Antibiotikaresistenzen: Sorge vor Killer-Keimen wächst! Bald weltweit zehn Millionen Tote pro Jahr?
Erstellt von Martin Gottschling
08.02.2023 14.42
Die Corona-Pandemie forderte weltweit Millionen Menschenleben. Die Sorge, dass in Zukunft weitere gefährliche Krankheiten die Erdbevölkerung bedrohen, ist allgegenwärtig. Doch auch längst bekannte Probleme stellen Mediziner:innen vermutlich schon bald vor eine noch größere Herausforderung. So könnte es bis 2050 allein zehn Millionen Todesfälle jährlich durch Antibiotikaresistenzen geben, wenn der Umweltverschmutzung nicht entschieden entgegengewirkt wird.
Antibiotikaresistenzen: Problem wird durch Umweltverschmutzung verschärft
Das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Bericht des UN-Umweltprogramms UNEP hervor. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO starben schon 2020 weltweit 1,27 Millionen Menschen. weil Antibiotika bei ihren Infektionen nicht anschlugen. UNEP kommt deshalb zu folgendem Schluss: "Um die Entstehung, Übertragung und Ausbreitung von Superbugs - Bakterienstämmen, die gegen alle bekannten Antibiotika resistent sind - und anderen Fällen von Antibiotikaresistenz (AMR) einzudämmen, ist es unerlässlich, die Umweltverschmutzung durch den Pharma-, Landwirtschafts- und Gesundheitssektor zu reduzieren." Antiobiotikaresistenzen treten immer häufiger auf, weil Arzneimittel zur Vorbeugung und Behandlung beim Menschen durch übermäßige oder falsche Behandlung möglicherweise unwirksam werden und die moderne Medizin dann nicht mehr in der Lage ist, selbst leichte Infektionen zu behandeln.
2050 weltweit zehn Millionen Tote durch Killer-Keime?
UNEP macht auf die Folgen aufmerksam: So könnte es durch Antibiotikaresistenzen 2050 weltweit nicht nur zehn Millionen Tote (Zahl der Krebs-Toten im Jahr 2020) geben, durch das Problem könnten bis 2030 bereits 24 Millionen Menschen in extreme Armut gestürzt werden. Die Ursachen seien auf die sich verändernden klimatischen und Lebensbedingungen auf der Erde zurückzuführen. Höhere Temperaturen, extreme Wettermuster, Umweltverschmutzung und neue Landnutzung, welche die mikrobielle Vielfalt verändern, tragen zur Entwicklung und Verbreitung der Antibiotikaresistenzen bei. UNEP fordert die Verschmutzung in sanitären Einrichtungen, Abwässer und Abfällen zu begrenzen, unter anderem durch "die verstärkte Einbeziehung von Umweltaspekten in die nationalen Aktionspläne zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen und die Einbeziehung von Antibiotikaresistenzen in umweltbezogene Pläne".
Potenzielle Resistenz-Hotspots in China und Indien
Vor allem Antibiotika-Rückstände in Gewässern von Schwellenländern stellen eine große Herausforderung dar. In Indien, China und vielen weiteren Ländern dieses Gebiets sorgten sie für potenzielle Resistenz-Hotspots, berichtet ein Wissenschaftlerteam in einer Übersichtsarbeit. Abwässer und Kläranlagen scheinen demnach Hauptquellen für die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen in diesen Regionen zu sein.
"Diese Datenerhebung hilft uns, eine Vorstellung davon zu bekommen, ob es in verschiedenen Gewässern Asiens eine hohe selektive Konzentration von Antibiotika gibt oder nicht. Und die Antwort lautet: Ja, die gibt es", teilte Thomas Van Boeckel, Dozent für Gesundheitsgeografie an der Universität Göteborg, mit. Er war selbst nicht an der im Fachjournal "The Lancet Planetary Health" vorgestellten Studie beteiligt.
Dass sich Resistenzen etwa aus China oder Indien bis nach Europa verbreiten, hält Van Boeckel grundsätzlich für möglich: "Es gibt zahlreiche Arbeiten, die zeigen, dass sich viele arzneimittelresistente Erreger weltweit verbreitet haben."
Antibiotika werden aus Flüssen getrunken
Denn: Antibiotika können aus Abwässern und Abfällen etwa von Kommunen, Krankenhäusern und Pharmafirmen in Flüsse, Seen, Meere und Grundwasser gelangen. Mit solchen Medikamenten behandelte Menschen und Tiere scheiden einen erheblichen Teil der Substanzen in biologisch aktiver Form über Urin und Fäkalien aus. Im Gebiet der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) definierten Westpazifischen (WPR, einschließlich China) und Südostasiatischen Region (SEAR, einschließlich Indien) gelangen etwa 80 bis 90 Prozent des Abwassers ungeklärt in Gewässer, wie es in der Analyse heißt.
Besorgniserregend sei der Eintrag in die Umwelt von WPR- und SEAR-Ländern auch deshalb, da dort viele Menschen Wasser etwa aus Flüssen und Seen direkt zum Waschen und als Trinkwasser nutzten, erläutern die Forschenden um Nada Hanna vom Karolinska Institut in Stockholm.
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gom/bos/news.de/dpa