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Angepasste Coronavirus-Impfstoffe: "Früher 8 Jahre, heute 8 Mäuse!" Twitter zweifelt Wirksamkeit an

Die angepassten Corona-Impfstoffe wurden von der EMA zugelassen. Bild: AdobeStock / Prostock-studio

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Während es beim Grippeschutz bereits Routine ist, dass die Vakzine jährlich angepasst werden, zielten die Impfstoffe bei Covid-19 bislang nur auf den Wildtyp von Sars-CoV-2 ab. Nun hat die Europäische Arzneimittelagentur EMA die beiden angepassten mRNA-Impfstoffe der Unternehmen Biontech/Pfizer und Moderna freigegeben. Beide Präparate sind bivalent und zielen somit sowohl auf den ursprünglichen Typ von Sars-CoV-2 als auch auf die Omikron-Sublinie BA.1 ab. Doch die angepassten Vakzine stoßen im Netz bereits auf heftigen Widerstand.Unter dem Hashtag #8Mäuse spottet Twitter über die Tierversuche in der präklinischen Entwicklungsphase. Experten zweifeln die Wirksamkeit der aktualisierten Impfstoffe an.

Eklat um angepasste Corona-Impfstoffe! Impfskeptiker zweifeln Wirksamkeit wegen Tierversuchen an 8 Mäusen an

Mit einem Tweet löste unter anderem der Arzt und Wissenschaftler Vinay Prasad die Debatte aus. Darin zeigt er sich verwundert darüber, dass die Daten lediglich von acht Mäusen stammen sollen. "Sogar ich bin schockiert darüber. @mercnews berichtet, dass die Daten von 8 Mäusen stammen. Wie sind wir von 40k Personen RCTs zu 8 Mäusen gekommen?", fragt sich der 40-Jährige auf Twitter. Dazu teilt er einen Auszug aus einem Artikel von "The Mercury News".

Darin heißt es: "In den präklinischen Daten, die Pfizer und Moderna der FDA im Juni vorlegten, schnitt das bivalente Impfstoffdesign besser ab als der Single-Target-Impfstoff. Bei acht Mäusen führte der bivalente Booster von Pfizer zu einem 2,6-fachen Anstieg der neutralisierenden Antikörperspiegel gegen die BA.4- und BA.5-Subvarianten im Vergleich zum aktuellen Booster des Unternehmens." Die Wirkung der Impfstoffe wurde bislang nur bei Tierversuchen und Laboruntersuchungen überprüft. "Die Unternehmen führen nun klinische Studien am Menschen durch. Die Ergebnisse werden aber wahrscheinlich nicht vor Ende Oktober oder Anfang November vorliegen", schreibt "The Mercury News" weiter.

"8 Mäuse als Studiengrundlage für neue Omikron-Impfstoffe!" Twitter explodiert

Stefan Homburg, Professor für Öffentliche Finanzen, teilte auf Twitter einen Artikel von "science.org". "Viele finden meinen letzten Tweet spannend, wonach die neuen #Impfstoffe auf Studien mit acht Mäusen beruhen. Wenn das trenden soll, antworten Sie bitte #8Mäuse", heißt es in dem Tweet. Für Impfskeptiker ein gefundenes Fressen. "Die Studiengrundlage der neuen Omikron-Impfstoffe (BA.4/5)... 8 (in Worten: ACHT) Mäuse (in Worten: MÄUSE)", ätzt Kinderarzt Steffen Rabe auf Twitter. "Wenn #8Mäuse die neuen Impfstoffe gut vertragen, tun es Millionen Menschen ja wohl auch. Bitte stellen Sie keine Fragen, es ist schließlich nur zu Ihrem Besten", wettert ein anderer Twitter-Nutzer. "Früher hat es 8 Jahre gebraucht, bis ein Impfstoff zugelassen wurde. Heute reichen #8Mäuse", ist in einem weiteren Tweet zu lesen.

"Für alle, die sich gerade an Homburgs #8Mäuse aufgeilen und die verlinkten Artikel in Science und The Mercury wahrscheinlich nicht gelesen haben, weil sie kein Englisch können und sie ohnehin nicht verstehen würden: In beiden Artikeln wird der neue Booster empfohlen, er wird als nachweislich sicher bezeichnet, es bestehen noch einige Unklarheiten zur Wirksamkeit und es ist nirgendwo die Rede davon, dass der Wirkstoff NUR an 8 Mäusen getestet wurde. In acht Mäusen erzeugte der Wirkstoff eine 2.6-fache Erhöhung des Antikörperspiegels gegen BA.4 und BA.5, als die früheren Booster, das ist alles zum Mäusethema. Die beiden Artikel sind eine Impfempfehlung. Homburg betreibt hier wieder mal #Desinformation, weil er weiß, worauf seine Fans anspringen", kontert ein Twitter-Nutzer.

Keine klinischen Daten! Immunologe rät Impfwillige vom Warten ab

Das Präparat sei an mehreren Hundert Probanden getestet worden, sagt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl. Die Antikörperreaktionen seien mit einer Kontrollgruppe verglichen worden, die ein viertes Mal den bisherigen Impfstoff bekommen hatte. "Gesehen hat man bei den Menschen mit dem angepassten Impfstoff deutlich mehr Antikörper gegen die Omikron-Variante - und zwar bei Jungen wie Alten wie bei Genesenen", sagte Watzl.

Prozentangaben zur Effektivität, wie es sie für die ersten Covid-19-Vakzine gegeben hatte, wurden nun nicht erhoben. Daten zum tatsächlichen Schutz vor symptomatischer Infektion, schwerer Erkrankung und Tod sind erst aus der Anwendung zu erwarten. Angestrebt wird ein besserer Schutz vor Omikron - und hierbei vor allem vor der Erkrankung, denn ein Schutz vor der Infektion werde nach der Impfung wieder nur vorübergehend bestehen, sagte Watzl.

Immunologe Watzl rät Impfwilligen klar vom Warten ab. "Es gibt zu diesem Impfstoffkandidaten bisher keine klinischen Daten." Man könne nur über den Nutzen spekulieren - auch angesichts der nicht vorhersehbaren Entwicklung der vorherrschenden Varianten in den kommenden Monaten. Auch Modalitäten der Zulassung in der EU und deren Zeitpunkt seien offen. Experten geben auch zu bedenken, dass der große Sprung in der Virusentwicklung zwischen dem Wildtyp und BA.1 lag, zwischen BA.1 und BA.4/BA.5 lägen viel weniger Mutationen.

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/rad/news.de/dpa

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