Experten-Tipps zur Krankenversicherung: Gesetzliche Krankenkasse oder PKV? So finden Sie die beste Krankenversicherung
Erstellt von Claudia Löwe
27.08.2021 13.02
Die private Krankenversicherung steht für eine bessere medizinische Versorgung und schnelleren Zugang zu Untersuchungen und Behandlungen. Sie steht jedoch auch im Ruf, deutlich teurer zu sein als die gesetzliche Krankenversicherung – besonders im höheren Alter.
Expertenrat zum Thema Krankenversicherung: Wann und für wen ist eine private Krankenversicherung sinnvoll?
Doch wie sieht die Beitragsentwicklung tatsächlich aus? Welche Unterschiede gibt es in der Versorgung? Für wen macht die PKV Sinn? Und worauf sollten Interessenten beim Abschluss achten? Dazu informierten Experten des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) am 26. August 2021 in der Lesertelefon-Sprechzeit.
Die Experten des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) waren:
Michael H. Heinz, BVK-Präsident und Versicherungsmakler aus Siegen
Gerald Archangeli, BVK-Vizepräsident und Exklusivvermittler aus Berlin
Martin Hardenacke, Exklusivvertreter aus Bergisch-Gladbach
Uwe Dressel, Versicherungsmakler aus Bayreuth
Hier die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Welche Leistungen bietet eine private im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung?
Michael H. Heinz: Entscheidend ist, bei welcher privaten Krankenversicherung (PKV) Sie versichert sind und welchen Tarif Sie wählen. Denn Sie können Ihren Versicherungsschutz vertraglich individuell gestalten und sind nicht auf den standardisierten Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) angewiesen. Dabei gilt das Äquivalenzprinzip: Bei entsprechenden Prämienzahlungen können Sie Premiumleistungen abrufen, zum Beispiel eine Chef- oder Oberarztbehandlung, Einzelzimmer im Krankenhaus und die besten und modernsten Therapien. Umgekehrt sind in der PKV auch abgespeckte Tarife möglich, zum Beispiel ein Standard- oder Basistarif, der in etwa der Leistung der GKV entspricht. Die Leistungen richten sich also nach der medizinischen Versorgungsqualität, die Sie wünschen und Ihren finanziellen Möglichkeiten, diese abzudecken.
Für wen ist ein Wechsel in die PKV sinnvoll – für wen nicht?
Gerald Archangeli: Bei der gesetzlichen Krankenversicherung bemessen sich die Beiträge ausschließlich an der Höhe des Einkommens. Das bedeutet: Je mehr Sie verdienen, desto höher sind Ihre Krankenkassenbeiträge – bei stets gleichbleibendem Versorgungsumfang. Erst ab einem Bruttolohn von aktuell 4.837,50 Euro im Monat steigen die Krankenkassenbeiträge nicht weiter. Anders in der PKV: Besonders junge Menschen ohne Vorerkrankungen und mit einem günstigen beruflichen Risikoprofil finden hier Tarife mit Premiumleistungen, die wesentlich günstiger sind als die Krankenkassenbeiträge der GKV. Denn bei der PKV bestimmt nicht das Einkommen die Versicherungsprämie, sondern das individuelle Risikoprofil, also Alter, Vorerkrankungen und Beruf sowie der Leistungsumfang des gewählten Tarifs. Ein Wechsel in die PKV ist daher gerade für junge Menschen sinnvoll, die selbstständig tätig sind oder für Angestellte, wenn sie mit ihrem Lohn über der Versicherungspflichtgrenze von 64.350 Euro im Jahr liegen. Auch für Beamtinnen und Beamte ist wegen des Beihilfeanspruchs durch den Staat in der Regel eine PKV in den meisten Fällen die beste Lösung.
Wie wird sich die Beitragshöhe im Laufe der Zeit voraussichtlich entwickeln?
Uwe Dressel: Die Beitragshöhe ist von vielen individuellen Faktoren abhängig, beispielsweise Ihrem Lebensalter und Beruf, Ihren Vorerkrankungen und der Tarifwahl. Deshalb gibt es auf diese Frage keine pauschale und allgemeingültige Antwort. Grundsätzlich kann man festhalten, dass für einen 35-Jährigen ein PKV-Tarif zwischen 400 und 800 Euro im Monat kosten kann, der bessere Leistungen beinhaltet als die in der GKV.
Steigen die Kosten in der PKV über die Jahre stärker an als in der GKV?
Gerald Archangeli: Nein, die Kosten steigen nicht stärker als in der GKV. Dies hat das wissenschaftliche Institut des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen in einer Studie festgestellt. Zum anderen wirken in der PKV gerade im Alter zahlreiche Entlastungen, die den Beitrag stabilisieren, zum Beispiel die Rückstellungen fürs Alter, die Versicherungen automatisch vornehmen.
Wie gehe ich konkret vor, wenn ich mich privat krankenversichern will?
Martin Hardenacke: Nehmen Sie Kontakt zu einem Versicherungsvermittler an Ihrem Ort auf, der auf den Abschluss von privaten Krankenversicherungen spezialisiert ist. Von ihm können Sie sich in einem persönlichen Beratungsgespräch die Leistungsein- und –ausschlüsse einzelner Tarife erläutern und eine Prämienberechnung durchführen lassen.
Erhalte ich auch als privatversicherter Angestellter einen Arbeitgeberzuschuss zu meiner PKV?
Gerald Archangeli: Sie haben grundsätzlich Anspruch auf einen Zuschuss in Höhe von 50 Prozent der tatsächlich gezahlten Beiträge zu Ihrer PKV. Maximal zahlt der Arbeitgeber jedoch den Anteil, den er auf Grundlage der Beitragsbemessungsgrundlage auch einem gesetzlich Versicherten im Höchstfall zahlen müsste. In diesem Jahr sind dies knapp 400 Euro.
Welcher Selbstbehalt ist angemessen?
Michael H. Heinz: Welche Höhe des Selbstbehalts Sie wählen, entscheiden Sie selbst. Sie können sogar einen Tarif ohne Selbstbehalt wählen. Generell gilt: Je höher der Selbstbehalt, desto geringer Ihre Prämienzahlungen. Wichtig dabei ist nur, dass Sie den Selbstbehalt auch finanziell tragen können. Denn es nützt Ihnen nichts, wenn Sie im Krankheitsfall oder für eine Behandlung beispielsweise 3.000 Euro selbst bezahlen müssen, diese aber nicht aufbringen können. Angestellte sollten zudem beachten, dass auf den Selbstbehalt kein Arbeitgeberzuschuss gezahlt wird und sie somit von der Prämienersparung nicht voll profitieren.
Wie sieht es mit der Versicherung von Kindern in der PKV aus?
Gerald Archangeli: Auch Kinder müssen in Deutschland krankenversichert sein. Eine kostenfreie Mitversicherung von Familienangehörigen gibt es bei der PKV nicht. Sind jedoch die Eltern privat versichert, müssen ihre Kinder gegen Beitragszahlung in der PKV oder GKV versichert sein. In vielen Fällen ist eine beitragspflichtige Versicherung auch erforderlich, wenn der besserverdienende Elternteil ein Einkommen oberhalb der Bemessungsgrenze verdient und privatversichert ist. Hierfür existieren jedoch kostengünstige Tarife der privaten Versicherer.
Kann ich innerhalb der PKV den Tarif wechseln – und welche gibt es?
Martin Hardenacke: Selbstverständlich können Sie innerhalb Ihrer privaten Krankenversicherung in einen anderen leistungsstärkeren oder kostengünstigeren Tarif wechseln. Welche es gibt, hängt jedoch von Ihrer Versicherung ab, und kann nicht pauschal beantwortet werden. Lassen Sie sich dazu von einem Versicherungsvermittler Ihrer Wahl persönlich beraten. Falls Sie die Prämienhöhe Ihrer privaten Krankenversicherung nicht mehr finanziell tragen wollen oder können, bieten alle privaten Krankenversicherer auch den Standardtarif sowie den Basistarif an, die in der Regel den Leistungen der GKV entsprechen. Daneben existieren auch Notlagentarife, die nur medizinische Kosten im Falle einer Notfallversorgung übernehmen. Alle anderen medizinischen Leistungen müssen Sie dann privat aus eigener Tasche bezahlen.
Ich habe gehört, dass die Beiträge für eine PKV im Rentenalter sinken. Stimmt das?
Uwe Dressel: Nicht unbedingt. Mit zunehmendem Alter steigt die Notwendigkeit medizinischer Behandlungen, was zu höheren Ausgaben der privaten Krankenversicherer führt. Da die PKV – anders als die GKV – kostendeckend und ohne Steuerzuschuss wirtschaften muss, laufen die Prämien der PKV in voller Höhe weiter. Allerdings fällt im Alter von 60 Jahren der sogenannte gesetzliche Zuschlag weg, so dass Sie unter Umständen etwas geringere PKV-Beiträge zahlen. Die PKV bildet zudem für alle Versicherten ab ihrem Eintritt in die PKV Alterungsrückstellungen, um zukünftige Prämienerhöhungen zu dämpfen. Zusätzlich bieten viele PKV-Unternehmen Beitragsentlastungstarife an. Dabei zahlt der Versicherte einen zusätzlichen Beitrag, der verzinslich angelegt und für eine spätere garantierte Beitragssenkung verwendet wird. Nicht zuletzt kann auch ein Teil der Beitragsersparnis im Vergleich zur GKV in eine private Vorsorge investiert werden, um zukünftige Prämiensteigerungen abzufedern.
Muss ich bei der PKV immer in Vorleistung gehen?
Gerald Archangeli: Nein, bei teuren Krankenhausaufenthalten werden in der Regel Erklärungen für Kostenübernahmen der Versicherer eingeholt, die eine direkte Abrechnung ermöglichen. In allen anderen Fällen reichen Sie zunächst die Rechnung der medizinischen Leistungsträger, also Ärzte, Krankenhäuser oder Reha-Einrichtungen bei Ihrer PKV ein. Diese prüft zeitnah, welche Kosten durch Ihren PKV-Tarif gedeckt sind und erstattet Ihnen die Kosten ganz oder anteilig. Dabei reichen die Bearbeitungszeiten für die Erstattung der PKV meist aus, um die Zahlungsziele der Leistungsträger zu erfüllen.
Wie lässt sich die Beitragshöhe der PKV im Bedarfsfall senken?
Martin Hardenacke: Die Beitragshöhe lässt sich senken, indem Sie PKV-Tarife mit geringeren Leistungen wählen oder einen höheren Selbstbehalt vereinbaren. Sprechen Sie dazu Ihren Versicherungsvermittler an, er kann Ihnen passende Tarife anbieten, die geringere Prämienhöhen beinhalten.
Gibt es ein "Zurück" aus der PKV?
Uwe Dressel: Ein Zurück aus der PKV ist generell für alle über 55-Jährigen nicht mehr möglich, auch wenn Sie angestellt sind und weniger als die Versicherungspflichtgrenze von 64.350 Euro brutto im Jahr verdienen. Wenn Sie unter der Altersgrenze von 55 sind und Ihr Verdienst unter der Versicherungspflichtgrenze liegt, können Sie noch zur GKV zurück. Beamte bleiben hingegen privat versichert, egal bis zu welchem Lebensalter.
Sind private Zusatzversicherungen zur GKV eine Alternative?
Michael H. Heinz: Da die GKV nur standardisierte Leistungen für ihre Versicherten vorsieht, ist der Abschluss einer privaten Zusatzversicherung sowohl im zahnmedizinischen als auch im allgemeinmedizinischen Bereich durchaus sinnvoll. Hierüber können auch GKV-Versicherte einen individuellen Versicherungsschutz erhalten und so beispielsweise Einbettzimmer im Krankenhaus oder eine fast hundertprozentige Kostenübernahme bei Zahnimplantaten und Inlays bekommen.
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