Vom Herz bis zur Nase: Krankenakte Michael Jackson
Von news.de-Redakteurin Claudia Arthen
14.04.2021 14.20
Dass Michael Jackson körperlich gebrechlich war, konnte jeder sehen, der sich gerne TV-Bilder anschaut. Im vergangenen Sommer wurde der King of Pop im Rollstuhl durch eine Einkaufsmeile geschoben. Und im März, als er auf einer Pressekonferenz in London sein Konzertcomeback ankündigte, fragte sich die Welt: Schafft er das überhaupt körperlich? Denn Jacksons Auftritt war äußerst kurz, er wirkte unsicher, kraftlos und ferngesteuert. Groß muss der Leistungsdruck gewesen sein, der auf ihm lastete. Er war ja seit zwölf Jahren nicht mehr aufgetreten. War er daran zerbrochen?
Immer wieder hatte es Spekulationen um eine ernsthafte Erkrankung gegeben. Vor den für Juli geplanten Konzerten in London hatte ein Ärzteteam den Popsänger mehrere Stunden untersucht und danach öffentlich verkündet: «Michael Jackson ist kerngesund.» Wobei diese Ärzte von den Konzertveranstaltern bestellt waren. Wollten sie gut Wetter für den Vorverkauf machen?
In Jacksons Umfeld reagierten einige nicht überrascht auf den Tod: Brian Oxman, Anwalt der Jackson-Familie, sagte, der Tod sei nicht unerwartet gekommen. Jackson habe verschreibungspflichtige Medikamente genommen, im Zuge der Vorbereitung auf die London-Konzerte. In erheblichem Umfang, auch auf Druck der Veranstalter, so der Vorwurf der Jackson-Familie. Ob es eine falsche Dosierung war oder gar bewusster Missbrauch, bleibt abzuwarten.
Für Experten ist denkbar, dass die Medikamente die Ursache für Michael Jacksons Herzstillstand waren. «Anti-Depressiva und Psychopharmaka können Auswirkungen auf den Herzrhythmus haben», sagt Martin Linke vom Berufsverband der Fachärzte für Kardiologie. Das gelte auch für zahlreiche andere Medikamente wie Betablocker.
Deren Wirkung auf die Herzfrequenz sei durchaus gewollt, erklärt Linke. Aber eine Überdosierung könne zur tödlichen Gefahr werden. Nicht auszuschließen sei auch, dass Jackson Aufputschmittel genommen hat, die sich ebenfalls auf den Herzrhythmus auswirken und gerade in Verbindung mit anderen Medikamenten gefährlich sein können.
Linke glaubt zudem, dass Jackson bei den Vorbereitungen auf seine Bühnenshow «wahnsinnig im Stress war» und durch vermehrtes Schwitzen bei körperlichem Training zu wenig Kalium im Blut hatte. «Auch das könnte gefährlich geworden sein», sagt Linke. Aber auch eine Herzerkrankung, die bislang nicht entdeckt wurde und plötzlich zum Ausbruch gekommen ist, wäre nach Ansicht des Mediziners möglich.
Michael Jackson war mindestens seit seiner Jugend anfällig für Krankheiten. Er litt unter starker Akne sowie unter Fieber- und Schwächeanfällen, hatte Nieren-, Leber- sowie Magen-Darm-Probleme und klagte im Jahr 2002, eine Spinne habe ihn in den Fuß gebissen. Eine Rippenprellung, ein Stimmbandschaden und mehrere Knochenbrüche – die Krankenliste ist endlos und vermutlich Ausdruck seiner angeschlagenen Psyche.
Jackson hatte kein Problem, öffentlich zu machen, dass er viele Jahre seines Lebens sehr unglücklich war. Das Unglück begann bereits in seiner Kindheit, die gezeichnet war von hartem Training und brutaler Erziehung.
Der Musiker hatte zudem große Angst vor Ansteckung und trug zum Schutz vor Viren und Bakterien häufig Handschuhe und eine Maske vor Mund und Nase. Mit letzterer war er zu Lebzeiten selten zufrieden. Ungefähr Anfang der 1980er Jahre unterzog er sich der ersten kosmetischen Operation, der weitere Eingriffe folgten. Nicht nur die Nase ließ er verändern, auch Kinn und Wangenknochen entsprachen nicht seinem Schönheitsideal.