Rebecca Reusch vermisst: Seit einem Jahr verschwunden! Hat die Polizei die Suche aufgegeben?
Von Andreas Rabenstein
17.02.2020 15.19
Einer der spektakulärsten Vermisstenfälle der vergangenen Jahre in Deutschland begann mit einer unauffälligen Polizeimitteilung. Unter der Überschrift "15-Jährige vermisst" hieß es: "Mit der Veröffentlichung eines Fotos erhofft sich die Polizei Berlin Hinweise aus der Bevölkerung. Seit den Morgenstunden des 18. Februar 2019 wird die 15-jährige Rebecca (...) aus Berlin-Britz vermisst." Sie habe sich zuletzt bei Familienangehörigen aufgehalten und sei nicht zur Schule gekommen.
Rebecca Reusch aus Berlin seit einem Jahr vermisst
Dazu stellte die Polizei das Foto eines blonden Mädchens mit Schmollmund, das in den folgenden Monaten fast täglich in Zeitungen, im Fernsehen und Internet zu sehen sein wird. Das war am 21. Februar, drei Tage nach dem Verschwinden Rebeccas. Inzwischen ist ein Jahr ins Land gezogen - 365 Tage ohne eine Spur der vermissten Schülerin.
Kriminalpolizei ermittelt nach Verschwinden von Schülerin Rebecca Reusch aus Berlin-Britz
Zahlreiche Menschen werden jeden Tag in einer Großstadt wie Berlin als vermisst gemeldet. Die allermeisten werden schnell gefunden. Weil es bei Rebecca keine Hinweise auf ein freiwilliges Abtauchen gab, das Mädchen sich nicht meldete und Rebeccas Handy stumm blieb, landete der Fall bei der Kriminalpolizei.
Kein gewöhnlicher Vermisstenfall: Mordkommission übernimmt Fall Rebecca
Am 23. Februar wird dann auch öffentlich klar, dass es um etwas Ernstes geht: "Schülerin weiterhin vermisst - Mordkommission übernimmt die Ermittlungen", schreibt die Polizei in ihrer zweiten Mitteilung. Es könne nicht mehr ausgeschlossen werden, "dass das Mädchen einer Straftat zum Opfer gefallen ist". Bis zum 25. März geben Polizei und Staatsanwaltschaft sieben Mitteilungen zu Rebecca heraus. Trotz intensiver Ermittlungen ist eine Lösung des Falls bis heute nicht in Sicht.
Vermisstenfall Rebecca Reusch: Ehemann von Rebeccas älterer Schwester im Visier der Ermittler
Schnell stößt die Mordkommission auf den 27-jährigen Mann von Rebeccas älterer Schwester, der zuletzt mit Rebecca im Haus war. Nach seiner Aussage soll die 15-Jährige das Haus verlassen haben. Das kann die Polizei anhand der Handydaten aber nicht feststellen. Am 28. Februar, zehn Tage nach dem Verschwinden, nimmt die Polizei den Schwager wegen Mordverdachts fest. Einen Tag später wird er wieder freigelassen, am 4. März erneut verhaftet und in Untersuchungshaft gebracht.
Gleichzeitig untersuchen Kriminaltechniker das Haus der Schwester. Die Polizei durchkämmt die Umgebung. Hunde und ein Hubschrauber werden eingesetzt. Rebeccas Familie postet im Internet Hilferufe.
Tausende Zeugenhinweise im Fall Rebecca Reusch - Polizei intensiviert Suche
Am 6. März veröffentlicht die Polizei Fotos des Mannes und des Familienautos, das am Tag von Rebeccas Verschwinden auf der Autobahn zwischen Berlin und Polen erfasst wurde. Über das Fernsehen sucht die Mordkommission Zeugen. Schnell gehen mehr als tausend Hinweise ein.
In den folgenden Wochen bietet die Kripo fast alles auf, was möglich ist: Im dünn besiedelten Brandenburg 50 Kilometer südöstlich von Berlin durchsuchen Hunderte Polizisten Wälder. Leichenspürhunde schnüffeln im Unterholz, Mantrailer-Hunde werden an der Autobahn entlang geführt. Taucher steigen von Booten in Seen.
Kein Ermittlungserfolg: Rebecca Reusch seit einem Jahr spurlos verschwunden
Rebecca Reusch bleibt verschwunden, eine Leiche wird nicht gefunden. Am 22. März wird der Haftbefehl gegen den Schwager aufgehoben, er wird aus dem Untersuchungsgefängnis entlassen. Gleichwohl betont die Staatsanwaltschaft: "Er ist weiterhin Beschuldigter des Verfahrens." Die Fakten deuteten weiter darauf hin, dass Rebecca das Haus des Schwagers nicht lebend verlassen habe.
Was fehlt, sind Beweise. Die Polizei sucht im April und Mai erneut in Brandenburg, ein weiteres Mal im September. Die Zahl der Hinweise liegt da längst über 2300. Der heiße Tipp ist bis heute nicht dabei.
Vermisstenfall Rebecca Reusch "kein Cold Case": Ermittlungen laufen weiter
"Unter dem Strich gibt es nichts Neues", sagt der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. "Es ist bei weitem kein Cold Case, denn hier laufen noch Ermittlungen, es werden noch Hinweise abgearbeitet." Aber die Beweislage sei eben sehr schwierig. Als Cold Case (wörtlich: kalter Fall) werden Fälle bezeichnet, die vorerst zu den Akten gelegt werden.
Rebecca Reusch vermisst: Keine Leiche und keine DNA-Spuren
Das größte Problem der Polizei ist die fehlende Leiche. Eine Todesursache lässt sich so nicht feststellen, und es gibt keine DNA-Spuren. Sollte die Leiche irgendwo in einem Wald oder See liegen, verschlechtert sich die Situation von Monat zu Monat. Nach einem Jahr sind oft nur noch Überreste vorhanden.
So geht es der Familie der vermissten Rebecca Reusch einem Jahr nach ihrem Verschwinden
Die Tragödie beschäftigt bis heute nicht nur die Polizei und die schockierte Familie von Rebecca, die die Ungewissheit als "extrem beklemmend" beschreibt. Bei der allgemeinen Google-Suche im Internet lag der Name des Mädchens in Deutschland 2019 auf dem ersten Platz.
Die Polizei will noch nicht aufgeben. "Natürlich wird nicht mehr mit dem gleichen personellen Aufwand ermittelt wie damals", sagt Steltner. "Aber sobald sich neue Hinweise ergeben, werden wir wieder mit dem früheren Personalaufwand einsteigen, um das Schicksal von Rebecca aufzuklären."
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loc/news.de/dpa