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Kiliani-Volksfest in Würzburg: Puffmama "Layla" muss draußen bleiben! Ballermann-Hit soll auch auf Oktoberfest verboten werden

Auf dem Würzburger "Kiliani"-Volksfest darf der Ballermann-Hit "Layla" nicht mehr gespielt werden. Bild: picture alliance/dpa | Karl-Josef Hildenbrand

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Einfache Texte für Jedermann, immer schön im Reim, dazu mächtige Beats und ganz viel gute Laune: Egal ob in den Kneipen auf den Urlaubsinseln oder zu Hause beim Feuerwehrfest - Deutschland feiert sich durch den Sommer. Corona und Ukraine-Krieg scheinen zeitweise ganz weit weg. Ein Partyhit jagt den nächsten, im Festzelt zwischen Nord und Süd singen viele Besucher die oft eingängigen Texte lautstark mit.

Partyhit "Layla" auf Würzburger Kiliani-Volksfest wegen Sexismus verboten

DJ Robin & Schürze stehen mit ihrem Sommersong "Layla" in der Gunst vieler Feiernder ganz weit oben und derzeit auf Platz 1 der deutschen Singlecharts. Doch der Stadt Würzburg, wo derzeit das rund zweiwöchige Volksfest "Kiliani" läuft, stößt der Stimmungshit im Ballermann-Style sauer auf. Er sei sexistisch. "Wir können entscheiden, was wir auf dem Volksfest hören wollen", erklärt Stadtsprecher Christian Weiß am Dienstag. "Wir möchten das nicht mehr hören." Und so sei der Festzeltbetreiber gebeten worden, den Song nicht mehr zu spielen. Zuvor hatte ein Medienhaus die Mainstadt auf den Text aufmerksam gemacht, öffentliche Kritik hatte es bis dato laut Weiß nicht gegeben.

Zu rhythmusbetonter, elektronische Musik heißt es in dem Lied unter anderem: "Ich hab' 'nen Puff und meine Puffmama heißt Layla. Sie ist schöner, jünger, geiler (...) Die schöne Layla, die geile Layla. Das Luder Layla, unsre Layla (...)."

DJ Robin & Schürze kritisieren Verbot ihres Ballermann-Songs

DJ Robin kann die Aufregung nicht verstehen, in dem Lied gebe es keinen Sexismus. "Früher haben die Leute "Skandal im Sperrbezirk" gesungen oder "Wir fahren in den Puff nach Barcelona", zitiert ihn die "Bild"-Zeitung. "Also so ganz können wir die Diskussion nicht verstehen. Es kann jeder seine Meinung haben, aber in jedem Deutsch-Rap-Lied sind die Texte schlimmer. Da regt sich kein Mensch auf."

Sein Musikkollege, Michael Müller alias Schürze, sagte der "Heilbronner Stimme": "Heutzutage wird schnell aus einer Erbse eine Ananas gemacht." Es sehe, dass die Leute hinter ihnen stünden. Den Sexismus-Vorwurf wies er zurück. Aufnahmen in sozialen Netzwerken zeigten, dass die Festzeltbesucher in Würzburg das Lied selbst mehrmals anstimmten - auch ohne musikalische Unterstützung.

Musikexperte erkennt Sexismus in Text von "Layla"

Für Musikfachmann Michael Fischer von der Universität Freiburg ist klar: "Natürlich ist das Lied sexistisch." In dem Song werde eine Frau namens Layla beschrieben und "in sexistischer Weise besungen, und das Video unterstützt das natürlich auch in seiner Bildsprache", erklärt der Direktor des Zentrums für Populäre Kultur und Musik der Deutschen Presse-Agentur.

"Es ist ein Partyschlager. Da haben in der Regel die Leute vorher fünf Bier getrunken." Bei Partyhits gehe es nie um erhebende Themen, meint Fischer. "Da geht es ganz oft um sexuelle Inhalte, Trinken, also das, was man bei manchen Partys macht." Man müsse den Rahmen, das Setting beachten, "also wo werden diese Dinge aufgeführt".

Dass die Protagonistin des Videoclips offensichtlich ein Mann in High Heels, schwarzem Minirock und mit blonder Perücke ist, ändere nichts am Charakter des Liedes. Dies sei jenseits von Ironie oder Transaspekten. "Das ist einfach ein sexistischer Song", so das Urteil des Experten.

Würzburg will frauenfeindliche Lieder verbannen

Würzburg hatte im vergangenen Jahr beschlossen, grundsätzlich rassistische und sexistische Lieder nicht mehr auf städtischen Volksfesten zuzulassen. Dies gilt auch für das umstrittene "Donaulied" - dessen Text sich um eine Vergewaltigung dreht.

Frauenfeindlich, diskriminierend, gewaltverherrlichend, jugendgefährdend - manche Musiker ecken mit ihren Songs immer wieder an. Kritiker sprechen von geschmackloser Ausnutzung der Kunstfreiheit. Medienwissenschaftler geben aber zu bedenken, Heranwachsende müssten sich selbstständig mit frauenfeindlichen oder antisemitischen Inhalten reflektiert auseinandersetzen, Zusammenhänge verstehen und eine eigene Haltung entwickeln.

"Lieder zu verbieten ist immer das allerletzte Mittel", sagt Fischer. Oft sei es vielmehr die Frage: "Was wollen wir als Gesellschaft?" Ein Song möge rechtlich einwandfrei sein, aber "ich finde schon, dass der Träger einer Veranstaltung wie die Stadt Würzburg auch das Recht oder vielleicht schon die Pflicht hat zu sagen: Wir wollen das nicht", so der Musikexperte. "Das ist eine ethische Frage. Wir wollen nicht, dass so über Frauen gesprochen wird."

Twitter-Nutzer schäumen vor Wut: "Layla"-Zensur sei Eingriff in die Kunstfreiheit

Auch auf Twitter wird die Entscheidung der Stadt Würzburg kontrovers diskutiert. Ein Nutzer kritisiert: "Die Zensur von #Layla ist ein Eingriff in die Kunstfreiheit, unglaublich lächerlich und in gar keiner Weise zu rechtfertigen". Ein anderer meint: "Oh mein Gott, in dem Lied 'Layla' geht es um eine Prostituierte! Das geht doch nicht! Nach und nach nähern wir uns in diesem Land immer mehr an die Moralvorstellungen der Taliban an. Bei uns heißt es statt "haram" nur "sexistisch". #Layla #Wuerzburg". Und ein weiterer User twitterte: "#Layla soll aufm Volksfest verboten werden, derweil dürfen aber die ganzen 'Gangster' Rapper ihre scheiße rausbringen in denen Drogen verherrlicht, Frauen gedemütigt und gegen Minderheiten gehatet wird was das Zeug hält." Ein weiterer Kommentar lautet: "Die Stadt #Würzburg, in der drei Frauen von einem psychisch Kranken ermordet wurden, weil die Behörden offensichtlich schliefen und nicht schon bei erster Gewalttat eingriffen, verbietet nun das Lied #Layla, um Frauen vor #Sexismus zu schützen! Genau mein Humor! #Sarkasmus" Und eine weibliche Nutzerin schreibt: "Finde nicht, dass man #Layla verbieten sollte. Finde vielmehr, dass man das Spielen dieses Liedes zum Anlass nehmen sollte, darüber zu reden, wieviel ekelhafter Sexismus in diesem Land immer noch existiert, dass so ein Werk auf Platz 1 der Charts landen kann :)"

Für andere Twitter-User ist es eine gute Nachricht, dass "Layla" vom Würzburger Volksfest verbannt wurde. Allerdings nicht nur wegen dem Sexismus-Vorwurf. Ein Nutzer schreibt: "In der Sexismus Diskussion um den Ballermann Hit #Layla sollte man auch bedenken, dass der Song an sich echt beschissen ist." Ein anderer fragt: "Sind wir mittlerweile eigentlich wirklich so prüde, dass wir einen beknackten Ballermann Song so dermaßen politisieren müssen? #Layla" Und in einem weiteren Tweet heißt es: "'Stimmungshit auf Volksfesten' reicht mir, um ein konsequentes Verbot zu befürworten, ohne das Lied #Layla überhaupt zu kennen." Andere verbinden einen Song namens "Layla" mit einer ganz anderen Musikgröße. "Wer bei #Layla an Eric Clapton und nicht an Ballermann denkt muss auch ganz dringend mal überlegen, wo er im Leben falsch abgebogen ist", so ein weiterer Twitter-User.

Justizminister Marco Buschmann (FDP) kritisiert "Layla"-Verbot

Auch Politiker mischten sich in die Diskussion um das "Layla"-Verbot ein. "Man muss Schlagertexte nicht mögen. Man kann sie sogar doof oder geschmacklos finden. Sie aber behördlich zu verbieten, finde ich, ist eins zu viel", schrieb Justizminister Marco Buschmann (44) am Dienstagabend bei Twitter. Grünen-Politiker Konstantin von Notz pflichtete ihm bei: "Liebe Leute, #layla könnt Ihr ätzend, nervig, billig, unterirdisch und prollig finden. Bitte schön. Aber #verbieten ? #Würzburg Ernsthaft?! Das muss man in einer freien Gesellschaft aushalten. Erinnert mich an die Debatten um Falcos #Jeanny . #Kunstfreiheit". FDP-Bundestagsmitglied und Würzburg-Stadtrat Andrew Ullmann hielt dagegen: "Es gibt schon einen Unterschied zwischen #Verbot oder #Bitte ein Lied nicht zu spielen. #Layla wurde nach meinen Informationen nicht verboten, sondern die #Stadtverwaltung bat es nicht weiter zu spielen. #Stadtrat #Recherche #Wuerzburg #kiliani". Das Lied "Layla" soll jetzt übrigens auch nicht mehr auf der anstehenden Düsseldorfer Kirmes gespielt werden. Eine entsprechende Entscheidung haben die Veranstalter vom Schützenverein St. Sebastianus getroffen. "Ich bin der Meinung, dass dieses Lied überall hingehört - nur nicht auf unseren Festplatz", sagte Schützen-Chef Lothar Inden der Deutschen Presse-Agentur.

Online-Petion #freelayla auf "change.org" gestartet: Mehr als 25.000 Unterzeichner

Mehr als 25 000 Menschen haben bis zum Donnerstagnachmittag, 14. Juli ein Online-Petition unter dem Motto #freelayla unterschrieben. Gestartet wurde die Petition von der Plattenfirma "Summerfield Records", die den umstrittenen Partyhit "Layla" veröffentlicht hat. Chef der Firma aus dem Westerwald ist Matthias Distel, selbst bekannt als Ballermann-Sänger Ikke Hüftgold.

In seiner Rolle als Hüftgold warb der Musikproduzent gemeinsam mit anderen Künstlern in den Sozialen Medien für die Petition bei "change.org". Im Begleittext heißt es: "Gegen Zensur! Für ein Leben nach Corona! Für künstlerische Freiheit!" Am Donnerstag war die Initiative laut "change.org" auf dem Weg zur meistgezeichneten Petition der Internetseite. Eine Online-Petition hat nur symbolischen Charakter.

Oktoberfest-Wirte erwägen ebenfalls ein "Layla"-Verbot

Derweil soll laut einem Bericht von "t-online" der Party-Kracher auch nicht in den Münchener Oktoberfestzelten gespielt werden. Wirte-Sprecher Peter Inselkammer sagte dem Online-Nachrichtendienst: Wir Wirte sind uns da alle einig. Es gibt viele andere gute Lieder, da brauchen wir das nicht."

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/news.de/dpa

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