Gesundheit

Analkrebs: Der Engel und die Tabukrankheit

Farrah Fawcetts öffentlicher Kampf gegen den Analkrebs könnte die Krankheit enttabuisieren. Bild: dpa

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Noch vor einigen Jahrzehnten wurde in der Öffentlichkeit über Details von Krankheiten wie Brust-, Prostata- oder Darmkrebs nur verklausuliert gesprochen oder verschämt geschwiegen. Diese Tabus fielen nicht zuletzt durch prominente Politiker, Sportler oder Schauspieler, die sich - wie etwa einstige die amerikanische First Lady Betty Ford - als Patienten outeten und den Themen damit ein öffentliches Forum boten.

Das Thema Analkrebs blieb dagegen weiter stigmatisiert. Barron Lerner von der Columbia Universität in New York begründet dies damit, dass der Darmausgang nicht nur mit dem Stuhlgang in Verbindung gebracht wird, sondern auch mit tabuisierten Sexualpraktiken. Der Internist thematisiert in seiner Sprechstunde regelmäßig verschiedenen Krebsformen und deren Risikofaktoren. Aber Analkrebs oder sogar Analsex? «Darüber rede ich nie mit meinen Patienten», sagt Lerner. «Da könnten viele Menschen vielleicht ausrasten.»

Auch dieses Tabuthema könnte nun fallen. Farrah Fawcett, die durch Drei Engel für Charlie bekannt wurde, hatte kurz vor ihrem Tod noch an einer Fernsehdokumentation mit dem Titel Farrah's Story mitgewirkt, die die Öffentlichkeit über die Erkrankung und ihre Therapie aufklären sollte. «Sie wusste, dass sie den Analkrebs nicht überwinden würde und beschloss, als ihr Vermächtnis möglichst auf die Krankheit aufmerksam zu machen», sagt ihr Arzt Lawrence Piro.

Zugegeben: Analkrebs ist sehr selten. In Deutschland gibt es bei den Frauen jährlich rund 0,7 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. Bei Männern liegt die Erkrankungsrate noch einmal um etwa 50 Prozent niedriger. In den USA erkranken jährlich etwa 5000 Menschen, die Zahl der Todesopfer liegt bei 700.

Das Image der Krankheit wird von Vorurteilen dominiert. Die meisten Menschen denken an schwule Männer und an Erkrankungen wie HIV oder Aids. Dabei stellen Frauen die Mehrzahl sowohl der Patienten als auch der Todesopfer. «Die Diagnose bei Farrah Fawcett deutet schon darauf hin, dass Analkrebs bei Frauen häufiger vorkommt als bei Männern», sagt Mona Saraiya von der US-Gesundheitsbehörde CDCP. «Farrah Fawcett verleiht dem Krebs bei Frauen ein Gesicht.»

Verursacht werden die meisten Analtumore - ebenso wie auch die Mehrzahl der Gebärmutterhalstumore - von Humanen Papillomaviren (HPV). Diese stecken hinter 70 Prozent der Analkarzinome und hinter rund 90 Prozent von deren schuppenartiger Variante, an der auch Fawcett litt. Ob der Tumor auch bei der Schauspielerin durch HPV ausgelöst wurde, ist allerdings nicht bekannt.

Seit einigen Jahren gibt es Impfungen gegen etliche HPV-Typen. Die Vakzinen verhindern Studien zufolge Gebärmutterhalskrebs bei Frauen, die vorher noch nicht mit HPV infiziert waren. Mediziner vermuten, dass sie auch vor Analkrebs schützen können. Eine Studie zu der Frage läuft, allerdings mit ausschließlich männlichen Teilnehmern. Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen.

Fawcetts Arzt Piro glaubt, dass diese Impfung einen wichtigen Schutz gegen Krebs bietet, der noch zu wenig genutzt werde. Ob das Schicksal der Schauspielerin die Impfbereitschaft steigern wird, bleibt abzuwarten.

kat/car