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Separatorenfleisch-Skandal aufgeflogen: "Fresst einfach keine toten Tiere!" Twitter tobt wegen Mogelpackung im Wurstregal

Enthüllungen zu undeklariertem Separatorenfleisch in Wurstwaren schlagen derzeit hohe Wellen. Bild: picture-alliance/ dpa | Friso Gentsch

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Für die deutsche Lebensmittelindustrie ist es schwarz auf weiß als Gesetz in der EU-Lebensmittel-Informationsverordnung niedergeschrieben: Für Verbraucherinnen und Verbraucher muss klar ersichtlich sein, was in verarbeiteten Lebensmitteln steckt, die in Deutschlands Supermarktregalen angeboten werden. Nun stehen jedoch Vorwürfe im Raum, dass diese Regularien bei der Herstellung von Wurstwaren nicht eingehalten worden sein könnten.

Separatorenfleisch in Wurstwaren nicht deklariert! Labor-Untersuchung sorgt für Wirbel

Einer Testreihe, die vom Nachrichtenmagazin "Spiegel" und dem NDR in Auftrag gegeben wurden, zufolge habe es Ungereimtheiten bei der Deklaration von Bestandteilen in Wurstwaren verschiedener Hersteller gegeben. So steht beispielsweise der Verdacht im Raum, der Schlachtkonzern Tönnies mit Sitz in Rheda-Wiedenbrück habe für Wurstprodukte Separatorenfleisch verarbeitet, ohne entsprechende Hinweise auf den Verpackungen zu vermerken. Prinzipiell ist die Verarbeitung von Separatorenfleisch unbedenklich und legal, solange die entsprechenden Informationen dazu auf der Verpackung im Supermarkt zu finden sind.

Aufregung um ungekennzeichnetes Separatorenfleisch - doch was ist das überhaupt?

Unter Separatorenfleisch versteht man in der Lebensmittelproduktion jene tierischen Bestandteile, die in der Fleischverarbeitung bei der Verwertung von Fleischresten an Knochen gewonnen werden. Bei der abgepressten Masse handelt es sich nicht zwangsweise um pures Muskelfleisch, Bestandteile wie "Fett und Bindegewebe oder auch Rückenmark" können ebenfalls enthalten sein. Eben jenen tierischen Erzeugnissen, mit denen die Fleischproduzenten ihre Waren kostengünstig anreichern können, ist der BiotechnologeProf. Dr. rer. nat. Stefan Johannes Wittke von der Hochschule Bremerhaven auf der Spur: Wittke entwickelte ein Verfahren zum Nachweis von Separatorenfleisch in Wursterzeugnissen und nahm als Probe aufs Exempel verschiedene Wurstwaren unter die Lupe.

Hochschul-Professor entwickelt Scanner für Separatorenfleisch - der Praxis-Test liefert erschreckende Ergebnisse

Für die Untersuchungen für den NDR und den "Spiegel" bekam der Wissenschaftler 30 verschiedene Geflügelwurst- und Geflügelfleischproben vorgelegt. In neun Warenproben aus dem Fleischsegment konnte, so rekapituliert es ein Bericht der "Tagesschau", Separatorenfleisch nachgewiesen werden, bei den Wursterzeugnissen schlug der Separatorenfleisch-Scanner bei nahezu 50 Prozent der Proben an. Die ob der fehlenden Separatorenfleisch-Deklarierung beanstandeten Proben stammten nicht nur von Herstellern aus der Tönnies-Gruppe, sondern auch von Wiesenhof oder Gutmann - deren Produkte liegen unter anderem bei Rewe oder Edeka in den Regalen.

Hitzige Debatte um Separatorenfleisch: "Was habt ihr denn erwartet?"

Die Debatte um fehlende Deklaration von Separatorenfleisch in Wurstprodukten wurde in den sozialen Netzwerken rege weitergeführt. Die Empörungswelle über die Verwertung von Fleischresten in der Wurstherstellung quittieren etliche Kommentatoren mit einem Schulterzucken. "Separatorenfleisch in der Wurst als der neue Aufreger. Was glaubt ihr denn, was Wurst ist, wenn nicht die Nutzung der Fleischreste, die nicht anderweitig verwertbar sind? Daher kommt übrigens der Begriff verwursten. Ist auch sinnvoller als wegwerfen", meint ein Beobachter, ein anderer schreibt "Wie naiv die Leute sind. Was habt ihr denn erwartet, was in eurer Wurst denn drin ist? Aber euer Hauptproblem ist ja nur die mangelnde Kennzeichnung...", gefolgt von Kommentaren wie "Was erwarten manche Menschen denn, wenn sie Wurst für 0,99€ kaufen???".

Separatorenfleisch für weniger Tierleid? "Ist doch eine Win-win-Situation"

Bisweilen finden sich auch Befürworter der Praktik, Separatorenfleisch in Wurstwaren zu verarbeiten, was sich in Kommentaren wie "Wenn dafür weniger Tiere sterben müssen und die Wurst sonst wie immer schmeckt ist das doch eine Win-win-Situation", "Grundsätzlich finde ich das Verwerten des gesamten Tiers sehr vernünftig, wenn man es schon tötet" oder "Vorweg, das ist nichts ekelhaftes, es ist maschinell von Knochen gelöste Fleischteile. Aber, es ist absolut billigste Qualität" zeigt.

"Fresst einfach keine toten Tiere!" 

Ein nicht unerheblicher Teil derer, die sich an der Debatte um nicht deklariertes Separatorenfleisch in den sozialen Netzwerken beteiligten, nutzten die Gunst der Stunde, um für die Vorzüge vegetarischer und veganer Ernährung die Werbetrommel zu rühren: "Fresst einfach keine toten Tiere. Schon als Kind lernt man, dass man die nicht anfassen soll, wenn sie irgendwo rumliegen! Separatorenfleisch - wunderbar deutscher Begriff für Abfall..." ist nur ein Beispiel für diesen Argumentationsstrang.

Wieder andere können sich nicht verkneifen, die Doppelzüngigkeit mancher Separatorenfleisch-Kritiker anzuprangern: "Deutsche bei Separatorenfleisch: 'Ja, moi, Hauptsache es schmeckt mir!' Deutsche bei zugelassenen & inzwischen 12 milliardenfach erprobten Impfungen: 'Obacht! Wer weiß was da drin ist!!1?'"

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