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Störquellen: Wenn das Autoradio rauscht und knackt

Entwicklung zur elektromagnetischen Verträglichkeit Bild: pi

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Jeder kennt diese Störgeräusche: Radiosender rauschen und Handys nerven, wenn sie in der Nähe von Stereoanlagen oder Autoradios Interferenzen verursachen. Für das Knacken und Rauschen zeichnen sich Funkwellen verantwortlich, die vom falschen Gerät empfangen werden. Drähte in den Elektrogeräten wirken wie Antennen und nehmen einen Teil der von einem Sender abgestrahlten Funkwellen auf. Elektromagnetische Turbulenzen dieser Art stressen zwar Nerven und Ohren - gefährlich sind sie aber nicht. Anders sieht es in Konstellationen aus, in denen sicherheitsrelevante Geräte beeinträchtigt oder im Extremfall sogar gänzlich außer Gefecht gesetzt werden können.

Als in den 1990er Jahren Autos mit immer mehr Bordelektronik auf die Straßen kamen, waren gelegentlich seltsame und völlig unbeabsichtigte Phänomene zu beobachten: Elektronische Fensterheber ließen beim Geschäft an der Ecke die Alarmanlage schrillen. Wenn der Beifahrer telefonierte, löste sein mobiles Telefon bei der Einwahl ins Funknetz den Airbag aus. Der Gesetzgeber sah dringenden Handlungsbedarf und brachte 1998 ein «Gesetz über die elektronische Verträglichkeit von Geräten» auf den Weg, dem eine EU-Richtlinie zugrunde liegt. Elektrische geräte dürfen untereinander nicht in ihrer Funktion stören, heißt es darin. Sie müssen untereinander «elektromagnetisch verträglich» sein.

Seither sind die Automobilhersteller aufgefordert, vor der Markteinführung des Serienmodells durch entsprechende Testreihen sicherzustellen, dass sich alle im Auto verbauten Elektrokomponenten untereinander vertragen und dass es auch in der Umgebung des Fahrzeugs nicht zu von der Bordelektronik verursachten Funktionsstörungen von Geräten kommt. «Bei allen auf dem deutschen Markt vertretenen Autobauern gehen die Schutzmaßnahmen heute deutlich über die gesetzlichen Anforderungen hinaus», sagt Johann Roidt, Geschäftsführer der TÜV Süd Senton GmbH, die sich als Dienstleistungsunternehmen auf Messverfahren zur elektromagnetischen Verträglichkeit spezialisiert hat. «Generelle Schwächen von Serienfahrzeugen gehören der Vergangenheit an», betont der Experte. In Einzelfällen könne es dennoch vorkommen, dass sich die Bordelektronik des Autos und elektronische Anlagen der Umgebung in die Quere kommen. «Das betrifft dann aber nicht die Serie, sondern ein fehlerhaftes Einzelprodukt - eine sogenannte Montagsproduktion», so der Mann vom TÜV.

Elektrofahrzeuge als moderne Herausforderung

Roidt kennt die einschlägigen Presseberichte: Den einer Oberklassenlimousine beispielsweise, die unter Hochspannungsleitungen den Motor abzustellen versuchte. Das eigenmächtige Verhalten der Fahrzeugelektronik in solchen Ausnahmefällen sei jedoch in aller Regel nicht auf irgendwelche elektromagnetische Unverträglichkeiten zurückzuführen. Die Ursachen seien oft ganz banaler Natur. Im Fall der Limousine sei ein vergessener Kontaktstecker und damit eine Schlamperei in der Werkstatt Grund für die ungewollten Abschaltmanöver des Autos gewesen. Ganz neue Herausforderungen rollen seit einiger Zeit durch die zunehmende Elektrifizierung der Antriebe auf Hersteller und Prüfdienstleister zu. Die herkömmlichen Messkabinen der Prüfer eignen sich nicht für Tests mit Hybrid- oder Elektrofahrzeugkomponenten. Denn bei diesen sind Versorgungsspannungen von mehreren hundert Volt und Ströme von einigen hundert Ampere keine Seltenheit.

Um den ungestörten Radio- und Funkempfang im Fahrzeug zu gewährleisten, müssen die Komponenten bestimmte Grenzwerte einhalten. Besonders jedoch bei Elektroantrieben entstehen hochfrequente Störspektren. Allein durch die wesentlich höheren Spannungen seien die Störungen 50mal stärker als bei herkömmlicher Kraftfahrzeug-Elektronik, erläutert Mooser. Der komplette Hochvoltbereich sei deshalb abgeschirmt, um die störenden Ab- oder Einstrahlungen zu verhindern.

Audi hat schon 1998 ein eigenes Prüfzentrum für elektromagnetische Verträglichkeit der Fahrzeugelektronik gebaut, wo die verschiedenen elektronischen Bauteile im Fahrzeug im Gesamtzusammenhang und unter einem Dach getestet werden können. Zentraler Bestandteil dieser EMV-Anlage (EMV - Elektromagnetische Verträglichkeit) ist eine große Halle, die über eine Metallschirmung verfügt und innen mit pyramidenförmigen Absorbern verkleidet ist, um die Reflexionen der Funkwellen vermindern. Zudem wurden in der Halle große Antennen installiert, um die Audis in der Entwicklungsphase mit elektromagnetischen Feldern im Frequenzbereich von einem Megahertz bis drei Gigahertz zu beschießen.

Neue Richtlinien für induktives Tanken

Ein mittelständisches Unternehmen in Ludwigsburg hat sich auf EMV-Prüfungen für die neuen Hybrid-, Strom- und Brennstoffzellenantriebe spezialisiert. «Wir testen für fast alle europäischen Hersteller und auch asiatische Importeure greifen auf unser Know-how und unsere Prüfanlagen zurück», sagt Firmengründer Jakob Mooser. In seinem Unternehmen können Autobauer Komponenten wie Motoren oder Hochvoltbatterien unter realen Bedingungen testen lassen - und das lange bevor überhaupt ein Vorserienmodell existiert.

Neuland betreten die EMV-Prüfer, wenn es ums Thema induktives Tanken geht. Die Forschung arbeitet unter Hochdruck an Möglichkeiten, Elektrofahrzeuge in Zukunft an speziellen Ladestationen oder eines Tages sogar an elektrischen Leitplanken ohne direkten Steckerkontakt mit Energie versorgen zu können. Für diese Anwendungen müssen ganz neue Grenzwerte und Normen definiert werden, so der Prüfspezialist vom TÜV. Noch brisanter wird das Thema, wenn neue Batteriegenerationen höhere Ladestärken mit sich bringen. Hier besteht Handlungsbedarf, um jedes Restrisiko - beispielsweise für Menschen mit Herzschrittmachern - auszuschließen.

Dass die zunehmende Elektrifizierung der Antriebe zu einem gefährlichen elektromagnetischen Funktionschaos führen könnte, halten die Experten jedoch für ausgeschlossen. Oftmals sei die Tüftelei zwar beträchtlich, sagt Mooser, letztlich aber seien alle elektromagnetischen Verträglichkeitsprobleme lösbar.

rli/sgo/news.de/pi