Eduard Prinz von Anhalt ist der Chef des Hauses von Anhalt, das in diesen Tagen 800-jähriges Bestehen feiert. Im Interview mit news.de spricht er offen über Treffen mit seinem Cousin Prinz Charles und über das unmögliche Benehmen von Adoptivprinzen.
Herr von Anhalt, wie redet man Sie eigentlich korrekt an?
Eduard von Anhalt: Nach dem bürgerlichen Gesetzbuch ist Prinz von Anhalt mein bürgerlicher Name. Deutschland war das einzige Land Europas das nach der Revolution 1918 adlige Titel wie «Graf von...», «Baron von...» oder wie in meinem Falle «Prinz von...» als Teil des bürgerlichen Namens übernommen hat. Die offizielle Anrede ist demnach Herr Prinz von Anhalt. Es gibt auch Leute, die sagen Hoheit oder Prinz von Anhalt. Ich vertrete die Meinung, dass mich die Leute ansprechen können, wie sie wollen.
Gibt es mit den vielen Anrede-Versionen keine Verwirrung?
von Anhalt: Obwohl mein offizieller Namen dem Gesetz nach mit P anfängt stehe ich im Telefonbuch unter A. Meine Flugtickets finde ich aber meistens unter V.
Wie reagieren Ihre Mitmenschen auf Ihren Titel?
von Anhalt: Ich stelle mich nicht mit Prinz von Anhalt vor. Da ich als Adelsexperte auch hin und wieder im Fernsehen zu sehen bin, werde ich ab und an auf der Straße erkannt. Allerdings dürfen Sie sich das nicht wie bei einem Popstar vorstellen, da gibt es kein Gekreische und auch niemand erstarrt vor Ehrfurcht. Aber ich merke natürlich, wenn Leute ihre feste Meinung zum Adel im Allgemeinen und zu einem Prinz von Anhalt im Besonderen haben. Die reicht von abwartendem Interesse über Devotion bis zu Ablehnung.
Woher kommt die Ablehnung?
von Anhalt: Als ich nach der Wende in meine alte Heimat nach Sachsen-Anhalt zurückkehrte, gab es zum Beispiel Leute, die sich auch nach 45 Jahren DDR noch positiv an meine Familie erinnerten. Aber ich traf natürlich auch auf viele Bürger, die im DDR-Geschichtsunterricht gelernt hatten, dass die Fürsten ihre Untertanen nur ausgenommen und schlecht behandelt hätten. Zumindest in diesem Punkt denkt man in Sachsen-Anhalt heute nicht mehr so einseitig.
Angeblich gibt es bei den Deutschen eine Sehnsucht nach dem Adel - man hat das ja an den Reaktionen auf Karl-Theodor zu Guttenberg gemerkt. Lag die Begeisterung für ihn an seiner Person oder an seiner Herkunft?
von Anhalt: Bei ihm lag das an der Kombination aus beidem. Er hatte ein Auftreten, das den meisten Leuten besser gefiel als das vieler anderer Politiker. Er hatte ein Erscheinungsbild, wie man es bei einem Politiker gern sieht. Und als man feststellte, dass er ein Adliger ohne Arroganz war und aus einer heilen Familie stammte, sagten sich viele: «Sieh an, dieser Adlige hat genau die richtige Art aufzutreten, zu reden und uns zu repräsentieren.»
Wie merkt man heutzutage noch, dass man adelig ist?
von Anhalt: Wo ich auch hinkomme - wer den Namen von Anhalt hört, verbindet damit irgendwelche besonderen Begriffe. Die Musikfreunde zum Beispiel denken an die Kompositionen Bachs, die er am anhaltischen Hof zu Köthen schrieb, andere an die anhaltisch-askanischen Gründer Berlins, an Fürst Leopold, der die preußische Armee aufbaute oder Katharina die Große, die aus Anhalt kam und unter welcher Russland zur Weltmacht wurde. Man merkt immer wieder, wie Herkunft mit hohen Erwartungshaltungen verknüpft wird, die der Namen von Anhalt weckt.
Wie oft sehen Sie eigentlich Ihren Cousin, den Prinz von Wales?
von Anhalt: Prinz Charles und ich sind ja eine Generation. Er ist eigentlich immer da, wenn ich ihn um etwas bitte. Natürlich würde ich ihn niemals überfordern - schließlich ist er ja ein vielbeschäftigter Mann mit unzähligen Interessen und Aufgaben. Ich war auf seinen Geburtstagen eingeladen, aber heute gehe ich da nicht mehr so gern hin, denn mir machen heute so große Veranstaltungen keinen großen Spaß mehr. Mit 70 ist das nicht mehr so interessant. Aber früher bin ich einmal im Jahr auf Einladung des Herzogs von Edinburgh (Prinz Philip, der Ehemann der Queen, Anm. d. Red.) auf Schloss Windsor gewesen. Da kam die königliche Familie und Prinz Charles hin und wieder dazu.
Gibt es in der englischen Königsfamilie spontane Besuche oder sind das immer offizielle Angelegenheiten?
von Anhalt: Spontan ist da nichts. Es gibt nicht einmal einen spontanen Handschlag - ganz zu schweigen von einer Umarmung. Die Gefühlswelt hat sich zwar seit Prinzessin Diana sehr gewandelt und die menschliche Zugänglichkeit ist wesentlich größer geworden - so eine enge Brüderbeziehung wie die von William und Harry hat es wahrscheinlich noch nie unter englischen Prinzen gegeben - aber die Königin ist eben doch noch aus einer Zeit, in der man glaubte, das englische Volk wolle eine distanzierte, abgehobene Königsfamilie. Doch in der Familie von Prinz Charles hat sich durch die Ehe mit seiner großen Liebe Camilla einiges verändert.
Inwiefern?
von Anhalt: Ich wollte vor einiger Zeit mal einen Termin für Prinz Charles im Wörlitzer Park machen. Das hat dann leider nicht geklappt, weil seine Wochenenden auf Veranlassung von Ehefrau Camilla nur noch für die Familie reserviert sind. Das ist total neu, denn die «Firma» - wie sich die englische Königsfamilie selber gern nennt - war bis dato minutiös sieben Tage die Woche lang mit Terminen ausgebucht. Doch aus meiner Sicht kann Camillas Entscheidung dem Zusammenhalt der Royals nur gut tun.
Sie waren für RTL bei der Hochzeit von Kate und William dabei. Wie hat es Ihnen gefallen?
von Anhalt: Ich habe zuvor viele dieser königlichen Events von England über Schweden, Holland, Dänemark etc. anfangs als Gast erlebt, dann als TV-Moderator kommentiert. Die Atmosphäre in London war diesmal wirklich überwältigend und mit nichts vergleichbar. Nirgends habe ich Unruhe gespürt. Als Hunderdtausende von Menschen nach der Trauung zum Buckingham Palast kamen, hätte es auch zu Drängeleien und Aggressionen kommen können. Aber es passierte nichts dergleichen, alle waren total fröhlich und entspannt. Es hat mich persönlich überwältigt, wie stark bereits der Rückhalt ist, den diese dritte Generation der englischen Königsfamilie in der Bevölkerung genießt.
Wie sehr lieben die Briten ihre Monarchie?
von Anhalt: Die Monarchie lebt von der Akzeptanz der Mehrheit des Volkes. Wenn diese unter 50 Prozent sinkt, hat die Monarchie verloren und die Republik hat gesiegt. 83 Prozent der Briten sind zur Zeit mit der Monarchie einverstanden. Die Mehrheit der Briten empfindet die Monarchie vielleicht nicht unbedingt als das Gelbe vom Ei, allerdings wenn sie die Alternativen im demokratischen Europa betrachten, ist ihnen ihr Königshaus letztendlich doch lieber. Die Monarchie konnte politische Extreme, unter den besonders wir, die Deutschen, zu leiden hatten, verhindern. Wir sollten uns also lieber davor hüten, das politische System Englands von oben herab zu belächeln und den Engländern gute Ratschläge erteilen zu wollen.
Man hat eine lockere Hochzeit wie die von Victoria und Daniel von Schweden erwartet. Warum war das englische Brautpaar so zurückhaltend?
von Anhalt: Victoria hat ein ganz anderes Temperament. Man darf nicht vergessen, die schwedischen Könige stammen von Franzosen ab und Victorias Mutter, Königin Sylvia, Halb-Deutsch, Halb-Brasilianerin. Die Beziehung von Kronprinzessin Victoria und Prinzgemahl Daniel war bei der Hochzeit gerade ein paar Jahre alt. Kate und William sind bereits fast zehn Jahre zusammen und haben ein ganz anderes kühleres deutsch-englisches Temperament, da ist man eben nicht so spontan und hält sich mit Küssen in der Öffentlichkeit etwas zurück. Dass sie trotzdem miteinander sehr glücklich sind, hat wohl jeder mitbekommen.
Auf Ihrer Website wird explizit darauf hingewiesen, dass es das deutsche Adoptionsrecht erlaubt, Erwachsene problemlos zu adoptieren und es daher viele Namensträger gibt, die den Namen von Anhalt tragen, aber nicht von der Familie von Anhalt abstammen. Ist das ein Seitenhieb auf Frédéric oder Markus von Anhalt?
von Anhalt: Es ist eine Klarstellung, dass wir für Adoptierte, die nicht von der Familie Anhalt-Askanien abstammen, keine Verantwortung übernehmen. Wir haben einen historischen Namen, der anständig in der Öffentlichkeit vertreten werden muss. Alle Namensträger werden von mir angehalten, sich ordentlich zu benehmen.
Was halten Sie denn von den zahlreichen Adoptivprinzen?
von Anhalt: Ich bin der Chef meines Hause Anhalt-Askanien und von den adoptierten Namensträgern hat sich noch keiner bei mir vorgestellt. Die echten Anhalts können nichts dafür, wenn sich die Adoptierten daneben benehmen. Dieser sogenannte Frédéric, der früher Hans Robert mit Vornamen hieß, ist ein Mensch, der selbst seine Frau an die Medien verkaufen würde, nur um Aufmerksamkeit zu bekommen. Wenn er in den Medien erscheint, handelt es sich meist um dreiste Aufschneiderei und lächerliche Selbstdarstellungen. Er gibt seit 30 Jahren mit seinem Titel Prinz von Anhalt an, behängt sich mit Orden, versucht krampfhaft von der High Society akzeptiert zu werden und ist doch kläglich gescheitert. Er ist der gleiche hohle Aufschneider geblieben, der er bereits als Bürger gewesen ist.
Haben Sie Frédéric von Anhalt oder Markus von Anhalt schon mal getroffen?
von Anhalt: Diesen Hans Robert Lichtenberg, der sich Frédéric von Anhalt nennt, habe ich nur einmal vor Gericht getroffen. Damals verschafften ihm die Richtern ein Urteil, das mir verbietet, mich öffentlich über seine tatsächliche Vergangenheit zu äußern. Angeblich um dem Neu-Prinzen seine rosige neu gekaufte Identität nicht zu vermiesen. Sage ich die Wahrheit über seine bürgerliche Vergangenheit, muss ich 500.000 Euro Strafe zahlen. So konnte ich nicht verhindern, dass der Neu-Prinz meines Namens weiterhin Übles anrichteten konnte
Aber gerade Frédéric von Anhalt brüstet sich gern mit seinem adeligen Titel und mit seiner Familie. Stört Sie das nicht?
von Anhalt: Ende der 1970er Jahre wurde ein Gesetz eingebracht, dass Erwachsenenadoptionen im Gegensatz zu Kinderadoptionen praktisch von heute auf morgen möglich macht. Das hat natürlich Tür und Tor für Titelhändler geöffnet. Diese Händler, die vorher nur mit Doktoren-, Professoren- und Diplomatentitel handelten, konnten nun Dank dieses Adoptionsgesetzes ein neues Millionengeschäft aufziehen. Fast in allen adligen Familien konnten so die «schwarzen Schafe» ihren Familien «unechte» neue Familienmitglieder bescheren. Wir haben versucht, dagegen zu klagen, hatten aber gegen diesen Rechtsstaat keine Chance. Ich habe schon lange aufgehört, mich darüber zu ärgern.
Ab wann gehört man richtig zum Adel dazu? Nach der Hochzeit?
von Anhalt: Durch eine richtige, ehrliche Hochzeit gehört man zum Adel. Angeheiratete Frauen und Männer sind grundsätzlich immer akzeptiert, es sei denn, es handelt sich eindeutig um ein abgekartetes Spiel um den Titel. Momentan heiraten die ganzen europäische Thronfolger bürgerliche Frauen. Deren Kinder sind auf jeden Fall ebenfalls adelig und ihre Thronfolge ist sicher.
Werden Sie bei der Hochzeit in Monaco dabei sein?
von Anhalt: Ich habe einige Angebote von Fernsehanstalten, die Hochzeit von Fürst Albert und Charlene Wittstock im Juli zu moderieren. Ich weiß noch nicht, ob ich es machen werde und überhaupt noch Lust darauf habe, nach dieser wunderbaren Hochzeit aller Hochzeiten von William und Kate.
Kennen Sie Fürst Albert und Charlene Wittstock?
von Anhalt: Fürst Albert ist mir als Erbprinz und Thronfolger öfters über den Weg gelaufen. Ich war früher hin und wieder in Monaco auf Empfängen und Bällen. Und Albert war ja auch öfters in München. Die zukünftige Fürstin Charlene aber kenne ich überhaupt nicht. Sie scheint sehr hübsch, ziemlich cool und körperlich fit. Ihr zukünftiger fürstlicher Ehemann war lange aktiver Bobfahrer und Charlene eine erfolgreiche Schwimmerin. Schon deshalb glaube ich scheinen sie gut zueinander zu passen.
Eduard Prinz von Anhalt (69) ist der Chef des Hauses Anhalt-Askanien. Er ist in Berlin, wo er auch lebt, als Jounalist tätig. Bis zur Wende moderierte er auf RTL das Adlesmagazin Adel verpflichtet. Seit 1980 ist er mit Corinna Prinzessin von Anhalt verheiratet und hat drei Töchter. Sein Cousin ist der britische Thronfolger Prinz Charles.
Eduard von Anhalt ist heute, um 22 Uhr bei der MDR-Talksendung Riverboat zu Gast.
krc/car/cvd/news.de
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