Es könnte alles so schön sein. Zwei Paare, die sich mögen und lieben - in jeder erdenklichen Form und Stellung. Doch die erotische Offenbarung verwandelt sich in einen düsteren Albtraum, in dem sich alle vier letztlich bis aufs Blut bekriegen.
Es scheint das vollkommene erotische Abenteuer: Als Ellen und Hyper das jüngere Pärchen Irina und Oskar kennenlernen, entdecken sie die Lust zu viert. Das Kleeblatt scheint perfekt, alle verlieben sich ineinander und planen sogar eine gemeinsame Zukunft. Doch dann stellt sich heraus, dass jeder der vier etwas zu verbergen hat. Das einzige, was sie verbindet, ist ein Netz aus Intrigen, Gier und Egoismus.
So wird aus Freundschaft Verrat, aus Erotik Berechnung und aus Liebe Hass. Am Ende bleibt vom großen Glück eine Blutlache in einer Garderobe, ein zertrümmertes Gewächshaus und ein Paar, das entscheiden muss, ob es überhaupt noch eines ist.
Vier Menschen, die sich lieben und miteinander in vielschichtiger Beziehung stehen, sind für eine Erotikautorin natürlich eine Traumbesetzung, denn man hat unendlich viele Konstellationen und Kombinationsmöglichkeiten. Andresky macht aber auch etwas aus der Steilvorlage. Ihre Figuren und Szenerien sind hochemotional. Die Spielarten potenzieren sich, die Konflikte auch. Die Figuren spiegeln sich in einander und das schraubt die Intensität immer höher. Dass es am Ende krachen muss, war von Anfang an klar, denn vier Leute, die sich lieb haben und friedlich miteinander alt werden, sind zwar vielleicht nett, aber keine aufregende Geschichte.
Was dabei herauskommt, wenn Sophie Andresky ihre Geschichte erzählt, ist im Prinzip feministische Pornografie. Das muss kein Widerspruch sein. Fuck Your Friends begründet eine eigene Gattung, die man als «romantic porn» bezeichnen könnte. Es ist nicht einfach nur Sex – obwohl der oft und reichlich vorkommt, sondern es geht um die ganz großen Gefühle. Liebe, Freundschaft, Verrat, Angst, Hass und Hoffnung. Wir erleben hautnah mit, was passiert, wenn sich vier Menschen ineinander verlieben, wenn aus zwei Paaren vier Liebende werden, deren Konstellationen ständig wechseln? Kann das überhaupt gutgehen?
Trotzdem geht es Andresky nicht nur um sozialpsychologische Fragestellungen. Sie spart nicht an expliziten Sexszenen, bei denen Verbalerotikerinnen sicherlich auf ihre Kosten kommen. Diese sind aber entgegen dem Porno-Klischee durch eine emotionale, dramatische Handlung verbunden. Die vier Hauptfiguren des Buches sind echte Menschen mit Wünschen, Bedürfnissen, Unzulänglichkeiten und einer eigenen Biographie. Menschen, die sich entwickeln und scheitern oder über sich hinauswachsen. Ihre Liebe zueinander ist kein unverbindliches Swingen, sondern eine Beziehung, die weit darüber hinausgeht. Der Unterschied zum herkömmlichen Liebesroman liegt nur darin, dass bei Andresky eben nicht das Licht ausgeht, wenn die Hüllen fallen – und die fallen oft.
Angenehm und ehrlich ist in solchen Momenten, dass Sophie Andresky sich nicht hinter irgendwelchen Chiffren und platten, stereotypen Anspielungen versteckt. Sie benennt Körperteile und Handlungen, ist offen und hart - und hat Spaß daran, das merkt man. Auch nimmt Andresky Sex nicht bierernst. Wenn etwas absurd oder bizarr ist, dann schwingt auch mal Humor und Selbstironie mit. Das ist überraschend erfrischend und ungekünstelt.
Fuck Your Friends ist ein gelungenes Gegenbeispiel zur Erotiklektüre zum Fremdschämen, von der der Markt sonst überschwemmt ist. Dramatische Handlung, schmutziger Sex, natürliche Sprache - Wenn Frauen Porno wollen, dann wohl eher so.
Titel: Fuck Your Friends
Autorin: Sophie Andresky
Verlag: Heyne
Seitenzahl: 256
Preis:14,99 Euro
Erscheinungstermin: 30. August 2010
brc/car/news.de