Teil 1: Fünf ganz illegale Steuertipps
Von news.de-Redakteur Christian Mathea
21.03.2019 15.12
Laut Schattenwirtschaft, erklärt der Professor auf news.de-Anfrage. Nach Ansicht des Professors profitiert die Wirtschaft sogar von dem Betrug, da das schwarz verdiente Geld sofort in der offiziellen Wirtschaft ausgegeben wird. «Der Betrug der Reichen ist dagegen reine Steuerhinterziehung, bei dem nur die Reichen gewinnen.»
Aber auch Otto-Normalverdiener ist alle Jahre wieder äußerst kreativ beim Weglassen von Zusatzeinkünften und beim Zurechnen von angeblichen Kosten. Doch das ist kein leichtes Vergehen.
Die [tt=Artikel 370 Abgabenordnung]Steuerhinterziehung sei vergleichbar mit dem [tt=Artikel 263 Strafgesetzbuch.]Betrug, erklärt Rechtsanwalt Klaus Ingensiep aus Chemnitz im Gespräch mit news.de: «Steuerhinterziehung ist Betrug am Staat», betont er. Das geschützte Rechtsgut sei das öffentliche Interesse am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen der einzelnen Steuern, da Bund, Länder und Gemeinden sonst nicht in der Lage wären, ihre öffentlichen Aufgaben zu erfüllen.
Grundlage für die Strafe sei die Höhe der hinterzogenen Steuer, erklärt der Anwalt weiter, wobei Geldstrafen der Normalfall bei Steuerhinterziehung seien. Diese werde in [tt=Ein Tagessatz ist ein Dreissigstel des Monatsgehaltes (Netto).]Tagessätzen verhängt. Obwohl es genaue Richtwerte aus [tt=Gemäß Artikel 46 Abs. 1 Strafgesetzbuch ist die Schuld des Täters die Grundlage für die Zumessung der Strafe. Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Pauschafe Strafzumessungs-Tabellen dürfte es daher eigentlich nicht geben, gibt es in den Köpfen der Beteiligten doch. ]rechtlichen Gründen nicht geben dürfte, werde in der Praxis von folgenden Größen ausgegangen:
Hinterziehungsbetrag bis | Tagessätze |
2500 Euro | 5 - 10 |
5000 Euro | 10 - 30 |
7500 Euro | 30 - 60 |
15.000 Euro | 60 - 80 |
25.000 Euro | 80 - 110 |
37.500 Euro | 110 - 150 |
55.000 Euro | 150 - 220 |
75.000 Euro | 220 - 300 |
Ab einer Verurteilung von über 90 Tagessätzen gilt man als vorbestraft.
Fünf illegale Steuertricks der Normalverdiener:
Zusatzeinkommen als Dozent
Frank Müller (fiktiver Name) hält neben seiner Arbeit als Buchhalter Seminare an einer Privatschule. Er verdient an der Privatschule 300 Euro pro Monat. Bei der Steuererklärung denkt sich Müller: «Merkt eh keiner» und lässt die Zusatzeinnahmen einfach weg.
Welche Strafen blühen dem Steuersünder und wie wahrscheinlich ist es, dass der Steuerbetrug rauskommt?
Rechtsanwalt Klaus Ingensiep aus Chemnitz: Die Privatschule wird die Dozentenhonorare in der steuerlichen Gewinnermittlung als Betriebsausgaben geltend machen. Eine Kontrollmitteilung des Finanzamtes ist wahrscheinlich. Bei einem Steuersatz von angenommenen 25 Prozent wäre die hinterzogene Steuer 900 Euro. Die Folge wären bei einem Ersttäter voraussichtlich eine Einstellung des Steuerstrafverfahrens gegen Geldauflage nach Artikel [tt=Einstellung nach § 153a StPO: Einstellung des Verfahrens bei Erfüllung von Auflagen und Weisungen. Die Geldauflage, Zahlung an die Staatskasse und/oder an eine gemeinnützige Einrichtung, richtet sich der Höhe nach wie die Geldstrafe an den Hinterziehungsbetrag, Tagessätze und Einkommenshöhe. ]153a StPO.
Geld leihen und dafür Zinsen bekommen
Ein Bekannter von Frank Müller hat vor drei Jahren ein Unternehmen gegründet. Dafür hat Müller dem Jungunternehmer damals 20.000 Euro gegeben. Für dieses private Darlehen zahlt ihm der Bekannte jedes Jahr Zinsen von 1000 Euro. Auf der Steuererklärung lässt Frank Müller diese Zinseinnahmen weg.
Welche Strafen blühen dem Steuersünder und wie wahrscheinlich ist es, dass der Steuerbetrug rauskommt?
Klaus Ingensiep: Zinsen aus einem Privatdarlehen unterliegen dem individuellen Abgeltungsteuersatz und müssen vom Steuerpflichtigen in seiner Einkommenssteuer-Erklärung angegeben werden.
Einen individuellen Steuersatz von 25 Prozent unterstellt, wären dies 250 Euro Einkommensteuer pro Jahr. Da der Bekannte das Geld für die Gründung seines Unternehmens bekommen hat, bei dem die gezahlten Zinsen Betriebsausgaben wären, die sicher in der steuerlichen Gewinnermittlung des Bekannten steuermindernd aufgeführt wurden. In solchen Fällen sind Kontrollmitteilungen des Unternehmer-Finanzamtes an das Finanzamt des Steuerpflichtigen üblich - die Wahrscheilichkeit, entdeckt zu werden, ist laso entsprechend hoch. Die Folge wären bei einem Ersttäter voraussichtlich eine Einstellung des Steuerstrafverfahrens gegen Geldauflage nach Artikel 153a StPO.
Trotz Gratisfahrt Pendlerkosten abgerechnet
Frank Müller fährt jeden Tag mit seinem Freund von Halle nach Leipzig auf Arbeit. Sein Freund ist Lastkraftfahrer, fährt die Strecke jeden Tag mehrmals und nimmt Frank Müller kostenlos mit. Auf der Steuerklärung gibt Frank Müller aber an, er sei mit seinem eigenen Pkw gefahren.
Welche Strafen blühen dem Steuersünder und wie wahrscheinlich ist es, dass der Steuerbetrug rauskommt?
Klaus Ingensiep: Die Entfernungspauschale liegt bei 0,30 Euro pro Entfernungskilometer. Bei angenommen 240 Tagen im Jahr und einer Entfernung von 42 Kilometern Entfernung kommt man auf 3024 Euro pro Jahr. Bei einem Steuersatz von 25 Prozent sind das 756 Prozent hinterzogene Einkommensteuer. Die Folge wären bei einem Ersttäter voraussichtlich eine Einstellung des Steuerstrafverfahrens gegen Geldauflage nach Artikel 153a StPO.
Wenn Thomas Schulzes Taten mehrere Jahre betreffen, er in diesen Jahren immer die Fälle eins bis drei erfüllt, könnte ein Strafbefehl mit einer Geldstrafe von etwa 120 Tagessätzen die Folge sein, da er ja jedes Jahr Steuern hinterziehen will.
Bäckermeister, der nicht alle Brötchen abrechnet
Thomas Schuster (fiktiver Name) ist Bäckermeister. Hunderte Brötchen verkauft er jeden Tag, doch jedes dritte Brötchen gibt er nicht in seine Kasse ein. Somit zahlt er nur Steuern auf zwei Drittel seines Umsatzes.
Welche Strafen blühen dem Steuersünder und wie wahrscheinlich ist es, dass der Steuerbetrug rauskommt?
Klaus Ingensiep: Unterstellt, 2000 Brötchen am Tag, wären dies 500 Brötchen à 30 Cent gleich 150 Euro pro Tag. Bei unterstellten 290 Verkaufstagen wären dies 43.500 Euro pro Jahr. Darauf entfallen auf die USt (7 Prozent) 2845 Euro, bei einem unterstellten Einkommensteuersatz von 30 Prozent auf die Einkommenssteuer 12.196 Euro (von 40.655 Euro Netto).
Aufallen würde dies bei einer Betriebsprüfung über die Kalkulation des Wareneinsatzes. Da der Betriebsprüfungszeitraum meistens drei Jahre betrifft, wären dies im vorliegenden Beispiel cirka 36.590 Euro Einkommenssteuer und 8535 Euro Umsatzsteuer. Der gesamte Steuerschaden beläuft sicht auf etwa 45.125 Euro in diesem Beispiel. Es würde wohl ein Strafverfahren vor dem Amtsrichter des Amtsgericht mit einer Verurteilung zu etwa 180 Tagessätzen die Folge sein.
Privatreise als Geschäftsreise abgerechnet
Thomas Schuster macht mit seiner Familie eine Städtereise nach München. Hotel, Abendessen, für alles lässt er sich Quittungen geben und rechnet das in seiner Steuerklärung als Geschäftsessen ab. So macht er es immer, wenn er auf Reisen ist.
Welche Strafen blühen dem Steuersünder und wie wahrscheinlich ist es, dass der Steuerbetrug rauskommt?
Klaus Ingensiep: Die Steuerlast wären etwa 150 Euro bei 30 Prozent individuellen Steuersatz. Die Sache würde bei der in Beispiel 4 beschrieben Betriebsprüfung herauskommen, da derartige Belege immer geprüft werden. Im Steuerstrafverfahren gegen Thomas Schuster würde dies bei der ja schon oben zu erwartenden Geldstrafe keine Rolle mehr spielen.
Wie das Finanzamt Bewirtungsbelege prüft: Das Finanzamt kontrolliert das Datum der Quittungen. Stimmen diese Angaben nicht mit einem Fahrtenbuch überein, finden Geschäftsessen am eigenen Geburtstag statt oder enthalten Restaurantrechnungen Kinderteller, fliegt der Betrug auf.
Lesen Sie in einem zweiten Artikel zum Thema noch mehr über Steuertricks.
Lesen Sie in einem weiteren Beitrag, warum die Länder an ihren Steuerfahndern sparen, obwohl durch deren Arbeit viel Geld eingenommen wird.
mac/news.de