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Islamistische Messer-Attacke in Dresden: Gefährder tötet Mann (55) - Debatte um Abschiebestopp nach Syrien

Messer-Attacke in Dresden: DNA-Spuren an der Tatwaffe führten die Polizei zum Täter (Symbolbild). Bild: Adobe Stock / Elvira

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Für zwei Männer aus Nordrhein-Westfalen endete ein Aufenthalt in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden in einer Tragödie. Ein Kölner (53) und ein Krefelder (55) wurden am ersten Oktober-Wochenende wurden im Herzen der Elbe-Metropole unweit des Neumarktes Opfer einer Messer-Attacke.

Messer-Attacke in Dresden: Mann (55) tot, Begleiter (53) schwer verletzt

Wie die "Bild" schreibt, ging ein Angreifer in der Rosmaringasse auf das Männer-Duo mit einem Messer los. Während der 53-Jährige aus Köln schwer verletzt in ein Krankenhaus kam, endete die Messer-Attacke für seinen 55-jährigen Begleiter tödlich. Die Polizei sicherte umgehend Spuren am Tatort und stieß dabei auf ein Küchenmesser, das als Tatwaffe identifiziert werden konnte.

DNA-Angleich führt Polizei zum mutmaßlichen Messer-Mörder von Dresden

An dem Messer konnten DNA-Spuren gesichert werden, die nicht von den Opfern stammten. Ein DNA-Abgleich führte die Ermittler schließlich zum mutmaßlichen Messer-Angreifer. Der 20 Jahre alte Mann war "bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten", bestätigte Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt der "Bild".

Das OLG Dresden hatte ihn Ende November 2018 wegen Werbens um Mitgliedern und Unterstützern einer terroristischen Vereinigung im Ausland, Suche nach einer Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, Körperverletzung und Bedrohung zu zwei Jahren und neun Monaten Jugendstrafe verurteilt. Das Landeskriminalamt Sachsen hatte ihn als "Gefährder" eingestuft - so werden bei der Polizei Extremisten genannt, denen man eine schwere Gewalttat bis hin zu Terroranschlägen zutraut.

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Fahndungserfolg! Polizei nimmt Tatverdächtigen (20) fest

Seit der tödlichen Messer-Attacke fahndete die Dresdner Polizei nach dem mutmaßlichen Täter - jetzt gelang den Beamten der Zugriff. Der 20-jährige Tatverdächtige konnte der "Bild" zufolge bei einer Straßenkontrolle identifiziert und festgenommen werden.

Gegen den Mann sei bereits Haftbefehl beantragt worden. Das Motiv der Bluttat, bei der der Dresdner Tourist aus Krefeld sein Leben verlor, ist noch nicht geklärt. Als die beiden Opfer angegriffen wurden, seien keine Gegenstände gestohlen worden, Raubmord sei damit auszuschließen.

Laut Medienberichten: Täter islamistischer Gefährder

Nach der Festnahme eines syrischen Tatverdächtigen hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen zu der Messerattacke auf zwei Touristen in Dresden übernommen. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Tat am 4. Oktober, die einer der angegriffenen Männer nicht überlebte, einen radikal-islamistischen Hintergrund hatte, wie ein Sprecher der Behörde am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Karlsruhe sagte.

Die Ermittler sind überzeugt, dass der Syrer die Männer aus Nordrhein-Westfalen mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt hatte, eines der Opfer starb in der Klinik. Der Messer-Angreifer ist nach Angaben der Dresdner Behörden seit 2015 in Deutschland und hat eine Duldung. Er sei am 29. September aus dem Jugendgefängnis entlassen worden und habe noch unter Führungsaufsicht gestanden.

Thüringens Innenminister: Messerattacke in Dresden "abscheuliche Tat"

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Georg Maier (SPD), hat die tödliche Messerattacke auf Touristen in Dresden als "abscheuliche Tat" bezeichnet. "Islamistischer Terrorismus stellt weiterhin eine große Gefahr, auch in Deutschland dar", zitierte ihn eine Sprecherin seines Ministeriums in Erfurt am Donnerstag.

Anfang Oktober waren in Dresden zwei Touristen Opfer einer Messerattacke geworden. Ein 55-Jähriger aus Krefeld starb, ein weiterer Mann (53) überlebte schwer verletzt. Die Ermittler vermuten einen radikal-islamistischen Hintergrund. Am Dienstag wurde ein 20 Jahre alter Tatverdächtiger aus Syrien festgenommen. Die Bundesanwaltschaft hat den Fall an sich gezogen.

Im Fall von Syrien gilt wegen des Bürgerkrieges ein genereller Abschiebestopp. Maier stelle diesen nicht in Frage, sagte seine Sprecherin. Sachsens Innenminister Roland Wöller und andere Unionspolitiker hatten zuvor gefordert, Gefährder und schwere Straftäter auch nach Syrien abzuschieben. Einen generellen Abschiebestopp für Betroffene dürfe es nicht mehr geben, sagte Wöller am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. "Der Umgang mit Gefährdern, die nicht abgeschoben werden können, ist ein deutschlandweites Problem."

Tödliche Messerattacke in Dresden - Behörden verteidigen Vorgehen

Sachsens Behörden haben ihr Vorgehen im Fall der tödlichen Messerattacke von Dresden verteidigt. Man habe sich gefragt, ob es einen Fehler im System gab und ob die Tat habe verhindert werden können, sagte LKA-Chef Petric Kleine, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Dresden. Der Maßnahmenkatalog habe eine enge Betreuung, nicht aber eine enge Bewachung vorgesehen. Die Tat sei nicht auszuschließen gewesen. Aus Sicht des LKA seien alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden. "Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit", sagte Sachsens Verfassungsschutz-Chef Dirk-Martin Christian.

Den Angaben zufolge ist der Tatverdächtige, ein 20-jähriger Syrer, in seinen ersten Tagen nach der Haftentlassung von einem Entlassungshelfer begleitet worden. Er sei am Tag der Tat und auch am Tag danach seiner Meldepflicht nachgekommen.

Wann die Radikalisierung des Mannes begann, sei unklar. Sie habe sich in Dresden fortgesetzt, sagte Kleine. In der Haft hat der Tatverdächtige zwei Mal Mitarbeiter der JVA angegriffen. Christian nannte den Täter einen extremistischen Islamisten. Das sei durch das tatsächliche Handeln des Beschuldigten in der Haft bestätigt worden. Über Details und Zeiträume der Observation könne er nichts sagen: "Das ist jetzt hier nicht der richtige Ort." Klar wurde, der Tatverdächtige war am Tag der Tat observiert worden.

Dresdner Messerattacke - Verdächtiger auch am Tag der Tat observiert

Der mutmaßliche Islamist und Tatverdächtige im Fall der tödlichen Messerattacke von Dresden ist auch am Tag der Tat observiert worden. Zum genauen Zeitpunkt wurden bei einer Pressekonferenz am Donnerstag keine Angaben gemacht. Es sei sehr, sehr bitter, wenn man heute feststellen müsse, dass trotz dieser Maßnahmen die schreckliche Tat nicht verhindert werden konnte, sagte Dirk-Martin Christian, Chef des Landesverfassungsschutzes, in Dresden. Eine Rund-um-die-Uhr Bewachung sei rechtlich möglich, aber nicht vorgesehen gewesen.

Der Tatverdächtige war offiziellen Angaben zufolge bereits während der Haft mehrmals aufgefallen. Der junge Mann sei mehrmals Thema in Fallkonferenzen gewesen, sagte der Chef des Landeskriminalamtes (LKA), Petric Kleine. So sei etwa im Juli die Gefahr, dass der Mann erneut Straftaten begehen könnte, von Experten als hoch eingeschätzt worden. Dementsprechend wurde ein Maßnahmeplan für die Zeit nach der Entlassung entwickelt.

Kritik an Behörden nach Messerattacke auf Touristen in Dresden

Nach der Festnahme eines mutmaßlichen Islamisten wegen der Messerattacke auf zwei Dresden-Touristen Anfang Oktober regt sich Kritik an den Sicherheitsbehörden. Der unter Mordverdacht stehende 20-jährige Syrer war 2018 vom Oberlandesgericht Dresden zu einer Jugendstrafe verurteilt worden, weil er für das Terrornetzwerk Islamischer Staat (IS) geworben hatte. Die Behörden hatten ihn seit 2017 als Islamisten auf dem Schirm. Auch deshalb mehren sich Kritik und Rufe nach lückenloser Aufklärung. Die Ermittlungen hat die Bundesanwaltschaft übernommen.

Islamist tötet Tourist mit Messer - Politik übt Kritik an mangelnder Überwachung

"Warum ist dieser islamistische Syrer nach Verbüßung seiner Haftstrafe nicht in Sicherungsverwahrung genommen oder abgeschoben worden", fragt der Kandidat für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz, im "Spiegel". Auch Michael Theurer, FDP-Fraktionsvize im Bundestag, warf den Behörden Versäumnisse vor. Er stelle sich die drängende Frage, warum die sächsischen Sicherheitsbehörden "den Gefährder nicht besser überwacht haben" und "der abgelehnte Asylbewerber nicht längst abgeschoben wurde".

Allerdings besteht für Syrer, auch Verurteilte, ein Abschiebestopp. Die Unions-Mitglieder im Bundestagsinnenausschuss Christoph de Vries (CDU) und Michael Kuffer (CSU) forderten deshalb in der "Bild"-Zeitung (Donnerstag) eine Änderung: "Es gibt gewichtige Gründe, dass die Innenministerkonferenz die geltende Beschlusslage mit Blick auf den Schutz der Bürger auf den Prüfstand stellt", sagte de Vries.

Sachsens SPD-Landeschef und Wirtschaftsminister Martin Dulig verlangte eine schnelle und vorbehaltlose Aufklärung des "abscheulichen Verbrechens". Der Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag), islamistischer Extremismus sei keinesfalls nebensächlich geworden, von ihm gehe "weiterhin eine hohe tödliche Gefahr aus". Der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte dort: "Unsere Priorität muss es sein, jede Form von Extremismus zu bekämpfen." Und: "Für ein effektives Vorgehen gegen Extremisten und Verfassungsfeinde brauchen wir gut ausgestattete Sicherheitsbehörden und angemessene und wirksame Befugnisse."

Habeck: Bedrohung durch islamistische Gewalttäter ist real

Nach der Festnahme im Fall der Messerattacke auf zwei Touristen in Dresden hat Grünen-Chef Robert Habeck für einen konsequenten Kampf gegen Gewalt und Hass von Islamisten aufgerufen. "Ein grausamer Mord in Paris an einem Lehrer, der die Meinungsfreiheit verteidigt, eine tödliche Messerattacke mitten in der Dresdner Innenstadt auf zwei Urlauber: Die letzten Wochen haben erneut gezeigt, wie real die Bedrohung durch islamistische Gewalttäter ist" sagte Habeck der Deutschen Presse-Agentur. "Wir müssen konsequent gegen diese Gewalt, getrieben durch Hass und Menschenverachtung, vorgehen. Sie ist eine Bedrohung für unser Zusammenleben und unsere offene Gesellschaft."

Nach Dresdner Messerattacke Debatte über Abschiebestopp nach Syrien

Nach dem tödlichen Messerangriff von Dresden fordert Bundesinnenminister Horst Seehofer, eine Lockerung des generellen Abschiebestopps nach Syrien in Betracht zu ziehen. "Ich werde sehr dafür eintreten, dass wir überprüfen, ob man nicht nach Syrien in die befriedeten Gebiete abschieben kann, aber bisher war die Einschätzung des Auswärtigen Amts eine andere", sagte der CSU-Politiker am Donnerstagabend am Rande der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst in Potsdam. Deutschland schiebt Syrer derzeit wegen der Lage in dem Bürgerkriegsland nicht in ihre Heimat ab.

Am Abend des 4. Oktober hatte ein Mann in der Dresdner Innenstadt zwei Touristen aus Nordrhein-Westfalen mit einem Messer angegriffen und einen von ihnen getötet. Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen übernommen und geht von einem radikal-islamistischen Hintergrund aus. Der 20 Jahre alte Tatverdächtige stammt aus Syrien, die sächsischen Sicherheitsbehörden hatten ihn schon 2017 als Gefährder eingestuft. 2019 wurde ihm der Status als Flüchtling aufgrund von Straftaten aberkannt. Wegen des geltenden Abschiebestopps konnte er nach Behördenangaben bisher aber nicht außer Landes gebracht werden. Erst am 29. September war er aus einem Jugendgefängnis entlassen worden.

Abschiebestopp nach Syrien gefordert nach Messer-Mord in Dresden

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der "Welt" und weiteren Medien: "Wer in unserem Land schwere Straftaten bis hin zum Mord begeht oder als Gefährder auftritt, kann doch nicht allen Ernstes erwarten, dass er bei uns Hilfe oder Schutz findet." Er forderte die Bundesregierung und vor allem das Auswärtige Amt auf, endlich die Voraussetzungen zu schaffen, Rückführungen nach Syrien oder in Drittstaaten zu ermöglichen - "natürlich unter Beachtung der Menschenrechte und bei differenzierter Betrachtung des Einzelfalls". Auch Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) hatte zuvor gefordert, schwere Straftäter und Gefährder vom Abschiebestopp nach Syrien auszunehmen.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte "Bild": "Wer einen terroristischen Anschlag verübt, hat sein Gastrecht verwirkt. Eine sofortige Abschiebung ist für mich wünschenswert." Aber natürlich müssten "alle rechtlichen Fragen und die Hintergründe" geklärt werden. Der Innenressortchef aus Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), schlug in der Zeitung vor: "Zunächst müssen wir sie vor eine deutsche Gerichtsbarkeit bringen und nach der Haft unmittelbar abschieben. Wenn wir sie derzeit nicht abschieben können, müssen sie in Abschiebehaft bleiben, bis die Möglichkeit einer Rückführung besteht."

Abschiebestopp ins Kriegsgebiet Syrien gilt bis Ende 2020

Die Innenministerkonferenz hatte den geltenden Abschiebestopp für das Bürgerkriegsland Syrien im Juni bis Jahresende verlängert. Seit 2011 herrscht in Syrien Krieg. Deutschland verhängte 2012 erstmals einen Abschiebestopp, der seither regelmäßig verlängert wird. Immer wieder werden Forderungen vor allem aus unionsgeführten Ländern laut, zumindest all jene nach Syrien abzuschieben, die in Deutschland schwere Straftaten begangen haben. Vor der letzten Innenminister-Entscheidung gab das Auswärtige Amt aber die Einschätzung ab, dass keine Region des Konfliktlandes sicher für Rückkehrer ist.

Bundesinnenminister Seehofer sagte nun: "Es geht ja hier offensichtlich um einen syrischen Staatsangehörigen. Und dort ist ja entschieden worden, solange dort die Sicherheitssituation so ist, kann man dort Leute nicht abschieben, weil sonst Gefahr bestünde für ihr Leib und ihr Leben." Auf die Nachfrage, ob auf diese Weise Gefahr für Menschen in Deutschland entstehe, sagte Seehofer: "Wir müssen halt rechtsstaatliche Regeln einhalten." Menschenrechtler hatten darauf verwiesen, dass der syrische Machtapparat Menschen systematisch foltere. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), hatte über eine Sprecherin mitgeteilt, er stelle den Abschiebestopp nicht infrage.

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/news.de/dpa

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