine Leitung für Vermisstenmeldungen ein.

"Das ist wirklich schrecklich", sagte Präsident Yoon in einer Rede am Sonntag aus seinem Büro, das unweit des Ausgehviertels liegt. Die Tragödie im Zentrum von Seoul hätte nicht passieren dürfen. Als Präsident, der für das Leben und die Sicherheit der Bürger verantwortlich sei, fühle er tiefe Trauer. Die Phase, bis der Vorfall unter Kontrolle sei, werde die Regierung zur nationalen Trauerperiode erklären.

Scholz erschüttert über Halloween-Drama von Seoul

Auch im Ausland löste die Tragödie Entsetzen aus. Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte den Hinterbliebenen und Opfern sein Mitgefühl. "Die tragischen Ereignisse in Seoul erschüttern uns zutiefst", teilte der SPD-Politiker auf Twitter mit. "Unsere Gedanken sind bei den vielen Opfern und ihren Angehörigen. Das ist ein trauriger Tag für Südkorea. Deutschland steht an ihrer Seite."

Er und seine Frau Jill trauerten mit den Menschen in Südkorea, hieß es in einer Erklärung von US-Präsident Joe Biden. "Die Allianz zwischen unseren Ländern war niemals pulsierender und lebendiger - und die Beziehungen zwischen unseren Bürger so stark wie nie."

Fehlende Sicherheitsvorkehrungen? Polizeichef äußert sich nach Halloween-Unfall in Südkorea

Der Massenunfall hat in Südkorea Fragen nach der Rolle der Behörden und nach fehlenden Sicherheitsvorkehrungen aufgeworfen. Südkoreas Polizeichef hat nach der Massenpanik mit mehr als 150 Toten während Halloween-Partys in Seoul offenkundige Fehler seiner Behörde eingeräumt. In den Stunden vor der nächtlichen Tragödie am Samstag seien mehrere Notfallrufe eingegangen, die auf potenzielle Gefahren hingedeutet hätten, sagte der Chef der nationalen Polizeibehörde, Yoon Hee Keun, am Dienstag. Doch die Antwort darauf sei jeweils "unzureichend" gewesen: "Ich fühle eine schwere Verantwortung als Leiter einer der zuständigen Behörden."

Ob die Katastrophe aus seiner Sicht durch frühe polizeiliche Maßnahmen hätte verhindert werden können, sagte Yoon nicht. Er wolle aber dafür sorgen, dass gründlich untersucht werde, was falsch gelaufen sei. Dazu werde auch ein unabhängiges Untersuchungsgremium innerhalb der Polizeibehörde geschaffen.

Premierminister Han Duck Soo deutete am Dienstag bei einer Pressekonferenz an, der Polizei solle künftig freiere Hand bei der Steuerung von Massenereignissen ohne erkennbaren Organisator gegeben werden. "Der wichtigste Faktor war das Management der Menschenmengen», sagte er in Anspielung auf die Katastrophe. Diese habe Defizite offenbart. "Wir sollten das System komplett ändern." Er könne jedoch wegen der laufenden Untersuchungen nicht ins Detail gehen.

Innenminister Lee Sang Min als auch der Seouler Bürgermeister Oh Se Hoon entschuldigten sich wegen des Massenunglücks. Als Stadtoberhaupt fühle er grenzenlose Verantwortung, sagte Oh. Er versprach, die Stadt werde ihr Bestes tun, um die Sicherheit bei Massenveranstaltungen zu verbessern.

Folgen Sie News.de schon bei Facebook, Twitter, Pinterest und YouTube? Hier finden Sie brandheiße News, aktuelle Videos und den direkten Draht zur Redaktion.

/news.de/dpa

Themen