Schwulenhass: Wo Homos besser nicht turteln
Von news.de-Redakteur Jan Grundmann
23.05.2012 12.45
Todesstrafe: Männer oder Frauen, die das gleiche Geschlecht lieben, sollten nicht Arm in Arm durch Saudi-Arabien laufen. Denn dort wird die Todesstrafe gegen Homosexuelle verhängt - genauso wie in weiten Teilen der arabischen und afrikanischen Welt: im Iran, Jemen, Mauretanien, Sudan sowie in den Teilen Nirgeria und Somalias, in denen das Recht der Scharia gilt.
«Die Scharia sieht die Todesstrafe für Homosexuelle vor», sagt Klaus Jetz, Geschäftsführer des LSVD, des Lesben- und Schwulenverbands Deutschlands. «Irans Präsident Ahmadinedschad sagt, dass es im Land keine Homosexuellen gäbe. Aber er lässt sie ermorden», so Jetz.
Wenn zwei Männer oder Frauen unter einer Decke erwischt werden oder sich lustvoll kϋssen, wird das bestraft. Der Richter kann entscheiden, welche Todesart er verhängt: Galgen, Steinigung, Zweiteilung durch das Schwert oder der Wurf aus der Höhe. Bis zu 300 homosexuelle Iraner würden pro Jahr getötet, berichtet Jetz. Deshalb organisieren sich schwule Iraner im Netz.
In die schwulen Flitterwochen nach Afrika? Besser nicht.
Knast: In den englischsprachigen Karibik-Inseln ist das Strafrecht oft homophob. «Der Versuch, diese Paragraphen aus den dortigen Gesetzesbüchern zu verbannen, wird mit der Begründung der postkolonialen Einflussnahme zurückgewiesen», erklärt Jetz. Problematisch: Das rigide Strafrecht leistet auch der Ausbreitung von HIV/Aids Vorschub, weil alles im Geheimen geschieht. In Asien kann es in Indonesien oder Malaysia gefährlich werden. Aber auch in der Türkei haben Homosexuelle keine Rechte. Im Sommer 2008 wurde Ahmed Yildiz dort auf offener Straße erschossen, weil er homosexuell war. Auf den Seiten des Auswärtigen Amtes gibt es seit einigen Jahren Reisewarnungen für Lesben und Schwule.
Und nach dem Eintragen der Lebenspartnerschaft in den Flitterwochen ab nach Afrika zur Safari fliegen? Vorsicht in jenen Staaten, die vormals britische Kolonien waren. «Die haben meist noch das Strafrecht aus der viktorianischen Zeit. Dasselbe, unter dem Oscar Wilde damals in Großbritannien gelitten hat». Etwa in Uganda, Malawi, Süd-Nigeria oder Ghana. Dort warten zehn Jahre Arbeitslager, Zwangsarbeit oder lange Haftstrafen. In Afrika verfolgen 36 von 50 Staaten homosexuelle Bürger - auch klassische Urlaubsländer wie Ägypten, Kenia oder Namibia.
Rühmliche Ausnahme auf dem Schwarzen Kontinent ist Südafrika, das in Sachen Gleichstellung - wie übrigens das katholische Spanien - weiter ist als Deutschland. Im Fußball-WM-Gastgeberland können Lesben und Schwule heiraten. In Deutschland gibt es lediglich die eingetragene Lebenspartnerschaft. Zudem schreibt die südafrikanische Verfassung ein Diskriminierungsverbot wegen der sexuellen Orientierung vor. Das fehlt in Deutschland.
Trotzdem gibt es Probleme – etwa die «corrective rapes», erklärt der LSVD-Geschäftsführer. «Lesben werden in den südafrikanischen Townships vergewaltigt, um sie vorgeblich zu heilen.»
Angst vor Übergriffen in Köln oder Berlin
Deutschland hat eine lange homophobe Geschichte: Ihr Kern ist der berühmt-berüchtigten Paragraph 175 aus dem 19. Jahrhundert. Die Nazis hatten ihn verschärft, höhere Haftstrafen verhängt. Komplett gestrichen wurde er 1994. Erst im Jahr 2001 kam die eingetragene Lebenspartnerschaft. Trotzdem sind deutsche Homosexuelle den zwischengeschlechtlichen Paaren gegenüber benachteiligt, vor allem im Adoptions- und Steuerrecht. Das ist, wie bereits notiert, weniger Gleichstellung als in Südafrika oder Spanien.
Und selbst Schwule, die im Kiez in Berlin-Schöneberg oder in der Kölner Innenstadt unterwegs sind, sollten aufpassen. «Da, wo Lesben und Schwule sichtbar sind, findet Gewalt gegen sie statt», sagt Jetz. Homos verzichten auch in deutschen Innenstädten auf Umarmungen, weil sie Angst vor Pöbeleien oder blöden Blicken haben. «Es wird immer einen Bodensatz von zehn, 15 Prozent der Bevölkerung geben, die etwas gegen Lesben und Schwule haben», sagt Jetz.
Auch auf Schulhöfen macht sich die Anti-Homo-Welle wieder breit. «Du schwule Sau» gilt als beliebtestes Schimpfwort. «Wenn eine Gruppe junger Männer unterwegs ist, wechselt man als Schwuler schon mal die Straßenseite», gibt Jetz zu.
Osteuropa, Russland: Als Homo nach Osteuropa in den Urlaub fahren? «Die Kirchen predigen dort Hass gegen Schwule und Lesben», schildert Klaus Jetz die Lage. Gesetzlich ist das offene Schwulsein keine Straftat. «Aber es breiten sich Homphobie und Gewalt gegen Lesben und Schwule aus.» Ob in Warschau oder Moskau: Wenn irgendwo ein Christopher Street Day organisiert wird, gibt es oft Ausschreitungen. Moskau etwa hat die Demos in den vergangenen Jahren stets verboten - und mit Festnahmen und Gewalt auf etwaige Demonstranten reagiert. Grünen-Fraktionschef Volker Beck wurde etwa 2006 bei einer Schwulendemo in Moskau zusammengeschlagen.
USA: Die USA etwa werden zur Zeit von einer Welle der Homphobie erschüttert. «Dort macht sich derzeit religiöser Fundamentalismus breit. Die Forderung nach einem Verbot von Homo-Ehen wird in die republikanische Partei reingetragen.» Zudem gibt es Debatten um Homosexuelle im US-Militär und die Zulässigkeit von Homo-Ehen.
iwi/news.de