Panorama

Schimpfwörter: Wie die Welt auf die Kacke haut

Der Aufruf zum Piep kommt aus dem angelsächsischen Sprachraum. Bild: iStockphoto

  • Artikel teilen:

Auf die Mutter darf nichts kommen - ihr Fluch ist der Schwerste. Bild: dpa

Für vierjährige Jungs gibt es kein spannenderes Wort als das mit «A» am Anfang und «rschloch» am Ende. Grinsend und voller Freude über das Verbotene bringen sie es bei jeder Gelegenheit und gern in Variationen, um dann behaupten zu können:«Ich habe nicht Arsch gesagt!» Auf der ganzen Welt freuen sich kleine Jungs an den bösen Wörtern, doch überall fallen die ein bisschen anders aus.

Die Deutschen, die sind ausscheidungsfixiert. Alles, was der Körper vor allem auf der Toilette von sich gibt, wird als Fluch oder Beschimpfung ausgestoßen. Das passt zur deutschen Kultur der «Flachspüler». Das sind die Toiletten, in denen man ganz genau sieht, was den Darm soeben verlassen hat. Klingt unglaublich? Ist aber wissenschaftlich bereits von Slavoy Zizek aufgearbeitet worden. Der Forscher stellte fest: «Da bist Du mit Deinen Exkrementen konfrontiert und kannst sehen, ob Du vielleicht Würmer hast.» Die Deutschen, ein Land aus Toilettenforschern.

Die braune Fäkalie ist natürlich in allen Sprachen ein Dauerbrenner, als Shit, Merde, Merda, Mierda, Skit, Dermo oder Sift. Doch wo der Deutsche sich ein beherztes «scheiße» nicht verkneifen kann, sagt der Franzose eher mal «putain» (Hure), der Schwede bemüht den Teufel, Italiener «cazzo» (Schwanz), beim Spanier ist es eben «coño», dem bösesten aller Begriffe für das weibliche Geschlechtsteil.

Südländer bevorzugen Geschlechtsteile

Denn während wir die «Fotze» als schwer frauenfeindliches Schimpfwort empfinden, heißt es im Spanischen einfach nur «Mist» oder auch «verdammt noch mal». Wer variieren möchte, kann auch zu den Hoden greifen, «cojones» wird genau gleich verwendet. Ohnehin sind Spanier massiv auf die Geschlechtsteile fixiert - und das nicht nur im negativen Sinne. Das etwas sanftere Synonym für «coño» zum Beispiel, «chocho», verwendet der Mann gern als Kosewort für seine Liebste, natürlich bevorzugt in der Verniedlichungsform «chochete». Und auch sein eigenes bestes Stück gibt er großzügig für sie her: Als «churri», oder besser noch «mi», also «meine churri», lassen sich spanische Mädels ohne großen Protest bezeichnen.

Der Italiener hingegen - und zwar auch die weiblichen Mitglieder dieser chaotischen Volksgemeinschaft im sonnigen Süden - fluchen fast ausschließlich mit dem männlichen Geschlechtsteil. Wenn eine rassige Dunkelhaarige Ihnen plötzlich «cazzo» entgegenschleudert, bezeichnet dies zwar den «Schwanz», doch als Schimpffloskel ist es die italienische Variante von «scheiße». Ähnlich maskulin wird in Italien mit einem galanten «mi rompi le palle» oder auch «chi hai rotto i coglioni» gemeckert. Übersetzt bedeutet beides dasselbe, es dient nur der sprachlichen Vielfalt: «Du gehst mir auf die Eier.» Frauen schimpfen per männlichem Hoden. Dabei sinkt selbst der sonst so testosteronschwangere italienische Jüngling zusammen.

Die Franzosen, hinreichend bekannt für ihre ach so weiche, nette Sprache: Auch sie können schimpfen, und das kräftig. Gern werden dazu Frauen diskreditiert: «Putain» bedeutet zwar Nutte, dient im Alltag aber eher als Abwechslung zum Standard-«Scheiß»-Wort «merde». Die Kombination aus beiden, «putain de merde» bedeutet eben «große Scheiße». Gern wird auch auf die Familie beim Schimpfen verwiesen: «Nique ta mère» heißt eben «Fick deine Mutter». Und ein «bordel» - na, Sie wissen schon - damit verbinden die Franzosen ein Chaos oder Sauhaufen. Da möchte man nicht wissen, wie's in den dortigen Rotlicht-Etablissements aussieht ...

Wer die Mutter ehrt, entweiht sie auch

Interessant ist auch die Rolle der Mutter im Beschimpfungskosmos. Im Russischen ist gleich die gesamte Vulgärsprache «Mat» nach der Mutter, «Matj», benannt. Sie als ahnungsloser Ausländer einfach so zu benutzen, kann gefährlich werden. Innerhalb desselben Gesellschafts- und Generationenkreises hingegen ist sie sehr gebräuchlich, unter Freunden auch spaßeshalber. Im Mat dreht sich alles um die vier Begriffe «chui» (Schwanz), «pisda» (Fotze), «jebat» (Ficken) und «bljad» (Hure). Über allem steht jedoch der Mutterfluch, dessen Wortlaut sich jeder denken kann.

In Gesellschaften, wo die Mutter besonders verehrt wird, steht ihre Entweihung auch an oberster und zugleich verbotenster Stelle der Fluchskala. Das ist im Russischen so, aber auch im Arabischen und in den südeuropäischen Ländern, wo der «Hurensohn» oder auch «ich scheiß auf deine Mutter» verbreitet sind.

«Piep»: Die Amerikaner sind in der Öffentlichkeit prüde

In den USA, traditionell ein Einwandererland, gibt es eine Mischung der Kulturen. Das eher afrikanische «Motherfucker» wird auch dort verwendet, auch spanische und südamerikanische Einflüsse gibt es. Doch vor allem sind die Amerikaner eines: prüde. Ein Blick in die Talkshows des Landes offenbart dem geneigten Zuschauer oft über Minuten nur ein «Piep». Denn verwendet werden die Wörter zwar - aber bitte nicht in der Öffentlichkeit.

Vergleichsweise lieb fluchen die Skandinavier. Schweden lassen den Menschen und seine diversen Körperöffnungen in Ruhe und abstrahieren ihre Wut stattdessen auf den Teufel. Für den haben sie aber auch gleich drei Wörter, «fan», «djävel» und «satan». Und die norwegischen Schimpfwörter, die klingen für deutsche Ohren nur noch putzig, gar nicht schimpfend. «Drittsekk» ist der Drecksack und «tosk», gesprochen «toschk», der Trottel.

iwi/beu/kru/reu/news.de