Gefahren für die Hoden: Alles unfit im Schritt?
Von news.de-Redakteurin Katharina Peter
06.12.2011 12.14
Enge Hosen
Ob zu enge Hosen einen Einfluss auf die Hoden haben, wird immer wieder diskutiert. Doch gibt es bisher keine vernünftigen Studien. Die Hoden sind von Natur aus außerhalb des Körpers gelagert, weil sie die normale Körpertemperatur von 36 Grad nicht vertragen, erklärt der Urologe Dr. Hartmut Jonitz aus Darmstadt. Bei höheren Temperaturen gehen die Spermien kaputt. Man wird dadurch unfruchtbar, aber nicht impotent.
Und da liegt auch der Grund, warum zu enge Hose ungünstig sein könnten. Wenn der Stoff zu sehr spannt und kneift, dann staut sich die Wärme und könnte zu Zeugungsproblemen führen. Auch kann das quetschende Beinkleid Schmerzen verursachen. Kombiniert sich das mit langen Autofahrten und ausbleibenden Pinkelpausen, dann sind die Schmerzen fast schon vorprogrammiert. «Viele sind dann furchtbar beunruhigt», erzählt Jonitz. Sein Tipp: «Einfach mal ganz ungeniert in die Hose greifen und die Hoden in die richtige Position vor dem Körper bringen.»
Wer sich aufgrund einer Modewelle über mehrere Jahre in knallenge Hosen gezwängt hat, muss noch lange nicht unter Kinderlosigkeit leiden. «Wenn keine Begleitkrankheiten entstanden sind, dann produzieren die Hoden immer wieder frische Spermien», so Jonitz. Dieser Prozess dauert das ganze Leben an, sodass Männer wie Pablo Picasso oder Charlie Chaplin auch noch im hohen Alter zu Vaterfreuden kamen.
Manche Naturvölker in Afrika nutzen den Wärmeeffekt als Verhütungsmittel. Die Männer setzten sich vor dem Sex in den heißen Sand. «Das könnte funktionieren», sagt Jonitz. «Auch wenn es wahrscheinlich nicht so sicher wie die Pille ist.»
Heißes Bad
Deshalb müssen Männer aber nicht auf jede Wärme verzichten. Ein heißes Bad spielt normalerweise keine große Rolle. Aber: Wer mitten in der Familienplanung streckt, sollte nicht unbedingt direkt vor dem zur Zeugung eingeplanten Sex eine Stunde in die heiße Wanne hüpfen. Die Chancen für Nachwuchs sind dann kurzzeitig nicht besonders gut.
Hoch zu Ross und Drahtesel
Wer im Pferdesattel oder auf dem Fahrrad unterwegs ist, sollte sicherstellen, dass der Genitalbereich nicht zwischen den Beinen eingeklemmt ist, sondern vor dem Körper liegt. Beim Fahrradfahren sind es meist die Hobbyradler, die vergessen die empfindlichen Hoden vor den Körper zu legen. Da kann es dann zu Schmerzen kommen. «Wer aber auf die Empfindlichkeiten seines Körpers hört, dürfte keine Schwierigkeiten bekommen», so Jonitz.
Beim Reiten verbringen die meisten Männer zwar nur eine kurze Zeit auf dem Pferderücken, aber auch da gilt: «Nur nicht aus Eitelkeit zu den superengen Reithosen greifen.» Beim Turnier mag das für einen kurzen Zeitraum mal gehen, aber wer für einen mehrstündigen Geländeritt aufsattelt, sollte zusehen, dass nichts gequetscht wird.
Natürlich kann es beim huckeligen Parcours durchs Gelände vorkommen, dass bei übersehenen Unebenheiten der Sattel härter zwischen Beine stößt, als für den Radfahrer oder Reiter angenehm ist. «Dann kann es zu einer schmerzhaften Hodenprellung kommen», sagt Jonitz und beruhigt: «Doch das ist reversibel und hat meist keinen Einfluss auf die Zeugungsfähigkeit.»
Tritt zwischen die Beine
Der fiese Tritt zwischen die Beine bringt vor allem starke Schmerzen mit sich. Aber nicht immer bleibt es dabei. Jonitz: «Es vergeht kein Monat in der Urologie, in dem nicht ein Hoden amputiert werden muss, weil er zerrissen ist.» Durch zu starke Gewalteinwirkung kommt es zur Hodenruptur. Das passiert immer bei Unfällen, wie etwa Stürzen oder Tritten. Auch Handballer und Fußballer sind gefährdet. Läuft ein Hoden erst einmal voll mit Blut, dann ist er meist nicht mehr zu retten.
Muskeldoping
Wer im Fitnessstudio nicht nur die Gewichte pumpt, sondern dem Muskelpaket mit Steroiden nachhilft, tut seinen Hoden keinen Gefallen. «Das führt zu einer Verkleinerung und zu einer Einschränkung der Zeugungsfähigkeit», warnt Jonitz. Je nachdem wie lange zu den Hilfsmittel gegriffen wurde, kann der Effekt wieder rückgängig gemacht werden. Ist ein solches Dopingmittel aber ein jahrelanger Begleiter, können die Hoden bis auf Daumennagelgröße schrumpfen.
Handys in der Hose
Es ist zwar nie mit einer überzeugenden Studie belegt worden, dass ein Handy in der Hosentasche die Hoden verstrahlt und damit zur Unfruchtbarkeit führen könnte. Aber auch das Gegenteil wurde nie bewiesen. Deswegen rät Jonitz grundsätzlich vorsichtig mit Elektrosmog umzugehen: «Eben weil man es nicht genau weiß, sollte man das Handy lieber am Oberkörper tragen».
Rauchen
Während Alkohol und andere Drogen sich nicht weiter um die Hoden kümmern, haben Zigaretten einen erheblichen Einfluss auf die Manneskraft. «Rauchen ist einer der Hauptrisikofaktoren für Zeugungsunfähigkeit. Jonitz: «Es fällt auf. Wenn Rauchern mit schlechtem Spermiogram es schaffen, mit dem Rauchen aufzuhören, dann wird die Spermienqualität schnell deutlich besser.»
Sitzheizung im Auto
Kuschelig warme Sitzungheizungen bringen laut Jonitz den Kinderwunsch nicht in Gefahr, obwohl davor immer wieder gewarnt wird. Zwar ist die Wärme nicht gut für die Hoden, doch meist werden Sitzheizungen nur für kurze Zeit zu Anfang der Fahrt angeschaltet. «Auch wird nicht so weit hochgeheizt, wie bei einem heißen Bad», so der Urologe. Aber selbst bei Dauerbeheizung auf Fernfahrten macht sich Jonitz keine große Sorgen. Denn: «Liegt der Hoden vorm Körper, wird nur der Po warm.»
Erkrankungen
Beim Wasserbruch, auch Hydrozele genannt, läuft Flüssigkeit in den Hodensack, sodass dieser wie in einer Wärmflasche eingebettet liegt. Die Hydrozele ist oft angeboren, kann aber auch im späteren Leben auftauchen. Wird sie nicht operiert, kann sie den Todesstoß für den Kinderwunsch bedeuten.
Die Varicozele, tritt in 90 Prozent der Fälle am linken Hoden auf. Es handelt sich dabei um eine Krampfader, die das Blut nicht rasch genug abtransportiert. Auch diese ist bei Kinderwunsch ungünstig und sollte beseitigt werden.
Die Nebenhodenentzündung tritt meist mit einem Harnwegsinfekt, wie etwa einer Blasenentzündung, auf. Der Nebenhoden kann durch diese Infektion zerstört und damit keine Samenzellen mehr zwischengelagert werden. Die Zeugungsfähigkeit ist dann eingeschränkt.
Die reine Hodenentzündung ist dagegen sehr selten. Sie wird durch Viren ausgelöst und tritt oft nach einer Mumpsinfektion auf. Im schlimmsten Fall schrumpft der Hoden und fällt für die Zeugung aus. «Zum Glück ist dies meist nur einseitig der Fall», so Jonitz.
car/news.de