Liebe im Büro: Wenn's bei der Arbeit funkt
Von news.de-Mitarbeiterin Juliane Ziegengeist
30.11.2012 09.52
[tt=Frei übersetzt: Schlafe nie mit einem Kollegen!]«Never fuck the company!» heißt es im Volksmund. Und dennoch: Fast jeder vierte Deutsche hat schon einmal mit einem Arbeitskollegen angebandelt. Das geht aus einer [tt=Online-Jobbörse und Tochterunternehmen der Axel Springer AG]Stepstone-Umfrage unter 1300 Fach- und Führungskräften hervor. Die Mehrheit der Befragten (77 Prozent) gab zwar an, den Partner außerhalb der Arbeit kennengelernt zu haben. 23 Prozent waren im Job aber bereits liiert, 10 Prozent hätten deshalb sogar die Stelle gewechselt.
Das hält Personalcoach Ulrike Clasen für durchaus sinnvoll, wenn es um Paare geht, die sich am Arbeitsplatz lieben gelernt haben und eine gemeinsame Zukunft planen. «Paare funktionieren nur selten privat und beruflich», sagt sie. Die meisten, die sie kenne, hätten ihre Arbeitssituation im Zuge ihrer Liebe füreinander verändert. «Um sich von der Doppelbelastung zu befreien, der Arbeit und auch der Beziehung zuliebe», so die Expertin.
Liebe am Arbeitsplatz macht Arbeit. Zwar sind die Bedingungen, im Büro jemanden kennenzulernen, besonders günstig, weil Kollegen viel Zeit miteinander verbringen, Erfolge und Misserfolge teilen. Doch gerade das stelle Beziehungen zwischen Kollegen vor besondere Herausforderungen.
Das wissen auch Chefs. Für sie ist die Liaison im Büro kein Tabu mehr, unter besonderer Beobachtung stehen die Verliebten aber allemal. «Das Sich-Verlieben am Arbeitsplatz wird eher akzeptiert als die Auswirkungen, die daraus folgen können, wenn sich das Paar zu verliebt gibt oder die Liebe aufhört», erklärt Clasen. Für die übrigen Mitarbeiter könne eine Liebe unter Kollegen dann Nachteile bedeuten.
Offen damit umgehen
Verliebte aus dem gleichen Büro oder Unternehmen sollten sich schon früh klarmachen, was es heißt, zusammen zu sein, sowohl für sie selbst als auch für das Team. Sie sollten darüber nachdenken, was es bedeutet, wenn die Beziehung scheitert. «Gleich zu Beginn schon an das Ende denken, klingt makaber, ist aber bei Beziehungen am Arbeitsplatz umso wichtiger. Denn sie gehen nicht nur die zwei Liebenden etwas an», sagt Clasen.
Am Anfang stehe aber erst einmal das Outing. Hier rät die Expertin zur Offenheit. In dem Moment, in dem aus der Zuneigung eine Beziehung wird, sollten Betroffene mit ihrem Chef und ihren Kollegen darüber reden, sagt sie. «Wenn noch nicht klar ist, ob die Liebe tatsächlich von Dauer ist und daraus eine Partnerschaft werden kann, sollten sich diejenigen möglichst zurückhalten», schränkt Clasen ein.
Zurückhaltung ist auch dann angebracht, wenn die Katze aus dem Sack ist. Demonstrieren sollten Kollegen die Liebe nämlich nicht, sagt die Expertin. «Kuscheln am Computer, Liebes-E-Mails schreiben, das Küsschen in der Kantine - all das sollten Verliebte in jedem Fall sein lassen.» Die gelebte Liebe gehöre in die eigenen vier Wände und nicht ins Büro. Zu groß sei sonst die Gefahr, dass gut funktionierende Teams, aus denen sich ein Paar bildet, plötzlich gesprengt werden.
Liebe im Büro ist erlaubt
«Da sind immer Vorurteile im Spiel», weiß Clasen. «Kollegen mutmaßen über Dinge, die nur zwischen den Verliebten besprochen werden, und zwar nicht als Paar, sondern als Kollegen, die Informationen über das Unternehmen austauschen.» Für Verliebte am Arbeitsplatz ist der altbewährte Grundsatz daher genauso wahr: Berufliches und Privates trennen.
Dazu rät auch Martin Müller von der Arbeitsrechtskanzlei Groll & Partner in Frankfurt. «Wenn ich mit meinem Partner, den ich bei der Arbeit gefunden habe, dort stundenlang rumknutsche, anstatt meinen Job zu machen, kann das Folgen haben», so der Anwalt. Zwar sei Liebe am Arbeitsplatz erlaubt. Das heißt, der Arbeitgeber kann daraus nicht per se einen Pflichtverstoß, Abmahnungen oder gar eine Kündigung herleiten. Wird das Arbeitsverhältnis aber negativ beeinflusst, sind derlei Maßnahmen möglich.
Heikel wird es, wenn der Vorgesetzte und die Angestellte sich lieben. Oft fühlten sich andere Mitarbeiter dadurch zurückgestellt, sagt Clasen. Außerdem erwarte der Chef von seiner Kollegin und Partnerin nicht selten mehr Leistung oder lasse ihr aus Liebe den einen oder anderen Fehler durchgehen. Das sei Gift für Liebe und Beruf. Hier könne der Entschluss helfen, die Abteilung zu wechseln oder das Unternehmen zu verlassen.
Bloß nicht jammern
Für den Abschied von der Firma entscheidet sich häufig auch der Verlassene nach dem Liebesaus. Wenn für ihn wirklich nichts mehr geht und die Situation unerträglich zu werden droht, sei der Gang zum Chef am klügsten, bevor dieser selbst die Reißleine zieht. «Angestellte spielen eben nicht nur in der Liebe mit dem Feuer, sondern riskieren auch, den eigenen Lebenslauf in Brand zu setzen», sagt Clasen.
Allen, die nicht so weit gehen und im Unternehmen bleiben wollen, gibt die Expertin folgenden Tipp: Auf keinen Fall Allianzen gegen den Partner suchen und sich bei Kollegen nicht über das Beziehungsende ausheulen. «Oft sind es Frauen, die ins Jammertal der Verlassenen fallen, auch im Job. Und das ist ein No-Go», sagt Clasen. Ausheulen ja, aber bei Freunden und nicht bei der Arbeit.
Für diejenigen, die die Liebe am Arbeitsplatz dennoch riskieren wollen, sich aber nicht sicher sind, ob der Büroschwarm die Zuneigung teilt, hat Clasen auch noch einen Ratschlag. «Wieso nicht ein Gespräch über Liebe am Arbeitsplatz führen«, sagt sie. Darüber ließe sich zunächst ganz unverfänglich diskutieren und schließlich ablesen, ob der Andere interessiert ist. Und selbst wenn das nicht zutrifft, sei nichts verloren: «Es muss nicht Liebe, es kann auch eine freundschaftliche Arbeitsbeziehung werden.»
ham/rzf/reu/news.de