Polizeimeldungen für Hof / München / Berlin / Hamburg / Dresden / Frankfurt a.M., 18.11.2024: Schmieröl als Dieselkraftstoff verkauft.
Erstellt von Team Datenjournalismus
18.11.2024 10.37
Schmieröl als Dieselkraftstoff verkauft.
Hof / München / Berlin / Hamburg / Dresden / Frankfurt a.M. (ots) -
Sieben Haftbefehle vollstreckt, Steuerschaden in Millionenhöhe aufgedeckt.
Bundesweite Durchsuchungen von Wohn- und Geschäftsräumen.
- Pressemitteilung ergeht nach derzeitigem Stand des Ermittlungsverfahrens -
Weil über 37 Millionen Liter Schmieröl im Wert von rund 52 Millionen Euro zweckwidrig und unversteuert als Dieselkraftstoff an Gewerbekunden und über Tankstellen an Endverbraucher im Bundesgebiet verkauft worden sein sollen, durchsuchten vergangenen Donnerstag, den 14.11.24, rund 230 Zollfahnderinnen und Zollfahnder im Auftrag der Staatsanwaltschaft Hof bundesweit an 32 Standorten Wohn- und Geschäftsräume.
Nach monatelangen, verdeckt geführten Ermittlungen des Zollfahndungsamtes München wurden zudem 6 Haftbefehle gegen Mitglieder von Gruppierungen vollstreckt, die im Verdacht stehen im großen Stil steuerfreies Schmieröl (Energiesteuer, vormals Mineralölsteuer) aus Osteuropa an ein in Oberfranken ansässiges Unternehmen geliefert zu haben, das dann als steuerpflichtiger Dieselkraftstoff über eigene Tanklastwagen an eine Vielzahl von Empfängern im Bundesgebiet abgegeben wurde. Daneben wird der oberfränkische Unternehmer verdächtigt, den unversteuerten Dieselkraftstoff über firmeneigene Tankstellen im Landkreis Hof und im Vogtlandkreis an Endverbraucher verkauft zu haben. Gegen diesen hat der Ermittlungsrichter am Amtsgericht Hof ebenfalls Haftbefehl erlassen.
Die Ermittler gehen davon aus, dass mindestens seit Anfang 2023 arbeitstäglich der Inhalt von bis zu 16 Tanklastwagen zu Dieselkraftstoff umdeklariertes Schmieröl in die Tanklager des oberfränkischen Unternehmens abgepumpt worden sein könnten. Für insgesamt mindestens 1.230 Tanklastwagen mit je durchschnittlich 30.000 Litern Inhalt könnte nach v.g. Modus Operandi die Energiesteuer hinterzogen worden sein. Als Lieferanten bzw. Rechnungssteller des Schmieröls traten mitunter Firmen aus Hamburg, Amberg und Falkensee, überwiegend jedoch aus Berlin in Erscheinung.
Der vorläufige Steuerschaden (Energiesteuer) wird auf rund 18 Millionen Euro geschätzt. Die Steuerfahndungsstellen der Finanzämter Bayreuth, Berlin, Potsdam und Braunschweig ermitteln zudem wegen Verdachts der Hinterziehung der Umsatzsteuer. Der hierbei vorläufig geschätzte Schaden könnte bei zusätzlich rund 3,6 Millionen Euro liegen.
Am Durchsuchungstag stellten die Ermittlerinnen und Ermittler des Zolls umfangreiches Beweismittel wie Geschäftsunterlagen, schriftliche Aufzeichnungen, Notebooks, Tablett-PCs, Handys und über 30.000 Euro Bargeld, aber auch 12.500 Euro Falschgeld sicher.
Im Rahmen der Vermögensabschöpfung bzw. zur Sicherung der hinterzogenen Steuern haben die Kräfte zudem 15 Tankfahrzeuge unterschiedlicher Größen, 6 Lastkraftwagen, 6 Anhänger und 10 Personenkraftwagen beschlagnahmt bzw. gesichert. Der Wert eines noch am 15.11.2024 im Nachhinein gepfändeten Tanklastwagens wird auf knapp 400.000 Euro geschätzt.
An sieben Tankstellen wurden die Dieselzapfsäulen gesperrt, auf dem Firmengelände der Inhalt der Lagertanks durch Verplombung gesichert.
Beim Vollzug der Beschlüsse kam es zu bemerkenswerten Vorfällen:
Während der laufenden Maßnahmen befanden sich fünf mit Dieselkraftstoff beladene polnische Tanklastwagen auf dem unmittelbaren Weg zum Firmengelände. Kurz davor stoppten Zollfahnder die Transporte und stellten die rund 150.000 Liter umfassenden fünf Transporte sicher. Es wird davon ausgegangen, dass Frachtpapiere und Gefahrgutwarntafeln unterwegs bereits auf Dieselkraftstoff "umgemünzt" worden sein könnten. Alle fünf Tanklastwagen sind auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Hof sichergestellt und Proben zum Inhalt entnommen worden. Gegen die Kraftfahrer wurde noch vor Ort ein Steuerstrafverfahren wegen Verdachts der Steuerhinterziehung eingeleitet.
Ein während des laufenden Einsatzes im Flugzeug mit Anflug auf Frankfurt am Main reisender Beschuldigter hatte mutmaßlich von den laufenden Razzien Kenntnis erlangt. Es besteht der Verdacht, dass er über die Bordtoilette, den Mülleimer der Bordküche und Taschen der umliegenden Sitze versuchte, im Handgepäck mitgeführte schriftliche Aufzeichnungen zu vernichten bzw. zu entsorgen. Nach Landung und Vollzug des gegen ihn gerichteten Haftbefehls erfolgte durch Frankfurter Zollfahnderinnen und Zollfahnder die Absuche der Bereiche, die der Beschuldigte während des Fluges aufsuchte. Der Inhalt des infrage kommenden Mülleimers wurde dabei gesichert.
Am Durchsuchungstag waren rund 300 Kräfte der Zollfahndungsämter München, Berlin, Hamburg, Dresden und Frankfurt am Main im Einsatz. Sie wurden unterstützt durch Gutachter des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundeszollverwaltung sowie Kräften der Hauptzollämter Schweinfurt, Nürnberg, Erfurt und Regensburg. Daneben beteiligten sich die Steuerfahndungen Bayreuth, Berlin, Potsdam und Braunschweig bei den Durchsuchungen. Die Staatsanwaltschaft Hof übernahm vor Ort mit zwei Staatsanwälten den Vollzug der durch das Amtsgericht Hof angeordneten Maßnahmen.
"Die Ermittlungen zeigen deutlich, wie sich einzelne Wirtschaftsbeteiligte durch kollusives strafwürdiges Verhalten deutliche Wettbewerbsvorteile zu eigenen Gunsten verschaffen. Der deutsche Zollfahndungsdienst arbeitet unter Sachleitung der Staatsanwaltschaften gut vernetzt und erfolgreich mit zahlreichen Verwaltungen zusammen, um insbesondere bei komplexen Verfahren wie diesem die Drahtzieher krimineller Netzwerke zu enttarnen. Zielgerichtet werden die Strukturen der Täter zerschlagen und deren rechtswidrig erlangtes Vermögen eingefroren. Gemeinsam stehen wir so für einen fairen Wettbewerb in Deutschland", so Dr. Tino Igelmann, Leiter des Zollkriminalamtes in Köln.
Das Verfahren wegen Verdachts der Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen bzw. der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei dauert an. Weitere Details können aus ermittlungstaktischen und persönlichkeitsrechtlichen Gründen sowie wegen des Steuergeheimnisses derzeit nicht mitgeteilt werden.
Diese Meldung wurde am 18.11.2024, 10:00 Uhr durch das Zollfahndungsamt München übermittelt.
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