Ein Leben in der Hölle: So fühlt sich sexueller Missbrauch für Kinder an
Von news.de-Volontärin Anika Bube
21.03.2019 15.14
Lange Zeit waren Kindesmissbrauch, Kinderpornografie und somit auch Pädophilie absolute Tabuthemen in unserer Gesellschaft. Es wurde nicht darüber gesprochen. Ärzte nahmen eigenartige Verletzungen nicht zum Anlass, genauer nachzufragen, wie diese entstanden sind. Doch die Grausamkeiten, die tausende Kinder tagtäglich erleben müssen, sind unvorstellbar.
Kindesmissbrauch in Deutschland
Im Untergrund agieren Kinderpornoringe und sogar Kinderbordelle, in denen Freier ihren Gelüsten freien Lauf lassen können. Das Ausmaß dieser perfiden Zirkel ist unvorstellbar. Kürzlich sorgte die Kinderporno-Affäre um den SPD-Politiker Sebastian Edathy für einen Aufschrei in Deutschland. Die Einstellung des Gerichtsverfahrens durch eine Zahlung von 5.000 Euro an den Kinderschutzbund löste eine Welle der Entrüstung aus. Doch dieser Fall ist nur eine winzige Schneeflocke auf der Spitze des Eisberges.
Gericht hat entschieden: Hierhin fließen Edathys 5.000 Euro. Erfahren Sie mehr.
Sexuelle Gewalt seit frühester Kindheit
Angela Lenz erlebte seit ihrer frühesten Kindheit extreme sexuelle Gewalt. Und das immer und immer wieder. Seit ihrem ersten Lebensjahr vergewaltigte ihr Vater das Mädchen. Doch auch Freunde der Familie und Freier in einem Kinderbordell dürfen ihre abscheulichen Fantasien an dem Kind ausleben. Sie erlebt Folter. Eine Gehirnwäsche macht sie handlungsunfähig. Bei satanischen Ritualen wird sie bestialisch gequält.
Schläge mit Faust, Stock und Schlüsselbund: Lesen Sie hier mehr über den Missbrauch an der Domspatzen-Vorschule.
Letzte Hilfe: Multiple Persönlichkeit
Eine Last, die der menschliche Körper nur schwer übersteht. Unter der Last dieser unzähligen Qualen zerbricht ihre Seele in dutzende Persönlichkeiten. Ihre einzige Aufgabe: Überleben und sich erinnern. Als die traumatischen Erlebnisse an die Oberfläche des selbst aufgebauten Schutzpanzers gelangen, beginnt sie eine Therapie. Diagnose: Multiple Persönlichkeit.
Trotz ihres Schweigegebots und Todesdrohungen wagt es Angela Lenz, über ihr Martyrium zu sprechen. Die Autorin Ulla Fröhling begleitete die Therapie. In ihrem Buch "Vater unser in der Hölle. Inzest und Missbrauch eines jungen Mädchens in den Abgründen einer satanischen Sekte" eröffnen sich Einblicke in eine Parallelgesellschaft, von der der Normalbürger nichts ahnt.
Lesen Sie auch: Vater schlägt deutschen Pädophilen tot.
Keine Hilfe bei Kindesmissbrauch
Es sind die 60er Jahren als Angela Lenz zur Welt kommt. Ihre Mutter hasst das kleine Mädchen vom ersten Atemzug an. Doch für ihren Vater, einen Bankdirektor, ist sie ein kleiner Engel. Er liebt sie über alles. Doch die Liebe geht über die eines Vaters hinaus. Zuerst masturbiert er, als er dem wehrlosen Baby in die Windel greift. Später lässt er sich von dem Baby oral befriedigen, bis er schließlich Sex mit dem ihm hat.
"Zu diesem Zeitpunkt beschließt der Vater, dem Besonderen, das ihn mit seiner Tochter verbindet, einen Koitus hinzuzufügen", schreibt Ulla Fröhling in ihrem Buch. Doch die Verletzungen von Angela sind so tief und bluten so stark, dass auch ein befreundeter Arzt der Familie nicht helfen kann. Sie müssen ins Krankenhaus. Dort tischen sie den Ärzten eine Lüge auf. "Die Kleine hätte das selbst gemacht, mit Spielzeug gespielt, ungeschickt wie sie nun mal sei, aus dem Bettchen gefallen, auf einem Brummkreisel gelandet." Und das Unfassbare: Die Ärzte und das Pflegepersonal glauben den Eltern.
Das Kind wird gefoltert, missbraucht und ihr eigener Wille wird gebrochen. Die einzelnen Persönlichkeiten erleben die Gewalt. Immer nur soviel, wie jede ertragen kann. Dieses System ist für die Täter durchaus praktisch. "Sie hatten sich Kinder geschaffen, die aus vielen Einzelteilen bestanden, Einzelteilen, die entweder überhaupt nichts wussten oder unter einem absoluten Schweigegebot standen."
Angela Lenz: Ein Leben in der Hölle
Im Buch wird die gesamte Brutalität beschrieben, die Angela Lenz durchmachen musste. Mit Ekel, Wut und unendlicher Fassungslosigkeit zweifelt man an den Geschehnissen - viel zu abstoßend, als dass sie wahr sein könnten. Doch die Geschichte ist Realität und umso unfassbarer.
Angela Lenz, oder besser gesagt, die 50 Persönlichkeiten in ihr, schilderten ihre Erlebnisse der Therapeutin Nina Temberg. 1996 erschien das Buch "Vater unser in der Hölle" zum ersten Mal. Ab 2004 war es vergriffen, doch die Nachfrage war enorm. Auf Ebay wurden bis zu 200 Euro für ein Exemplar geboten. Viele Menschen bewegt das unvorstellbar grausame Schicksal von Angela Lenz. Welche Hölle musste sie durchleben? Wie ist sie ihren Peinigern entkommen? Doch viel entscheidender: Wie geht Angela Lenz heute? Um diese Frage zu beantworten, erlebt das Buch nun eine Neuauflage.
Titel: "Vater unser in der Hölle"
Autor: Ulla Fröhling
Verlag: mvg Verlag, 2015
Seitenzahl, Buchart: 480 Seiten, Taschenbuch
Preis: 12,99 Euro
ISBN: 978-3-86882-546-6
Folgen Sie News.de schon bei Facebook, Google+ und Twitter? Hier finden Sie brandheiße News, tolle Gewinnspiele und den direkten Draht zur Redaktion.
bua/zij/news.de