Kei-Cars: Kein Fall für Deutschland
27.10.2009 12.23
Andere Länder, andere Sitten: Auf der einen Seite lieben die Asiaten Porsche 911, BMW M3 und Mercedes S-Klasse und begehren Heimatboliden wie Nissan Skyline und Mitsubishi Lancer Evo. Doch es geht auch anders. Auf kaum einem anderen Automarkt der Welt steht die Praktikabilität der fahrbaren Untersätze derart im Vordergrund wie in Japan.
Neben exklusiven Sportskanonen bevölkern daher Klein- und Kleinstwagen ebenso wie Mini-, Micro- und Maxi-Vans die japanischen Straßen wie Ameisen. Nahezu senkrecht recken sich ihre Windschutzscheiben, Scheinwerfereinheiten und Seitenwände in den Himmel. Die Reifen kann man getrost als Teerschlitzer bezeichnen, die Fahrzeugabmessungen sind klein.
Die meisten der Cityflitzer sind als Kei-Cars mit den obligatorisch gelben Nummerntafeln unterwegs, die eine Steuervergünstigung sichert und einem die Parkplatzsuche erleichtert. Im Gegensatz zu den größeren Autos muss man für ein Kei-Car keinen eigenen Parkplatz in der Innenstadt nachweisen. Das spart in einer Stadt wie Tokio pro Monat leicht 200 bis 500 Euro.
Technisch sind die Kei-Cars ganz normale Autos, nur eben besonders klein. Ihre Motoren haben weniger als 660 Kubikzentimeter Hubraum und leisten meist weniger als 70 PS. Länger als 3,40 Meter dürfen die günstigen Kleinwagen, die 1949 erstmals eingeführt wurden, ebenfalls nicht sein. Doch für viele derjenigen Japaner, die sich keine der exklusiven Sportwagen oder Luxuslimousinen aus Europa leisten können, sind die kleinen Cityflitzer genau das richtige. Neue Trendmobile wie der Nissan Cube sind ebenfalls quadratisch, praktisch und klein, fahren jedoch in der normalen Liga oberhalb der Kei-Cars.
Kitsch und Kuschel im Innenraum
Die meisten Cityvans verfügen über mindestens eine Schiebetür, die das Ein- und Aussteigen auf den engen Fahrbahnen erleichtert. Ledersitze bleiben in Japan zumeist nur den absoluten Luxuslimousinen vorbehalten. Gerade die heimischen Fabrikate unterhalb von Lexus LS oder Nissan President setzen auf bequeme Sitze aus weichem Flockvelours. Wenn es besonders edel sein soll, sind Rückenlehnen und Kopfstützen mit schmucken Häkeldeckchen verziert, quasi das japanische Äquivalent zum teutonischen Geschmack zwischen Wackeldackel und Fuchsschwanz.
Das Armaturenbrett ziert neben der normalen Serienausstattung zumeist ein übergroßer Bildschirm mit digitalem TV-Modul und üppiger Kartennavigation. Schließlich steht man in den meisten Städten jeden Tag ein paar Stunden im Stau - da will man unterhalten werden.
Kei-Cars machen mehr als ein Drittel aller in Japan zugelassenen PKW aus. Gerade die 90er Jahre brachten in den zunehmend übervölkerten Innenstädten nochmals einen kräftigen Schub für Zulassungen und Akzeptanz. Waren die Kleinwagen lange als lahme Citymobile verschrien, holten Turboaufladungen aus den kleinvolumigen Motörchen das Maximale heraus. Drehzahlen von über 8000 Touren sind bei den sportlich positionierten Kleinwagen kein Problem.
Keine Zukunft für Deutschland
Der größte Anbieter von Kei-Cars auf dem japanischen Markt ist Daihatsu. Die Modelle dort sind spezialisiert auf den Markt in Nippon:
«Bei den Daihatsu Kei Car Modellen handelt es sich um Fahrzeuge, die
lediglich für den japanischen Markt vorgesehen sind. Die Modelle des europäischen Angebots, die zwar in Japan gefertigt wurden, entsprechen nicht den Richtlinien der Kei Car Vorgaben», so Anne Klausmann von Daihatsu Deutschland.
Obwohl die japanischen Zwerge in Deutschland eine gewisse Fangemeinde besitzen, und auch die hiesigen Herausforderungen für urbane Mobilität ein Downsizing-orientiertes Denken bewirkt haben, werden wohl vorerst keine Kei-Cars durch Deutschland rollen: «Eine Einführung in den deutschen Markt ist derzeit nicht vorgesehen,» stellt Klausmann in Aussicht.
sgo/fme/news.de/pi