Von news.de-Volontärin Annika Einsle - Uhr

Rente in Thailand: All Inclusive bis ans Lebensende

Immer mehr Deutsche kehren der Heimat den Rücken, um ihren Lebensabend in Thailand zu verbringen - inklusive Bungalow mit Pool, Putzfrau, Pflege und Verwöhnprogramm. Doch auch die Rente unter Palmen hat ihre Tücken. Schmarotzer müssen draußen bleiben.

Der Tod von Christl Maegerles Mann kam plötzlich und unerwartet. Ende Oktober 2010 endete ihre 36-jährige Ehe abrupt. Ein Jahr später hatte sie bereits alle Sachen gepackt und war auf dem Weg nach Na Phaeng im Osten Thailands, etwa 400 Kilometer von Bangkok entfernt. «Ich konnte einfach nicht in unserem Haus bleiben, es hat mich alles an ihn erinnert», sagt Maegerle.

Reisen hat die gebürtige Oberhausenerin schon immer geliebt, und die Reisen nach Thailand ganz besonders. Jedes Jahr kam sie nach Phuket, wohnte für sechs Monate in einem Appartement der Touristenhochburg und flog anschließend zurück zu ihrem Mann, mit dem sie seit ihrem 27. Lebensjahr in der Schweiz lebte. Er war nie ein Thailand-Freund. Aber er hat sie immer gehen lassen. Maegerle leidet an Rheuma, das tropische Klima verhalf der 68-Jährigen zur Linderung. Nach dem Tod ihres Mannes ist aus den Halbjahresurlauben für sie eine Kur auf Lebenszeit geworden.

875 Euro All Inclusive

Insgesamt 13 Bungalows stehen in Lanee's Residenz. Hans-Jörg Jäger hat sie nach seiner Frau benannt. Der Schweizer eröffnete seinen Altersruhesitz vor einem Vierteljahr. Da hatte Christl Maegerle ihre Möbel und privaten Sachen bereits in ihrem Bungalow. 875 Euro zahlt sie monatlich für das 64 Quadratmeter große Häuschen - inklusive Vollverpflegung, wöchentliche Reinigung, Bettwäschewechsel und Massage. Hinzu kommt die Krankenversicherung, für die Maegerle etwa 100 Euro monatlich einplanen muss. Im Falle einer Behandlung trägt sie 1500 Euro Selbstbeteiligung. Je älter sie wird, desto höher steigen die Kosten.

«Wer aus Deutschland weggeht, weil das Geld nicht reicht, wird es auch hier schwer haben», sagt Jäger. Zwar seien die Lebenskosten in Thailand durchaus niedriger. Aber Zusatzleistungen, die bedürftige Rentner in Deutschland oder der Schweiz vom Staat bekommen, stehen ihnen in Asien nicht zu. Christl Maegerle hat einen ordentlichen Finanzpuffer. Sie weiß, dass es ihr sehr gut geht im Land des Lächelns, besser als vielen anderen.

Gerade erst musste eine Deutsche im Lanee's ihren Bungalow räumen, erzählt Jäger, weil ihre Rente am Ende doch nicht ausreichte. Sie sei weitergezogen in den Norden des Landes, habe dort ein kleines Häuschen gemietet. Auf den Rundumservice, wie sie ihn im Lanee's genoss, müsse sie nun verzichten und sich wieder selbst versorgen. «Absolut blauäugig» nennt Maegerle es, wenn Menschen mit Sack und Pack auswandern, ohne vorher genau kalkuliert zu haben. Schließlich müsse man auch einplanen, dass es gesundheitlich irgendwann nicht mehr so gut geht und zusätzliche Hilfe nötig ist.

Für den Ernstfall vorgesorgt

Hans-Jörg Jäger hat vorgesorgt. Braucht einer seiner Gäste später einmal eine Rundumversorgung, dann werden sich drei Betreuerinnen 24 Stunden am Tag um ihn kümmern. Etwa 700 Euro würde das zusätzlich im Monat kosten. Momentan geht es seinen Gästen noch gut und die Betreuerinnen arbeiten als Küchenhilfen und pflegen den Garten im Lanee's. Für den Ernstfall wurden sie aber bereits ausgebildet, bei seinem Freund Martin Woodtli im Norden des Landes.

Woodtli betreibt ganz in der Nähe der zweitgrößten thailändischen Stadt Chiang Mai das Demenzzentrum Baan Kamlangchay für deutschsprachige Gäste. Drei Pfleger kümmern sich um einen Gast - das Wort Patient möchte Woodtli nicht benutzen - 24 Stunden am Tag. Sie begleiten ihn überall hin, waschen, füttern und versorgen ihn. In der Nacht nehmen sie Position auf einer Matratze neben dem Bett ihres Schützlings ein. 2800 bis 3000 Euro kostet die Rundumbetreuung im Monat, in Deutschland wäre damit gerade mal der Grundbetrag abgedeckt. Hinzu kämen die zusätzlichen Pflegeleistungen.

Außerdem sind die Pflegeheime hierzulande chronisch unterbesetzt, suchen händeringend nach Personal. In Thailand ist der Beruf des Krankenpflegers hoch angesehen. Die Suche nach Pflegern keine große Hürde - auch wenn sie nicht alle ausgebildet sind. «Der größere Teil unseres Personals sind Quereinsteiger, die aber schon Erfahrungen mit der Pflege alter Leute haben, meist in den eigenen Familien», sagt Woodtli. In Thailand ist es gängige Praxis, seine Familienangehörigen zu Hause zu pflegen. Bei ihm bekommen sie Schulungen und Seminare, um für den Job im Zentrum gerüstet zu sein.

«Typische Pflegeheimatmosphäre herrscht hier nicht»

Etwa 400 bis 600 Euro verdienen die Pflegerinnen bei Woodtli, zusätzlich sind sie in einem Sozialsystem, das ihre Krankenversicherung übernimmt. Für deutsche Verhältnisse nicht viel Geld, für die Thais dagegen ein ganz anständiger Lohn. Zudem setzen sie laut Woodtli andere Prioritäten: «Ihnen ist wichtig, in ein festes und familiäres Arbeitsverhältnis eingebettet zu sein.» Die Pflege Alter werde in ihren Augen als gute Tat angesehen - für ein besseres Dasein im späteren Leben. Über ihren Job wird zudem oft gesagt, dass sie ihn liebevoller und gewissenhafter erledigen, als das in deutschen Pflegeeinrichtungen der Fall ist.

Als Woodtli Baan Kamlangchay im Jahr 2003 eröffnete, hatte er die Befürchtung, dass die Familien ihre Angehörigen in sein Zentrum abschieben könnten. Diese Ängste blieben jedoch unbegründet. «Ich habe ein neues Modell entwickelt und stelle mit Befriedigung fest, dass die Leute, die zu uns kommen, nach neuen Möglichkeiten suchen, weil sie mit den bestehenden Verhältnissen nicht zufrieden sind», sagt er. Viele Familien kommen einmal im Jahr zu einem längeren Besuch. «Typische Pflegeheimatmosphäre herrscht hier nicht, es ist immer Leben drin.»

Sein Demenzzentrum ist voll ausgelastet, elf Pflegeplätze sind derzeit belegt, der zwölfte und letzte Platz bereits reserviert. Die Nachfrage nach Seniorenresidenzen in Thailand ist riesig - vom Luxusheim bis zur familiären Pflegeeinrichtung ist alles dabei, es kann gekauft, gemietet und ein Wohnrecht auf Lebenszeit erworben werden. Der Markt wächst stetig und wird es auch weiterhin tun. Laut Statischem Bundesamt wanderten im Jahr 2010 insgesamt 253 Deutsche im Rentenalter nach Thailand aus. Es gehört damit zu den beliebtesten Auswandererzielen außerhalb der EU.

Vor allem die Schweizer sind es aber, die die Altersruhesitze bauen und leiten. Warum das so ist? «Sie haben mehr Geld und mehr Mut», sagt Hans-Jörg Jäger und lacht. Sein Geschäft läuft gerade erst an. Neun Bungalows stehen noch zur Vermietung frei. «Aber im Herbst wird es voll.» Gerade erst war ein deutsches Ehepaar zu Besuch. Einen Monat haben sich die beiden Lanee's kleines Rentnerparadies angeschaut. Im Herbst wollen sie zurückkommen - mit all ihren Sachen, vielleicht für immer. So wie Christl Maegerle.

jag/phs/news.de

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